Höchststand an Gefährdungseinschätzungen zum Kindeswohl in Thüringen im Jahr 2023
In 80,5 Prozent der Fälle ging die Kindeswohlgefährdung von den eigenen Eltern aus.
Im Jahr 2023 wurden von den Thüringer Jugendämtern 4 757 Verfahren zur Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung durchgeführt. Wie das Thüringer Landesamt für Statistik mitteilt, war das im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 803 Gefährdungseinschätzungen bzw. 20,3 Prozent und damit ein neuer Höchststand seit Beginn der Erhebung im Jahr 2012.
Als Ergebnis der Gefährdungseinschätzungen wurden durch die Fachkräfte bei 34,2 Prozent (1 629 Verfahren) eine Kindeswohlgefährdung festgestellt. Davon waren 824 akute, eindeutige und 805 latente2) Kindeswohlgefährdungen. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das einen Anstieg um 21,0 Prozent (283 Verfahren). Bei 3 128 Verfahren (65,8 Prozent) kamen die Expertinnen und Experten zu dem Ergebnis, dass keine Kindeswohlgefährdung vorlag. Jedoch bestand bei 60,9 Prozent dieser Fälle (1 905 Verfahren) Hilfe- bzw. Unterstützungsbedarf, was einem Anstieg um 12,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Als häufigste Art der Kindeswohlgefährdung wurden in 1 200 Fällen Anzeichen für Vernachlässigung festgestellt (73,7 Prozent), bei 28,7 Prozent (468 Verfahren) gab es Hinweise auf psychische Misshandlungen. In 23,7 Prozent der Fälle (386 Verfahren) wurden Indizien für körperliche Misshandlungen und in 4,0 Prozent (65 Verfahren) Hinweise für sexuelle Gewalt gefunden. Den Jugendämtern zufolge hatten bei 25,0 Prozent der festgestellten Kindeswohlgefährdungen (408 Verfahren) die Kinder und Jugendlichen mehrere dieser Gefährdungsarten gleichzeitig erlebt.
Die meisten von einer Kindeswohlgefährdung betroffenen Minderjährigen wuchsen bei einem alleinerziehenden Elternteil (759 Kinder bzw. 46,6 Prozent) oder bei zusammenwohnenden Eltern (495 Kinder bzw. 30,4 Prozent) auf. 4,8 Prozent der Betroffenen (79 Kinder) lebten in einer Einrichtung mit oder ohne Eltern/-teil. In knapp jedem 5. Fall (19,8 Prozent bzw. 323 Verfahren) waren ein oder beide Elternteil/e ausländischer Herkunft (nicht in Deutschland geboren). Bei 808 Fällen (49,6 Prozent) nahmen die Betroffenen zum Zeitpunkt der Gefährdungseinschätzung bereits eine Verbreitung der Pressemitteilung mit Quellenangabe erwünscht.
Herausgeber:
Thüringer Landesamt für Statistik
Grundsatzfragen und Presse
Kontakt:
Telefon 03 61 57 331-91 10 / -91 13
Telefax 03 61 57 331-96 98
presse@statistik.thueringen.de
www.statistik.thueringen.de
Postanschrift:
Thüringer Landesamt für Statistik
Postfach 90 01 63
99104 Erfurt
Leistung der Kinder- und Jugendhilfe in Anspruch, standen also schon in Kontakt zum Hilfesystem. In etwa jedem 4. Fall (28,7 Prozent bzw. 467 Verfahren) war innerhalb des Jahres 2023 zuvor bereits eine Meldung zu dem Kind beim Jugendamt eingegangen. Für das Jahr 2023 wurde auch erstmals erhoben, von wem die Gefährdung des Kindes hauptsächlich ausging. In 80,5 Prozent aller Fälle war das die eigeneMutter oder der eigene Vater (1 311 Verfahren).
In weiteren 4,5 Prozent (74 Verfahren) war es ein Stiefelternteil oder die neue Partnerin oder der neue Partner eines Elternteils. Rund ein Viertel der Hinweise für eine Kindeswohlgefährdung erhielten die Jugendämter von der Polizei, dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft (25,3 Prozent bzw. 1 203 Verfahren), in 701 Fällen von anonymen Meldern (14,7 Prozent) und in 444 Fällen (9,3 Prozent) gab der Soziale Dienst den Hinweis. Am zuverlässigsten waren die Hinweise der Betroffenen selbst: Bei den Selbstmeldungen von Kindern und Jugendlichen wurde bei 69,7 Prozent der Einschätzungen eine Kindeswohlgefährdung bestätigt, im Durchschnitt lag die Bestätigungsquote bei 34,2 Prozent.
Bitte beachten:
Es können mehrere Arten der Kindeswohlgefährdung zugleich vorliegen, sodass die Summe der Art
der Kindeswohlgefährdungen höher ist, als die Summe der Gefährdungseinschätzungen insgesamt.