Theater muss durchs Hirn ins Herz gehen!
Für seine Inszenierung „Tintenfass und Rosenwunder – Martin träumt Elisabeth“ plant „Lutherschauspiel“-Autor und -Regisseur Jethro D. Gründer eine „behutsame inhaltliche Überarbeitung“ unter Berücksichtigung aktuellpolitischer Ereignisse
Erste Eckpunkte seiner Neuinszenierung des „Lutherfest“-Schauspiels „Tintenfass und Rosenwunder – Martin träumt Elisabeth“ gab Autor und Regisseur Jethro D. Gründer bei einer Pressekonferenz des Lutherverein e.V. im „Steigenberger Hotel Thüringer Hof“ in der Wartburgstadt bekannt. Demnach plant der langjährige Regisseur der „Lutherschauspiele“, der dem historischen Mittelalterspektakel „Luther – Das Fest“ seit dessen Erstauflage im Sommer 2005 die Treue hält, eine „behutsame inhaltliche Überarbeitung“ des anlässlich des Elisabethjahres 2007 uraufgeführten Schauspiels, das eine Brücke zwischen der Heiligen Elisabeth und Martin Luther schlägt und damals einen großen Publikumserfolg erzielte. „Luther – Das Schauspiel“ mit seinen 70 Mitwirkenden einschließlich Rittern, Komparsen und Kleindarstellern bildet auch in diesem Sommer wieder den Dreh- und Angelpunkt des nach sechsjähriger Pause zu neuem Leben erweckten historischen Mittelalterspektakels „Luther – Das Fest“, das vom 19. bis 21. August 2016 in der Eisenacher Innenstadt stattfindet und zu dem der Lutherverein e.V. als Veranstalter bis zu 30.000 Besucher wie bei der letzten Auflage im Jahr 2010 erwartet. Für die Neuinszenierung des Stücks „Tintenfass und Rosenwunder – Martin träumt Elisabeth“ hat der Kartenvorverkauf im „Ticketshop Thüringen“ bereits begonnen. Darüber hinaus sind die Eintrittskarten in den Pressehäusern der Zeitungsgruppe Thüringen erhältlich.
Für das Schauspielensemble, das die zehn bis zwölf tragenden Rollen der Inszenierung übernehmen wird, konnte Jethro D. Gründer bereits die Schauspielerin Marie Luise Gutteck als Heilige Elisabeth gewinnen. Die frühere „Elisabeth“-Darstellerin Jenny König ist mittlerweile an der Berliner „Schaubühne“ engagiert und steht in den Sommermonaten wegen internationaler Gastspiele nicht zur Verfügung. Weitere Darsteller – insbesondere der des Martin Luther – sollen in den kommenden Wochen bekanntgegeben werden. Mit Gunthart Hellwig und Lutz Leyh dürfen sich die Zuschauer auf zwei alte Bekannten freuen, die erneut Kardinal Cajetan, Tetzel, Papst Leo, Kaiser Karl und Ludwig von Thüringen verkörpern. Wieder mit dabei ist auch der langjährige Kostümbildner des „Lutherschauspiels“, Hendrik Kürsten aus Erfurt, der als eines der Urgesteine des dreitägigen Festivals gilt.
Ich habe das Stück gewählt, weil es im Gegensatz zu dessen Nachfolger ‚Luthers Teufel‘ nicht so extrem polarisiert, betont der Autor.
Auch wenn vielen Zweiflern im Vorfeld die inhaltliche Verknüpfung der beiden prägenden Persönlichkeiten des 13. und 16. Jahrhunderts zu schwierig und verworren schien, war es Gründer glänzend gelungen, deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede punktgenau herauszuarbeiten, ohne dass dabei der Humor zu kurz kam.
Es gibt in ‚Tintenfass und Rosenwunder‘ eine ganze Reihe von Dialogen, in denen sowohl Luther als auch die Heilige Elisabeth ihre sehr verschiedenen Ansichten von Nächstenliebe erläutern und sich daran reiben.
Die Akzeptanz dieser unterschiedlicher Sichtweisen – reflektiert aus dem Blickwinkel eines Außenstehenden, als den er sich selber betrachtet – rücke für Gründer daher auch in den Fokus der Neuinszenierung, die sich nicht zuletzt der Aufgabe verschrieben habe, geschichtliche Fehldeutungen zu revidieren.
Wenn man ehrlich ist, muss man zugeben, dass Luther nicht nur der große Reformator war, der die Kirche verändern wollte. Die Reformation ist ihm unterlaufen, er wollte eigentlich nur einmal richtig durchkehren und mit ein paar Dingen, die aus dem Ruder gelaufen sind, wie Ablasshandel und Korruption, aufräumen. Seine große Leistung ist für mich vielmehr seine Bibelübersetzung: Er hat dem Volk eine Sprache geschenkt, damit es mit Gott direkt sprechen und von ihm erhört werden kann. Das war revolutionär zu seiner Zeit!
Dass sicher nicht alle Protestanten diese Einschätzung teilen, ist sich der Regisseur durchaus bewusst.
Ich werde doch nicht plötzlich handzahm! Theater muss durchs Hirn ins Herz gehen, so Gründer. Martin Luther gehört den Menschen und nicht allein der Kirche!
Wie weit Jethro D. Gründer Verweise auf politische Ereignisse in sein gut zweistündiges Stück einarbeiten wird, lässt der 1958 in Görlitz geborene Regisseur derzeit noch offen. Angesichts der aktuellen Situation in der Bundesrepublik und der Unwägbarkeit der weiteren Entwicklung möchte er sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht festlegen, wie er anlässlich der Pressekonferenz erklärte.
Ohne dass ich es plakativ in das Stück einarbeiten werde, wird die Flüchtlingsproblematik und damit die größte Herausforderung, an der Deutschland gerade zu knabbern hat, sicherlich eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen, vor allem in den Dialogen zwischen dem Reformator und der Heiligen Elisabeth. Wir müssen einfach mal abwarten, was bis zum Sommer alles noch passiert.
Entsprechende Modifizierungen seien daher selbst in der Probenphase noch möglich. Wobei nicht allein aktuelle Ereignisse in der Neufassung berücksichtigt werden sollen, auch Martin Luthers Judenhass sei durchaus ein Thema, das er sich für die Inszenierung für das 7. Lutherfest gut vorstellen könne, so der Regisseur.
Weil das ja auch eine Art von Intoleranz ist, die vielen Menschen das Leben gekostet hat, genau wie sein Aufstacheln zum Krieg gegen die Bauern – da ist wirklich vieles denkbar! Es wird definitiv eine andere Intensität geben!
Aus logistischen Gründen sind in diesem Jahr erneut nur drei Vorstellungen geplant,
auch wenn das wirklich tragisch ist, wie Jethro D. Gründer betont. Man arbeitet wochenlang für drei Aufführungen. Es ist schade um die viele Arbeit, davon einmal abgesehen, dass es auch nicht wirtschaftlich ist.
Vereinsvorsitzender Udo Winkels plant daher für das kommende Jahr, das „Lutherschauspiel“ wenigstens an zwei Wochenenden aufzuführen und dann jeweils von Donnerstag bis Sonntag zu spielen, damit sich der Aufwand lohnt. Sogar mehrwöchige „Lutherfestspiele“ mit einer Vielzahl an Veranstaltungen seien für die Zukunft in Zusammenarbeit mit der Stadt denkbar.
Foto: Bereits zum Elisabethjahr 2007 erntete Jethro D. Gründer (rechts) für seine opulente „Lutherschauspiel“-Inszenierung „Tintenfass und Rosenwunder – Martin träumt Elisabeth“ stürmischen Beifall. Behutsam überarbeitet und um aktuellpolitische Themen bereichert, bildet das Stück erneut den Höhepunkt des historischen Mittelalterspektakels „Luther – das Fest“, das nach sechsjähriger Pause vom 19. bis 21. August 2016 in Eisenach stattfindet. Links Kostümbildner und Lutherfest-Urgestein Hendrik Kürsten aus Erfurt.