Kollaps.13: Vom Zusammenbruch und was danach kommt

Das ambitionierte Eisenacher Theater am Markt (TAM) kann dank der Spendenwilligkeit der Menschen aus Eisenach und der Region im Januar 2013 in die Themenspielzeit «Kollaps.13» starten. Mit Hilfe über 150 Spendern gelang es, den Eigenanteil der klammen Stadt Eisenach von 25000 Euro als zweckgebundene Spende zusammenzubringen und damit die Existenz der Spielstätte für das Jahr 2013 zu sichern.

OB Katja Wolf zu dieser einmaligen Aktion. „Wir werden im Jahr 2013 eine bessere Lösung finden, damit solch eine Aufregung vermieden wir.“

Als die Theatermacher des TAM im Sommer die neue Spielzeit zum Thema «Kollaps.13» planten, war nicht abzusehen, dass selbiger den Theaterleuten so nahe rücken würde. Der Kollaps als zwangsläufiges Ende eines überlasteten, überholten oder überforderten Systems ist national und international in aller Munde: vom Finanzkollaps, Rentenkollaps, Bankkollaps und Bildungskollaps ist in den Schlagzeilen zu lesen. Die Stadt Eisenach ist chronisch pleite und wird zwangsverwaltet – der Kollaps droht täglich und betrifft insbesondere die kulturellen Einrichtungen der Stadt.

Mit «Kollaps.13» möchte sich das TAM gemeinsam mit seinen Spielern aber auch interessierten Besuchern auf das Experiment einlassen, in offenen Werkstattprozessen neue Wege und Möglichkeiten der Inszenierungsarbeit sowie neue theatrale Formen auszuprobieren. «Kollaps.13 ist ein Experiment, mit dem wir Ideen erzeugen wollen», so Theaterleiter Timo Bamberger. «Denn ein Kollaps bietet immer auch die Chance für einen Neuanfang, für Strukturveränderungen und neues Denken. Und wenn es uns gelingt, auch zu Ideen zur Bewältigung der derzeitigen Krise in Eisenach zu inspirieren, umso besser.»

Fünf spannende Eigenproduktionen und das Sommertheater «Der zerbrochene Krug» im Hof des Hotels auf der Wartburg erwarten Mitwirkende und Theaterbesucher in den kommenden Monaten:

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Mit der performativen Liebes-Roadshow «Die Vernunft ist des Herzens größte Feindin» ist am 2. März um 19.30 Uhr die erste Premiere der neuen Themenspielzeit zu erleben. Unter der Regie von Marcus Coenen widmet sich das Erwachsenen-Ensemble den Zusammenbrüchen und Auferstehungen, die mit der Liebe einhergehen. Die Eigenproduktion basiert auf Texten von Dichtern und Musikern.

«Verschlusssache Eisenach» lautet der Arbeitstitel der zweiten Werkstattproduktion, die am 22. März Premiere hat. Ausgehend von realen und fiktiven Geschehnissen sollen die Ursachen und Folgen der derzeitigen Situation Eisenachs beleuchtet werden. Dazu werden Zeitungsberichte gesammelt und ausgewertet, Archive und Protokolle von Ratssitzungen gesichtet, Zeitzeugen befragt und Texte in Zusammenarbeit mit einem Eisenacher Autor verfasst. Zur Premiere wird die inszenierte Dokumentation des Kollapses eines Gemeinwesens und seiner Folgen zu erleben sein.

Die dritte Produktion des kommenden Jahres zeigt eine Bühnenfassung von Janne Tellers radikalem Roman «Nichts». Erzählt wird die Geschichte des Schülers Pierre-Anthon, der eines Tages verkündet, dass nichts irgendetwas bedeute und es sich daher auch nicht lohne, irgendetwas zu tun. Fortan auf einem Pflaumenbaum sitzend, verunsichert er seine Mitschüler, bis diese beschließen, einen «Berg der Bedeutung» zu erschaffen und so zu beweisen, dass es doch Dinge von Bedeutung gibt. Premiere ist der 29. Juni um 19.30 Uhr.

Texte des Dramatikers und Regisseurs René Pollesch bilden die Grundlage der performativen Inszenierung «Perform yourself!», die voraussichtlich im Oktober/November zu erleben sein wird. «Im Allgemeinen wirken Polleschs Figuren hysterisch und desorientiert und haben den großen Wunsch, die vorliegende Situation zu klären und zu verbessern. Mit performativen Techniken eröffnen wir den Figuren und damit auch unseren Mitwirkenden neue Handlungsspielräume und die Möglichkeit, diese auszutesten», beschreibt Regisseur Marcus Coenen das Pollesch-Projekt am TAM.

Auch mit der Collage «Connectedness» betritt das TAM neue Wege der Theaterarbeit. Auf der Grundlage des von Prof. Gerald Hüther (Leiter der Zentralstelle für Neurobiologische Präventionsforschung der Universität Göttingen) veröffentlichten Buches «Connectedness» – warum wir ein neues Weltbild brauchen» entsteht ein Bewegungs- und Tanztheater, bei dem die «connectedness» – also die Verbundenheit zwischen den Spielern – im Mittelpunkt steht. Durch Improvisationen wollen die Theatermacher den im Buch versammelten Texten verschiedener Wissenschaftler ästhetische Inhalte entlocken, die dann in einer Collage aus Schauspiel, Bewegung, Text und Musik zusammengeführt werden. Die Premiere findet voraussichtlich im Oktober bzw. November 2013 statt.

Nach dem großen Erfolg des Sommertheaters 2012 auf der Wartburg hat am 11. Juni 2013 mit der «Der zerbrochene Krug» ein neues Freilichttheater-Stück des TAM im Innenhof des Hotels auf der Wartburg Premiere.
Karten für die Premieren sind per Mail unter kontakt@theaterammarkt.de oder telefonisch unter 03691-7409470 erhältlich. Weitere Informationen auch unter www.theaterammarkt.de.