Republik Arabia im Johannistal – Einblicke in das koloniale Eisenach

so lautete das Thema der jüngsten Veranstaltung des Eisenacher Geschichtsvereins. Referentin war die Ethnologin, Frau Dr. Stückrad, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Volkskunde und Kulturgeschichte in Jena. Ausgehend von der Kolonial- und Völkerschau 1927 im Johannistal wurde Eisenach aus der kolonialen Perspektive heraus betrachte. Im Zuge ihrer Recherchen zu diesem Spektakel offenbarte sich Eisenach als Bühne zahlreicher kolonialer Aktivitäten. Viele Veranstaltungen hatte der Herzog von Sachsen-Weimar-Eisenach auf sein Vorzeigeobjekt, die Wartburg, verlegt. So fanden auch die Kolonialausstellungen 1901 und 1925 nicht in der eher klassisch geprägten Residenzstadt Weimar statt, sondern in der Nebenresidenz Eisenach.

Diese Seite der Stadtgeschichte erzählt auch von der globalen Verflechtung lokaler Akteure. Der gelernte Kaufmann Max Bohl aus Eisenach präsentierte als Besitzer des Ausflugslokals «Waldschänke» im Mai 1927 eine «Kolonial- und Völkerschau». In den wirtschaftlich schlechten Zeiten der 20er Jahre hatten die Wirtshausbesitzer Mühe, die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich zu lenken. Aber diese Völkerschau sollte nicht einfach nur als Attraktion einem kommerziellen Zweck dienen. Max Bohl hatte viele Jahre bis zum 1. Weltkrieg im heutigen Tansania gelebt. Diese Schau war für ihn eine Möglichkeit, sich den Eisenachern als weltgewandt im Umgang mit Fremden darzustellen. Sein Traum, wieder nach Afrika zurück zu kehren, ließ sich nicht verwirklichen. «Wenn ich nicht mehr nach Afrika kann, dann kommen eben die Afrikaner zu mir», soll er gesagt haben.

Ein Artikel in der Eisenacher Zeitung vom 14. Mai 1927 berichtet von den Mühen, unter denen man die afrikanischen Stämme aus Afrika nach Eisenach gebracht hätte. Hinter einem hohen Bretterzaun sollte die Illusion einer wahrheitsgetreu nachgebauten fremden Welt entstehen. Kein Artikel in den damaligen Zeitungen war offen feindselig oder rassistisch. Aber auch in Eisenach griff man gern auf stereotype Menschenbilder von Orientalen und Afrikanern im Baströckchen zurück, um die Erwartungshaltung der Besucher zu erfüllen, die geprägt war durch frühere Völkerschauen, Bilder und Abenteuerromane. In keinem Fall hatte jedoch ein Berichterstatter mit Schaumitgliedern selber gesprochen und sie nach ihren Biographien und ihrem Eindruck über Eisenach gefragt.

Durch diese Vielzahl von Veranstaltungen zu kolonialen Themen kamen 1930 Pläne zum Bau eines Reichskolonialehrenmals in der Ludwigsklamm, gegenüber der Wartburg, zustande. Die Eisenacher hatten dafür sehr schnell den Spitznamen «Klobürste» bereit. Über dieses Denkmal wurde sehr viel diskutiert und die Pläne schließlich aufgegeben.

Die Nachforschungen zu diesem bisher noch nicht ausführlicher beleuchteten Thema sind noch längst nicht abgeschlossen. Zeitdokumente oder weiterführende Hinweise werden gern entgegengenommen.

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