Erinnern an den Volksaufstand am 17. Juni 1953

SPD und CDU Eisenach luden vor die Gedenktafel auf dem Theaterplatz ein

An den Volksaufstand vor 66 Jahren in der ehemaligen DDR erinnerten SPD und CDU Eisenach vor einer Gedenktafel auf dem Theaterplatz der Wartburgstadt. Diese Gedenktafel erinnert an 33 Eisenacher Jugendliche im Alter von 13 bis 21 Jahren, die 1945 unschuldig verhaftet wurden. Neun sind hingerichtet worden. Es ist der Ort, an dem auch der Opfer des 17. Juni 19953 gedacht wird. An diesem Tag kam es in der DDR zu einer Welle von Streiks, Demonstrationen und Protesten die mit politischen und wirtschaftlichen Forderungen verbunden waren. Er wurde von der Sowjetarmee mit Panzern niedergeschlagen. 34 Demonstranten verloren ihr Leben. Fünf Angehörige der DDR-Sicherheitsorgane wurden getötet. Dieser erste antistalinistische Aufstand hatte mehrere Ursachen, darunter der „beschleunigte Aufbau des Sozialismus“ mit erhöhten Normen, die damit verbundene Ignoranz der DDR-Führung gegenüber „ihrer Arbeiterklasse“.

Mit dem ehemaligen Landrat Dr. Martin Kaspari erinnerte ein Zeitzeuge an die Geschehnisse. Er, damals in Großburschla und damit im Zonenrandgebiet wohnen, schilderte in emotionalen Worten seine ganz persönlichen Erlebnisse. Er erlebte hautnah, wie Flüchtlinge angeschossen wurden. Dies habe seine Haltung zur DDR-Führung geprägt. Als Student in Jena hatte er Repressalien bei der Heimfahrt zu seinen Eltern ins Grenzgebiet zu ertragen, die ihn, nach Einbestellung „zur Klärung eines Sachverhaltes“ sogar einige Tage Gefängnis einbrachten. Mancher der Anwesenden erinnerte sich an ganz persönliche Schikanen im VPKA-Kreisamt, wenn es um den Versuch ging, Familienmitglieder im Grenzgebiet zu besuchen oder nur als Spieler einer Fußballmannschaft zum Punktspiel dorthin zu gelangen. Die DDR sei ein Unrechtsstatt gewesen, betonte Dr. Martin Kaspari. Er, 1953 in der 7. Klasse, könne nicht verstehen, wie Vertreter einer für das Unrecht verantwortlichen Nachfolgepartei heute wieder den Mund aufmachen und Ratschläge erteilen, gar die DDR glorifizieren würden. (Diese Nachfolgepartei hatte auch keine führenden Vertreter zum Theaterplatz entsandt.) Der Nachwende-Landrat ließ Revue passieren, was zum Volksaufstand 1953 geführt hatte. SED-Parteichef Walter Ulbricht sollte auf Wunsch der UdSSR für bessere Stimmung im eigenen Volk sorgen, nahm aber die Normerhöhungen nicht zurück. Ersten Streiks Anfang Juni folgte der Aufstand in 700 Städten und Gemeinden. Die Arbeiterklasse entzog „ihrer Partei“ das Vertrauen. Das DDR-Regime ließ sowjetische Panzer auffahren, den Aufstand blutig niederschlagen. Sondergerichte verurteilten die Aufständischen.

Das Urteil stand schon zuvor fest. Manches direkt vom Politbüro der SED bestimmt, unterstrich Dr. Martin Kaspari.

Junge Besucher der Veranstaltung wurden eindringlich mit den Verfehlungen in der DDR konfrontiert.

Auch Eisenachs Bürgermeister Uwe Möller brachte seine ganz persönlichen Erinnerungen an das DDR-Regime ein. Wichtig sei, dass Zeitzeugen ihren Kindern und Enkeln die Geschehnisse von vor 66 Jahren ins Gedächtnis rufen, damit es keine Wiederholung gibt. Christian Ihling (CDU) nahm Bezug zu weltweiten Aufständen, die mit Gewalt niedergeschlagen wurden. Eisenachs SPD-Vorsitzende Heidrun Sachse erinnerte an die blutige Niederschlagung des Aufstandes in China.

Zu den Forderungen von vor 66 Jahren gehörten auch Meinungs- und Pressefreiheit sowie freie Wahlen. Das ist heute Normalität. Doch wir müssen diese demokratischen Grundrechte schützen, gegen Angriffe aus allen Richtungen, betonte Heidrun Sachse.

SED initiierte „Säuberungsaktionen“
Die infolge des 17. Juni Verurteilten wurden in den Haftanstalten mit einem gelben „X“ gekennzeichnet. Aufgrund der schlechten medizinischen Versorgung, der Schikanen des Wachpersonals und des mangelhaften Arbeitsschutzes in den Zuchthäusern erlitten viele „X-er“ schwere gesundheitliche Schäden. Den Ehefrauen der Verurteilten wurde oft zur Scheidung geraten oder mit der Wegnahme ihrer Kinder gedroht.

Die SED nutzte außerdem den Aufstand zur Disziplinierung ihrer eigenen Genossen. So wurden die vor allem aus der früheren SPD stammende und gemäßigte politische Ansichten vertretende Mitglieder aus der Partei entfernt. Der Justizminister Max Fechner, der nach dem 17. Juni mäßigend auf die Strafjustiz einwirken wollte, wurde am 14. Juli 1953 seiner Funktion enthoben, wegen partei- und staatsfeindlichen Verhaltens aus der Partei ausgeschlossen und unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert. Ebenso wurden Parteifunktionäre und Angehörige der Volkspolizei bestraft, denen die SED-Führung „versöhnlerisches, kapitulantenhaftes und unkämpferisches Verhalten“ vorwarf. Infolge dieser Säuberungen prägten radikale Kommunisten wie Erich Mielke, Hilde Benjamin oder Paul Fröhlich die zukünftige Politik der DDR. Rudolf Herrnstadt, Chefredakteur der Tageszeitung „Neues Deutschland“, wurde für die Ereignisse am 17. Juni 1953 mitverantwortlich gemacht. Er wurde von seiner Arbeit entlassen und zusammen mit Wilhelm Zaisser aus der SED ausgeschlossen.

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