Eine eingeschworene aber herzliche Gemeinschaft

Es ist neun Uhr am Sommergewinnstag. Im Zunfthaus in der Eisenacher Gargasse herrscht mächtig Betrieb. Festwagen werden aus den Garagen auf den Hof gestellt, die ersten Umzugsteilnehmer treffen zum Schminken ein und die Kostüme werden angezogen. Unter den zahllosen Helfern sind immer wieder Männer und Frauen mit Helmen und grober Wollkleidung zu finden.
Die Germanen gehören zum Eisenacher Sommergewinn wie Hahn, Brezel und Ei. Sie waren es, welche das Fest ursprünglich erfanden und sie sind es, die auch heute noch eine feste Größe im traditionellen Umzug spielen.

Doch ist es nicht nur der Festzug, der beim Sommergewinn mit den Germanen wichtig ist. «Das ganze Drumherum, die Organisation, der Wagenbau, das Gemeinschaftsgefühl und die Freundschaften in der Truppe sind es, die das alles eigentlich ausmachen», erklärt Sommergewinnsgermane und Zunftvorstandsmitglied Erik Liebetrau.
Dass diese Gemeinschaft auch intensiv gepflegt wird, davon kann man sich schon in den frühen Morgenstunden überzeugen.
Es ist 10:12 Uhr, als die Germanen, die inzwischen vollkommen geschminkt und verkleidet sind, mit einer alten Tradition beginnen. 23 Männer und Frauen haben sich, nebst einiger ebenfalls verkleideter Kinder, inzwischen vor dem Zunfthaus eingefunden.

Mit lauten «Gut Ei und Kikeriki»-Rufen geht es nun zur Flie Bühne, wo ein Bierwagen bereit steht, welcher die durstigen Germanen mit Bier und Cola versorgt. Die Stregdaer Musikanten spielen dazu auf und während noch gemeinsam das Rennsteiglied gesungen wird, bereiten sich die Germanen in ihren antiken Kleidern schon auf die nächste Rast vor.

Am Ehrensteig wird nun kurz eingekehrt. Mit Kräuterschnaps und Kirschlikör bestellte Tabletts warten schon.
Nachdem man sich im Nachgang dann für Siggi aus Gera (ein echter Fan des Sommergewinns, der in jedem Jahr extra aus Ostthüringen anreist) noch ein Gruppenfoto gemacht wurde, geht es weiter. Zwei weitere solcher stiegker «Einkehrmöglichkeiten» später sitzen die sonst so wilden Germanen aber dann bei «Eddie» in der Eisdiele «Kalter Kuss».
Rippchen, Käse, Knackwurst, riesige Leiber Brot und Bier sind aufgetischt und werden von den hungrigen und durstigen Männern und Frauen mit Genuss verzehrt.
Selbstverständlich nach Germanenart – Servietten braucht man nicht, es gibt doch Gewänder. Auch auf die Schweigsamkeit wird verzichtet und nicht selten ist das eine oder andere Geräusch zu hören, welches ja eigentlich ganz natürlich aber mit Adolph Knigges Ideen nicht zu vereinbaren ist.

Es ist 12:30 Uhr, als die Germanen frohen Muts den Kalten Kuss verlassen. Ausgerüstet mit Schwert, Helm und dicken Fellen laufen sie die Frankfurter Straße entlang zur Aufstellung auf der Spicke. Die Gespräche kreisen dabei um den Umzug, die Familie und vor allem das Wetter, das sich am Samstag von seiner besten Seite zeigte und dadurch das «Erlebnis Germanen» noch angenehmer gestaltete.

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