So sollte Kultur nicht funktionieren

Bereits zum 117. Mal feiern die Eisenacher ihren Sommergewinn. «Deutschlands größtes Frühlingsfest» heißt es auf allen Kanälen. Die Tourismusindustrie Eisenachs boomt an jenem Wochenende, da der Sommergewinnsumzug stattfindet und in der ganzen Wartburgstadt ist kaum ein freies Hotelzimmer zu bekommen. Frau Sunna und Herr Winter sind weit über alle Landesgrenzen hinweg bekannt und selbst im Kindergarten singen die lieben Kleinen «Sommergewinn, Sommergewinn – da gehen alle Kinder hin».

Doch kann man sich nicht sicher sein, ob wirklich jeder in der Stadt diese Begeisterung für das Frühlingsfest teilt und sich auch nicht der zahlreichen Möglichkeiten bewusst, die dieses Fest mit sich bringt.
Deutlich zu spüren war dies am heutigen Tag auch bei der Eröffnung der neuen Ausstellung im Marstall des Eisenacher Stadtschlosses.
An und für sich eine tolle Möglichkeit auf die Geschichte des Sommergewinns, also die Eisenacher Traditionen zu verweisen. Allerdings auch nur, wenn sie gut umgesetzt ist.

Doch diese Ausstellung ist seitens der verantwortlichen Ämter nicht gut umgesetzt.
Ein gänzlich leerer Marstall ist vorzufinden, von Mitgliedern der Sommergewinnszunft noch kurzfristig und notdürftig mit Krepppapierblüten ausgeschmückt, ist es wohl eher eine weite, leere Tanzfläche, die sich bietet als eine Expostion. 30 Bilder hängen an den Wänden, doch von mehr vom Sommergewinn ist kaum etwas zu sehen – kein Teil eines Wagens, keine Kulisse – nur ein paar Blüten sind da.

Es ist kein Glanzstück, welches sich das Kulturamt der Stadt da geleistet hat. Viel eher scheint man diese Ausstellung als einen «Lückenbüßer» zu betrachten, denn auch das große Publikum blieb wohl aufgrund mangelnder Werbung zur heutigen Eröffnung aus. Vermutlich kein Problem für die Verantwortlichen, denn auch Stühle hatte man nicht gestellt und vom obligatorischen Sektempfang anlässlich der Vernissage war man komplett abgerückt.

Da sind auch die tröstenden Worte von Eisenachs Oberbürgermeisterin, Katja Wolf (Linke), nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Regelmäßig betont diese ihren Stolz auf das Frühlingsfest in der Wartburgstadt. Dass man aber nun eine Ausstellung, welche sich ja direkt mit einer solchen Tradition beschäftigt derartig in den Hintergrund des kommunalen Interesses zu rücken scheint, das scheint da widersprüchlich.

Leid tut einem dabei vor allem die Sommergewinnszunft, die in jedem Jahr tausende Stunden ehrenamtlicher – und damit unentgeltlicher – Arbeit in die Vorbereitung und Durchführung des Frühlingsfestes steckt und auch deren Arbeit die Stadt mit einer tollen und würdevollen Ausstellung hätte durchaus wertschätzen können.

Nun sind es aber 30 Photographien, mit denen man versucht Gäste in das Museum zu locken. Vermutlich erfolglos, denn empfehlenswert ist diese Ausstellung leider nicht und eigentlich eher eine Peinlichkeit. Denn so sollte Kultur nicht funktionieren.

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