Thüringen: Doch kein Ende der Straßenausbaubeiträge?

Ministerpräsident Ramelow relativiert Zusagen zu Gesetzgebungsvorhaben. VDGN fordert klare Ansage

Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow (Linke) tritt bei der geplanten Abschaffung der Anliegerbeiträge für den Straßenbau auf die Bremse, hieß es am Donnerstag (8. November 2018) in einem Beitrag der Zeitung „Freies Wort“.

Das Blatt zitierte einen amtlichen Brief Ramelows an die Bürgerallianz Thüringen, der auch an den Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) adressiert ist, zum Zeitpunkt der Zeitungsveröffentlichung die Empfänger aber noch nicht erreicht hatte. In dem Brief beklage der Ministerpräsident, daß es in der Diskussion nicht mehr um mutmaßlich ungerechte Erhebungsverfahren bei diesen Abgaben gehe, sondern daß ausschließlich die Abschaffung als Königsweg gesehen werde. Ein „vorschnelles Vorpreschen“ dabei habe jedoch fatale Folgen für die öffentliche Hand und damit für die Steuerzahler. Ramelow, so schreibt die Zeitung, bringe den Gedanken in Umlauf, die Kosten für den Straßenausbau auf die Grundsteuer umzulegen.

Dazu erklärt der 1. Vizepräsident des VDGN, Peter Ohm: „Wir fragen uns, was diese öffentliche Intervention soll. Sollen die Betroffenen hinter die Fichte geführt werden? Noch am Mittwochnachmittag (7. November 2018) nahm Ramelows Staatskanzleichef Benjamin Hoff (Linke) in Stellvertretung des Ministerpräsidenten Tausende Rote Karten von Bürgern Thüringens gegen die Straßenausbaubeiträge entgegen. Dabei sagte Hoff den Vertretern von Bürgerallianz, VDGN und zahlreichen Bürgerinitiativen zu, daß die Erfurter Regierungskoalition bis März 2019 den Entwurf eines Gesetzes vorlegen wird, mit dem die Straßenausbaubeiträge rückwirkend zum 1. Januar 2019 abgeschafft werden. Zu dieser Zeit dürfte Ramelows relativierender Brief, der das Datum 6. November 2018 trägt, mindestens auf dem Weg in die Redaktion gewesen sein. Was gilt nun? Die Betroffenen erwarten eine klare Ansage.

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Bodo Ramelows Hinweise auf „Haushaltsrisiken“ oder gar darauf, daß ohne Straßenausbaubeiträge Gelder für Kinderbetreuung, Schulen, Universitäten fehlen könnten, halten wir für ziemlich billig. Allein 2017 hat der Thüringer Landesrechnungshof der Landesregierung zweifelhafte, das heißt überflüssige Ausgaben in Höhe von 60 Millionen attestiert. Bevor man Menschen, die ihre Grundstücke selbst bewohnen und die im Regelfall nicht zu den Besserverdienenden oder gar Reichen im Lande gehören, tief in die Geldbörsen greift, sollten sich die Verantwortlichen in der Landesregierung an die eigenen Nasen fassen. Sie werden im übrigen auch aus den Steuergeldern der Betroffenen von Straßenausbaubeiträgen bezahlt. Und das nicht schlecht.

Wenn das Land den Kommunen das Geld für den Straßenausbau erstattet, investiert die Allgemeinheit immerhin in Infrastruktur, die der Allgemeinheit nützt und nicht exklusiv den einzelnen Grundstückseigentümern. Es widerspricht ganz einfach der Realität, daß ein Grundstück durch den Ausbau einer vorhandenen Straße einen Wertzuwachs erfährt – anders als bei einer Ersterschließung, die ein Grundstück erst bebauungsfähig macht. Aber um Erschließungsbeiträge geht es hier nicht, sondern um Straßenausbaubeiträge.

Rätselhaft bleibt Bodo Ramelows Hinweis auf eine höhere Grundsteuer als Möglichkeit der Refinanzierung des Straßenausbaus. Wenn eine Steuer erhoben wird, ist es rechtlich nicht möglich, diese Einnahmen einem bestimmten Verwendungszweck zuzuordnen. Das heißt die Einnahmen fließen in den allgemeinen Haushalt. Eine Erhöhung der Grundsteuer ließe sich also auch nicht mit Bedürfnissen der Finanzierung des Straßenausbaus begründen.
Was die Grundsteuer angeht, stünde es Bodo Ramelow gut an, sich der drohenden Gefahr entgegenzustemmen, daß die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Grundsteuerreform den Grundstückseigentümern im Osten zusätzliche Belastungen bringt, indem sie einen höheren Anteil am Gesamtsteueraufkommen als bisher leisten.

Mit welchem Ergebnis müssen die Betroffenen in Thüringen rechnen? Kein Ende des Erhebens von Straßenausbaubeiträgen und gleichzeitig eine höhere Grundsteuer? Das wäre ein Spiel mit dem Feuer.“

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