Vortrag im Bachhaus über Paullinis «Dreckapotheke»

Am Donnerstag, 22. Mai 2008, 19.00 Uhr, hält Anne-Christin Lux (Gesellschaft für Volkskunde in Rheinland-Pfalz) einen Vortrag zum Thema «Die Dreckapotheke des Christian Franz Paullini (1643 – 1712)».

Der Eisenacher Stadtarzt Christian Franz Paullini (1643-1712) ist der Urheber des touristischen Jahresmottos 2008 in Eisenach „Unsere Stadt glänzte immer durch Musik“. Doch berühmt wurde Paullini mit seiner „Dreck-Apothecke, oder Wie nemlich mit Koth und Urin fast alle, ja auch die schwerste gifftigste Kranckheiten und bezauberte Schäden vom Haupt bis zum Füßen glücklich curiret worden“. Hierin empfiehlt Paullini z.B. zur Wundbehandlung das Bandagieren mit Rindermist oder das Einstreuen von Taubenkot und verbrannten Eierschalen in die Wunde. Seit ihrem erstmaligen Erscheinen im Jahr 1696 erfreute sich seine Dreckapotheke großer Popularität und wurde 1697, 1699, 1713, 1714, 1734 und 1748 neu aufgelegt.

Ob auch Paullinis berühmter Landsmann und Zeitgenosse Johann Sebastian Bach nach seiner verhängnisvollen Augenoperation durch den englischen „Chevalier“ John Taylor mit Mitteln aus Paullinis Dreckapotheke behandelt wurde, ist ungewiss, aber durchaus möglich. Fest steht, dass Bachs Sohn Carl Philipp Emanuel für den Tod seines Vaters „schädliche Medikamente und Nebendinge“ verantwortlich machte, durch welche Bachs „im übrigen überaus gesunder Körper gänzlich über den Haufen geworfen“ worden sei. Von Taylor heißt es, er habe ganz ähnlich wie Paullini die Operationswunden durch Einträufeln des Bluts einer frisch geschlachteten Taube, gestoßenen Zuckers oder von gebranntem Küchensalz behandelt.
Nicht ungewöhnlich war es auch, dass der Operateur in der Nähe der Operationsstelle eine Wunde anlegte und diese dann «mit einem mäßigen Stück Geld oder einem halb voneinander geschnittenen Apfel» bandagierte, womöglich auch noch Taubenkot und Wurzeln unterschiedlicher Herkunft in die Wunde einbrachte.

Fest steht: Paullini beeinflusste mit seiner «Dreckapotheke» das Medizinverständnis seiner Zeit ganz maßgeblich. Der weitgereiste Eisenacher Stadtarzt (u.a. Dänemark, England, Schweden, Norwegen, Island, Frankreich und Italien) machte sich auch als Schriftsteller, Historiker, Philosoph und Ethnograph einen Namen und korrespondierte etwa mit dem Leipziger Universalgenie Gottfried Wilhelm Leibniz. Seine Untersuchungen widmete er nicht selten kuriosen Gegenständen, wie dem Stein der Weisen, der heilsamen Wirkung von Schlägen, oder Sporthunden und Wölfen (Werwölfe eingeschlossen).

Kartenbestellungen: Bachhaus Eisenach, Tel. 03691-7934-0

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