Überzeugung oder Resignation

Am vergangenen Donnerstag lud die Eisenacher Stadtverwaltung zu einer weiteren Einwohnerversammlung zum Thema „Tor zur Stadt“ ein, auf welcher ein nun überarbeiteter Bebauungsplan vorgestellt wurde. Hierüber berichtete die TLZ unter dem Titel „Defensive scheint verflogen“ am 19. März d. J. Gut, dass der Autor, Herr Meißner, hier den Konjunktiv gewählt hat, denn nach unserer Wahrnehmung entspringt die damit beschriebene Stimmung nicht der Überzeugung, nun eine akzeptable Lösung gefunden zu haben, sondern ist vielmehr Ausdruck der Resignation. Um es kurz zu sagen: Nach unserer Einschätzung stellen die jetzt vorgestellten Planungen, die ja weitgehend nur bedingt verbindlich sind, lediglich das vielleicht am wenigsten Schlechte unter all den bisher diskutierten völlig unakzeptablen Lösungen der Firmen Becker und Procom dar. Das nun ins Auge gefasste über 180 m lange fabrikhallenähnliche Konstrukt mit überwiegender Parkhausnutzung ist bestenfalls unterstes Mittelmaß und weit entfernt von dem, was der Bedeutung des Areals zwischen einem der schönsten Bahnhofsbauten Deutschlands und der romanischen Nikolaikirche zusammen mit einem der ältesten noch vollstädig erhaltenen Stadttore auch nur annähernd Rechnung trüge. Es ist vor allem dem unermüdlichen ehrenamtlichen Engagement des Architekten von Trott zu Solz zu verdanken, dass wenigsten noch eine solche Lösung zustande kam. Seine buchstäblichen Bauchschmerzen, die er damit trotzdem hat, schienen bei seinen Darlegungen während der Einwohnerversammlung förmlich im Raum zu stehen. Erstaunlich dem gegenüber, mit welcher durchaus nicht zu leugnender Eloquenz Vertreter der Eisenacher Stadtverwaltung dieses aktuelle Projekt der Öffentlichkeit wieder einmal als das „non plus ultra“ städtebaulicher Kultur schmackhaft machen wollen bzw. wollten. Die Frage drängt sich daher auf, wessen Wohl die Eisenacher Stadtverwaltung im Auge hat: Das der Stadt oder das der Investoren? Warum lässt man zu, dass die Bürger um den Preis einer zwar dringend benötigten, aber inzwischen immer wieder abgerüsteten Stadthalle diese Kröte in Form eines monströsen Park- und Einkaufstempels schlucken sollen und dazu in Zukunft auch noch von den Anhöhen um Eisenach auf ein primitives und häßliches offenes Parkdeck blicken müssen? Von „Aufbruchstimmung pur“, wie die Oberbürgermeisterin meint, kann daher keine Rede sein.

Susanne Stückrad
Prof. Dr. Jürgen Stückrad

Anzeige