Ergebnisse des Wagner-Projekt HfM Weimar

Richard-Wagner-Sammlung im Reuter-Wagner-Museum von unschätzbarem Wert

Am Dienstagabend stellten Prof. Dr. Helen Geyer, Dr. Kiril Georgiev und Stefan Alschner von der Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar Ergebnisse des von der VolkswagenStiftung finanzierten Forschungsprojekts zur wissenschaftlichen Auswertung der Wagner-Sammlung in Eisenach im Ausschuss für Wirtschaft, Kultur und Tourismus vor. Das Projekt hatte eine lange Anlaufphase benötigt, seit dem Jahr 2012 wurde die wissenschaftliche Untersuchung der umfangreichen Sammlung im Reuter-Wagner-Museum angeschoben. Von Oktober 2016 bis April 2021 analysierte das wissenschaftliche Team schließlich die Bestände und begann neben der fachlichen Aufarbeitung mit der Digitalisierung der Quellen, so dass Wissenschaftler aus der ganzen Welt über das Portal kulthura.de schon jetzt zu Teilen der Sammlung Zugang haben.

Die Ergebnisse sind außerordentlich hervorragend, würdigte Kulturdezernent Ingo Wachtmeister die Arbeit.

Er betonte die enorme Herausforderung und den kulturellen Auftrag, „diesen Schatz, den wir hier haben, weiterhin wissenschaftlich einzubinden.“ Denn das Fazit von Prof. Geyer lautete, dass die einzigartige kulturelle Ausstrahlung der Eisenacher Richard Wagner-Sammlung bei Weitem noch nicht richtig zur Geltung komme. Nikolaus Oesterlein trug schon zu Lebzeiten Richard Wagners eine bedeutende Privatsammlung in Wien zusammen, die die Stadt Eisenach 1895 auf Initiative des Eisenacher Bürgers Professor Joseph Kürschner kaufte. Die Oesterlein-Sammlung gilt nach Bayreuth als zweitgrößte Wagner-Sammlung der Welt. Sie müsse aber der heutigen Forschung vollständig zugänglich gemacht und somit in einen internationalen Zusammenhang gebracht werden, so die Expertin.

Etwa 22.000 Objekte
Das Team um Prof. Geyer legte in Kooperation mit der Stadt dafür bereits den Grundstein. Die Sammlung umfasst eine Bibliothek mit ca. 5.700 Büchern, Noten und Programmheften, handschriftliche Dokumente (ca. 1.200 Briefe und Abschriften), Theaterzettel und Plakate (ca. 700), nicht inventarisierte Quellen, 3-D-Objekte wie beispielsweise Medaillen, Büsten, Tassen und weitere „Fan-Artikel“ des 19. Jahrhunderts (ca. 250 Stück) sowie ca. 15.000 Zeitungsausschnitte. Insgesamt sind es etwa 22.000 Objekte. Sie geben einen fundierten Einblick in die Wagner-Rezeption des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Das Potenzial der Sammlung liegt nun darin, der Wissenschaft einen möglichst unverfälschten Blick auf den durchaus umstrittenen Komponisten zu ermöglichen.

Anzeige

Das Team in Weimar erstellte eine Datenbank nach wissenschaftlich standardisierten Kriterien, sodass in Zukunft neben dem handschriftlichen Bestand auch weitere Teile der Sammlung digital erfasst und online präsentiert werden können. Schon jetzt ist die Eisenacher Wagner-Sammlung im von der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek (ThLUB) Jena gehosteten kulthura-Portal (kulthura.de) zu finden, wenn auch zunächst mit knapp 600 Quellen des wertvollen Handschriftenbestandes. Vernetzungsarbeit, Symposium sowie Tagungsband gehörten ebenfalls zu den Inhalten des Projekts. Momentan werden in einem von der Thüringer Staatskanzlei geförderten Folgeprojekt (bis Ende 2021) die bereits digitalisierten Briefe zusätzlich noch digital ediert.

Wissenschaftliche Aufarbeitung noch nicht zu Ende
Kulturamtsleiter Dr. Achim Heidenreich wies darauf hin, dass die Richard-Wagner-Sammlung einen wesentlichen Platz im fortzuschreibenden Eisenacher Museumskonzept einnehmen soll:

Mit der jetzt schon mit sehr viel Strahlkraft versehenen digitalen Version der Eisenacher Wagner Sammlung ist zudem ein immenser Imagegewinn für das Thüringer Museum und damit für Eisenach verbunden. In diese Richtung müssen wir weiter voranschreiten auch für die anderen Bereiche der Eisenacher Kultur- und Musikgeschichte.

Die Digitalisierung und wissenschaftliche Einbindung sind eine komplexe Aufgabe, die weit mehr als das Einscannen von Dokumenten umfasst. Um allen Bestandteilen der Sammlung gerecht zu werden und sie weiter zu erschließen, müsste die wissenschaftliche Arbeit nun fortgeführt werden. Prof. Geyer empfiehlt in ihrem Abschlussbericht die Verstetigung mindestens einer Teilzeitstelle. Auch die Räume der Reuter-Villa seien nur bedingt für die Lagerung der wertvollen Bestände geeignet. Die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschaft, Kultur und Tourismus nahmen die Ausführungen wohlwollend zur Kenntnis. Für das weitere Vorgehen wird das Kulturamt Vorschläge erarbeiten, um die Außenwirkung der Richard-Wagner-Sammlung nachhaltig zu verbessern.

Hintergrund Die Reuter-Villa wurde in den Jahren 1866 bis 1868 auf Wunsch des niederdeutschen Dichters Fritz Reuter von dem Architekten Ludwig Bohnstedt im Stil der Neorenaissance erbaut. Sie soll „das getreue Abbild einer echt römischen Villa“ sein. In der Villa befindet sich heute das Reuter-Wagner-Museum mit der nach Bayreuth umfangreichsten Richard-Wagner-Sammlung. Die erste Wagner-Ausstellung im Haus wurde 1897 eröffnet. Seit 1997 ist die Wagner-Sammlung in einer neugestalteten Ausstellung zu sehen. Die Besucher erwarten unter anderem eine 5000 Bände umfassende Bibliothek, eine Auswahl der 200 Handschriften von Richard Wagner sowie die Partitur des „Rienzi“, einer Oper Wagners. Das Museum befindet sich am Fuße der Wartburg im Reuterweg 2 in Eisenach.

Anzeige
Anzeige