Mutmachen zum Mitmachen: Dorfgemeinschaft bleibt Kulturhaus

Mit einem Regionalstammtisch für umliegende Gemeinden hat die „Kulturhaus Neukirchen eG“ am Freitag (14. März) ihr Wissen zur erfolgreichen Reaktivierung des Neukirchener Kulturhauses weitergegeben. Der im Jahr 1976 eröffnete Bau mit großem Saal ist für die Neukirchnerinnen und Neukirchner ein bedeutender Erinnerungsort: Sie haben das Kulturhaus zu DDR-Zeiten selbst aufgebaut. Die Männer des Dorfes hatten sich einst verpflichtet, jeweils 100 Stunden kostenlose Arbeit für das Projekt zu leisten.

Die Resonanz zum Regionalstammtisch ist groß gewesen: Viele Vertreterinnen und Vertreter aus den Eisenacher Ortsteilen und Dörfern der Wartburgregion sind gekommen, unter anderem aus Stockhausen, Berteroda, Stregda, Madelungen, Eckardtshausen, Ebenshausen, Gerstungen, Steinbach und Breitungen.

Wo andernorts DDR-Kulturhäuser zusehends verkommen, regt sich in Neukirchen pures Leben. Eine junge Initiative gründete zunächst eine Interessengemeinschaft. Schließlich gaben 19 Neukirchner – darunter Unternehmer, Handwerker, Gewerbetreibende und Privatpersonen – den Startschuss für eine eingetragene Genossenschaft (eG).

„Das ist ein Glücksfall für Neukirchen, Eisenach und die Region“, blickt Ortsteilbürgermeister Eckhard Pecher auf die etwa dreijährigen Bemühungen zurück. Inzwischen gibt es regelmäßig Stammtische, generationsübergreifende Angebote, Konzerte, Lesungen und private Feiern im Kulturhaus. Im Saal ist Platz für bis zu 400 Menschen. Die Resonanz einzelner Veranstaltungen reicht weit über das Dorf hinaus.

Mit Eigeninitiative und Schaffenskraft

Mit der Reaktivierung knüpft der Ort an den großen Zusammenhalt in der Bauzeit des Kulturhauses an: Plötzlich tritt zu Tage, was der Nachbar eigentlich kann. In Eigenleistung stemmte die Dorfgemeinschaft die Renovierung der alten Kneipe, strich den Saal, baute Möbel und entwickelte eine Website mit Ticketshop.

Die Stadt Eisenach unterstützt bei baulichen Fragen und schöpft mögliche Fördertöpfe aus. So wurde im Januar der Antrag auf LEADER-Förderung durch die Europäische Union für die Sanierung der Saaldecke bewilligt. Gespräche über die Finanzierung der anstehenden Dachsanierung sowie einer künftigen Nutzung für Solarenergie laufen derzeit.

Der letzte Pächter hatte das Gebäude während der Corona-Pandemie aufgegeben. Hätte sich die Genossenschaft nicht gegründet, müsste die Stadt Eisenach für das leerstehende Objekt sorgen – mit jährlich anfallenden Kosten, von denen die Dorfgemeinschaft nichts hat. Inzwischen ist die Stadt selbst Mitglied der Genossenschaft. Am 27. August 2024 beschloss der Eisenacher Stadtrat den Beitritt einstimmig.

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„Wir freuen uns, dass sich die Stadt Eisenach an unserer Genossenschaft beteiligt. Das ist ein klares Bekenntnis zum Kulturhaus Neukirchen und trägt zur Zukunft unseres bürgerschaftlich organisierten Vorhabens bei. Wie wichtig dieses Engagement ist, zeigt auch das große Interesse am Regionalstammtisch. Anfangs war das Projekt Grüner Baum Steinbach eG unser Vorbild, inzwischen geben wir unser Wissen an ähnliche Initiativen weiter“, sagt Samuel Schürmann, Vorstandsvorsitzender der Kulturhaus Neukirchen eG.

Für Oberbürgermeister Christoph Ihling ist die Neukirchner Genossenschaft vorbildhaft: „Die Gründung der Genossenschaft des Kulturhauses Neukirchen ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, was durch bürgerliches Engagement erreicht werden kann. Die Menschen in Neukirchen haben gezeigt, wie wertvoll ihre Initiative für das Gemeinwohl ist. Ihr Einsatz für den Erhalt des Kulturhauses als kulturellen Mittelpunkt unserer Region ist bemerkenswert. Nun ist es unser Anliegen, dass auch andere dörfliche Initiativen davon profitieren und sich überregional vernetzen.“

Regionalstammtisch soll fortgesetzt werden

Zum Regionalstammtisch hat Dr. Bertram Triebel, Historiker und Aufsichtsratsvorsitzender der Kulturhaus Neukirchen eG, einen Vortrag zur Geschichte der Kulturhäuser in der DDR und speziell zu dem Gebäude im Eisenacher Ortsteil gehalten. Vertreter der Genossenschaften aus Neukirchen und Steinbach stellten ihr Modell vor.

Landrat Dr. Michael Brodführer, der als Gast begrüßt werden konnten, lobte Neukirchen und Steinbach als Paradebeispiele dafür, wie Bürgerinnen und Bürger dazu beitragen, dass ihr Dorf lebenswert bleibt. Es sei wichtiger denn je, selbst etwas für seinen Heimatort auf die Beine zu stellen. „Wir werden alle, die sich auf den Weg machen, unterstützen und begleiten und sie auch nicht hängenlassen, wenn mal etwas schief geht“, sagte der Landrat die Unterstützung der Kommunalpolitik zu. Er kündigte außerdem an, eine Beratungsstelle ins Leben zu rufen, die beispielsweise dabei hilft, Geldgeber zu finden.

Das Format des Regionalstammtischs soll fortgesetzt werden, damit sich Communities, Vereine, Initiativen austauschen und miteinander vernetzen.

Das Kulturhaus Neukirchen in Zahlen

155 Mitglieder zählt die Dorfgemeinschaft, die sich für das Kulturhaus Neukirchen engagiert.
19 Gründungsmitglieder gaben den Startschuss für die Initiative.
35 öffentlicheVeranstaltungen bietet das Kulturhaus Neukirchen allein in diesem Jahr an (Stand März).
23.000 Euro investierte die Genossenschaft u.a. in Fenster, Farben, Tresenausbau, Türen, Betonstufen.
3000 Euro spendete der Förderverein Kulturhaus Neukirchen e.V. für den Bufettschrank im Saal.
5000 Euro nahm die Stadt Eisenach in die Hand, um Genossenschaftsanteile zu kaufen.

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