Bürgerinitiative «Pro Musiktheater»

In der Wartburgstadt Eisenach hat sich eine Bürgerinitiative http://www.pro-musiktheater.de(«Pro Musiktheater») gegründet. Zur jetzigen Situation schreibt Christoph Fichtner für die Initiative:

Seit geraumer Zeit bemüht sich Eisenach um die Definition eines Leitbildes. Bach-Luther-Wartburg stehen dabei für die kulturellen Werte unserer Stadt, die nicht nur identitätsstiftend sind, sondern die Entwicklung von Stadt und Region nachhaltig beeinflussen. Aus Tradition heraus kann Zukunft allein jedoch nicht begründet werden, sie muss täglich gestaltet und «erworben» werden. Das Goethezitat: «Was du ererbt von deinen Vätern (hast), erwirb es, um es zu besitzen!», sollte in Eisenach Maxime sein!
Bach-Luther-Wartburg sind Begriffe, die für deutsche und europäische Hochkultur stehen. Sollen sie nicht zu inhaltslosen Worthülsen verkommen, so muss auch heute Kultur lebendig bleiben und fest in ihrem Umfeld verankert sein.
Aber wie agiert Thüringer und Eisenacher Kulturpolitik heute? Ohne Bedenken werden die Träger dieser für Deutschland und Europa einmaligen Tradition wie lästiger Ballast über Bord geworfen, tritt undurchsichtiges und verantwortungsloses Zahlenjonglieren an die Stelle von besonnenem und zukunftsorientiertem Handeln und Planen. So wird das Eisenacher Musiktheater, also das Orchester und Sängerensemble, bedenkenlos zur Disposition gestellt.
Wer so das Eisenacher Theater zerschlägt, beendet nicht nur die Musiktradition unserer Stadt, sondern verurteilt Eisenach zur völligen Bedeutungslosigkeit. Die angestrebte Fusion mit Meiningen ist völlig gescheitert, analysiert man die seit zweitem März vorliegenden Ergebnisse der mit der Theaterstrukturreform befassten Arbeitsgruppe des Landes. Es ist zudem inzwischen offensichtlich, dass Meiningen an einer Fusion gar nicht interessiert ist.
Ausdruck dafür ist der Beschluss des Kreistages von Meiningen-Schmalkalden, einem Beitritt Eisenachs zur Kulturstiftung nicht zuzustimmen.
Wie es jetzt aussieht, verliert Meiningen nichts, Eisenach erhält einige Brosamen und wird in absehbarer Zukunft kein eigenes Theater mehr haben. Das kann nicht im Interesse unserer Stadt sein! Es muss neu mit der Landesregierung von verhandelt werden und von Eisenacher Seite gehören dabei Fachleute mit an den Verhandlungstisch!

Da es in Eisenach keinen Schulterschluss zwischen Verwaltung, Mandatsträgern, Bürgern und Künstlern gab, der in anderen Thüringer Städten eine mächtige Protestwelle hervorrief, hat sich jetzt in Eisenach eine Bürgerinitiative «Eisenacher für ihr Musiktheater» gegründet.

Das Ziel der Initiative ist es, die Eisenacher Bürger für den Erhalt eines lebensfähigen Theaters in ihrer Stadt zu mobilisieren. Wir rufen die Bürger Eisenachs und seiner Umgebung, Firmen, Verbände und Vereine und alle, die sich gegen den kulturellen Kahlschlag wehren wollen, auf, sich der Initiative anzuschließen.

Zeittafel – Theater im Untergang

Oktober 1992
Kreistagsbeschluss zur Auflösung des Schauspielensembles

Juli 1993
Letzte Vorstellung des Eisenacher Schauspielensembles mit der „Drei Groschen Oper“. Wegen der Abwicklung des Schauspielensembles legte Intendant Fabritius sei Amt nieder.

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Juli 2002
Einseitige Aufkündigung der seit 1995 erfolgreichen Fusion mit Rudolstadt-Saalfeld durch die Rechtsträger in Eisenach (Stadtratsbeschluss vom 15.11.02). Intendant Steurich wird zum 21.12.02 von seiner Funktion abberufen.

Juni 2003
Letzte Vorstellung des Rudolstädter Schauspiels in Eisenach.
Wechsel in der Geschäftsführung mit dem Hauptziel der Abwicklung des fusionierten Theaters Eisenach-Rudolstadt-Saalfeld.
Beschluss der Gesellschafterversammlung zur Reduzierung des Solistenensembles von 16 auf 12 Sänger, Reduzierung der Landeskapelle von 53 auf 42 Mitglieder sowie die Auflösung des Opernchores für die Spielzeit 2004/2005. Auch im Werkstattbereich gab es Personalreduzierungen.
Der gleichzeitig vorgesehene Stellenabbau in Meiningen fand nicht statt.

Herbst 2003
Das Landestheater, das sein Schauspiel durch die Aufkündigung der Fusion mit Rudolstadt-Saalfeld verlor, begann seine Zusammenarbeit mit dem Theater Meiningen durch den Austausch von Gastspielen gegen Zahlung eine Pauschale (eine Co-Produktion und Schauspielaufführungen aus Meiningen in Eisenach, Ballett- und Musicalaufführungen aus Eisenach in Meiningen). Der erste Versuch, das Landestheater Eisenach als selbstständiges Theater mit dem Meininger Theater unter gemeinsamer Meininger Leitung zu etablieren, scheiterte an den notwendigen Personalentscheidungen.

Juli 2004
Das Landestheater Eisenach verlor durch den Rechtsträger seinen Opernchor. Am 18.06.2004 findet mit „La Traviata“ die letzte Vorstellung des Eisenacher Musiktheaters mit eigenem Opernchor statt, der unter der Voraussetzung einer engen Kooperation mit Meiningen gekündigt wurde. Auch nach dem Scheitern dieser Kooperationspläne wurde die Kündigung des Chores nicht zurückgenommen.

August 2004
Kooperationsvereinbarung zum Gastspielaustausch gegen Bezahlung.

Herbst 2006
Ein insgesamt künstlerisch konzeptionsloses Sparpaket des Kultusministeriums für die Thüringer Theater und Orchester wird veröffentlicht. Nach diesen Plänen gäbe es kein Überleben des Landestheaters Eisenach als eigenständiges Musiktheater ab Sommer 2008. Es finden massive Proteste Eisenacher Bürger und Theaterschaffender in vielfältiger Weise in Eisenach, Schmalkalden, Erfurt, Weimar, Gotha, Suhl und an weiteren Orten statt. Sie werden weder von der Landesregierung noch von den Gesellschaftern beachtet und haben keine Auswirkung auf die weiteren Planungen.

März 2007
Dem Aufsichtsrat wird ein Reduzierungskonzept für das Landestheater Eisenach vorgestellt, das die Weiterführung des Musiktheaters unmöglich machen würde und an der Stelle die künstlerisch unsinnige Kombination von Kammerorchester, Tanztheater und Jungem Theater vorsieht. Dieses Konzept wurde von einer durch die Landesregierung berufenen Arbeitsgruppe erarbeitet, an der auf Veranlassung der Stadt kein künstlerischer Vertreter des Eisenacher Theaters beteiligt war.

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