Unterkunftsnotstand im Wartburgkreis

Als Landrat des Wartburgkreises, der mit 5,9 % die zweithöchste Verteilungsquote im Freistaat zu bewältigen hat, sehe ich mich aktuell veranlasst, mitzuteilen, dass die Grenzen der Aufnahmefähigkeit des Landkreises überschritten sind. Der Wartburgkreis sieht sich außerstande, alle für September angekündigten Flüchtlinge angemessen in seinem Zuständigkeitsbereich unterzubringen

dies teilte Landrat Reinhard Krebs am 21.8.2015 im Rahmen einer Pressekonferenz mit.

Ab September soll der Wartburgkreis laut heute korrigiertem Verteilschlüssel rund 200 neue Asylbewerber monatlich unterbringen. Die Gemeinschaftsunterkünfte des Landkreises in Gerstungen und Wenigenlupnitz sind überfüllt. Weit über die Hälfte der Asylbewerber sind in Einzelunterkünften untergebracht, die ausgelastet sind. Im Eigentum des Landkreises oder der kreiszugehörigen Städte und Gemeinden befindliche Gebäude oder Wohnungen stehen nicht mehr oder kurzfristig nicht zur Verfügung. Aufrufe an private Vermieter führen ebenso nicht kurzfristig und auch nicht im benötigten Umfang zum Erfolg. Das Vorhaben, eine größere Anzahl von Containern auf einer erschlossenen Gewerbefläche der LEG aufzubauen, scheiterte an der Freigabe der Fläche durch das Wirtschaftsministerium wegen bestehender EU-Förderauflagen. Der Versuch, Zelte als vorübergehende Unterbringungsmöglichkeit von der Bundeswehr zu beschaffen, ist fehlgeschlagen. Darüber hinaus hat Landrat Reinhard Krebs nochmals per Rundschreiben an die Unterstützung und Solidarität aller Städte und Gemeinden appelliert und um Unterbringungsvorschläge gebeten. „Aber auch dies wird kurzfristig nicht zu einer Entspannung hinsichtlich der bevorstehenden Aufnahmenotwendigkeiten führen“, schätzt Reinhard Krebs ein. In der Konsequenz bedeutet dies, dass der Landkreis Flüchtlinge, die ab September zugewiesen werden, nur soweit aufnehmen kann, als Kapazitäten zur Verfügung stehen. Landrat Reinhard Krebs verhehlte darüber hinaus auch nicht seine Enttäuschung darüber, dass, dass die insbesondere auch von ihm persönlich gemachten Vorschläge, z. B. die Etablierung eines Krisenstabes unter Beteiligung der Landkreise in der Regie des Ministeriums, keine Akzeptanz bei der Landesregierung gefunden haben. „Auch ist faktisch unbestreitbar, dass die Haltung der Landesregierung, Flüchtlinge, deren Asylantrag abgelehnt worden ist, nicht in die Herkunftsländer zurückzuschicken, mit ursächlich für die gegenwärtige Situation ist“, so Krebs weiter. Im Wartburgkreis leben aktuell rund 640 Asylbewerber. Davon sind rund 40 Prozent (258) ausreisepflichtige Personen, deren Asylantrag abgelehnt wurde bzw. die bereits ausgewiesen waren und nun einen Folgeantrag gestellt haben. „Ich habe den Eindruck, dass man in Erfurt unsere Lage vor Ort überhaupt nicht zur Kenntnis nimmt. Wir haben beispielsweise auch schon vor Monaten gebeten, dass der Betreuungsschlüssel von einem Sozialarbeiter auf 150 Flüchtlinge dringend verbessert werden muss. Vor 2016 wird sich da nichts bewegen. Es sollte zudem bedacht werden, dass die aktuelle Situation auch dazu beiträgt, die Aufnahmebereitschaft in der Bevölkerung zu senken und Wasser auf die Mühlen derjenigen zu geben, denen „die ganze Linie nicht passt“. Landrat Reinhard Krebs betonte, dass er Zuwanderung als eine wichtige Chance für den Wartburgkreis sieht.

Wir verlieren jedes Jahr 1500 Menschen durch Abwanderung. Und ich freue mich über jeden jungen Zuwanderer, der hier eine Ausbildung beginnt, und ich möchte jedem Flüchtling die Möglichkeit bieten, im Wartburgkreis heimisch zu werden. Dafür aber müssen die Rahmenbedingungen stimmen und das ist aktuell absolut nicht der Fall.

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Zahlen zum Thema Asyl Wartburgkreis
Stand 21. August 2015

Aktuell im Wartburgkreis: 634 Asylbewerber
Im Asylverfahren: 376 Personen
Ausreisepflichtige Personen: 258 = rund 40 %
2015 abgeschoben worden: 5 Personen
Freiwillige Ausreisen: 81 in diesem Jahr
96 Akten liegen derzeit bei der Zentralen Abschiebestelle in Weimar zur organisatorischen Vorbereitung (manche davon seit Frühjahr 2014)

Herkunftsländer:
Serbien: 184
Albanien: 86
Kosovo: 84
Mazedonien: 65
Eritrea 42
Syrien 37
Sowie weitere 12 Länder

30 anerkannte Flüchtlinge leben derzeit im Wartburgkreis. Davon 21 Syrer. Viele ziehen leider nach Anerkennung weg.

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