Alexander Saul: Ich muss mehr Verantwortung übernehmen.

Eisenachs Rückraum-Rechter sieht sich in der Pflicht • Wartburgstädter empfangen am Samstag den heißen Aufstiegskandidaten SG BBM Bietigheim

Alexander Saul bekam den Handball mit in die Wiege gelegt. Papa Martin Saul spielte bei Chemie Premnitz. Kein Wunder daher, der Filius war mit 4 Jahren bei den Minis von Chemie Premnitz auf den Handballparkett. Erster Übungsleiter? Na klar, Papa Martin Saul. Das Talent von Alexander Saul blieb dem SC Magdeburg nicht verborgen, im Alter von 11 Jahren wechselte er an die Sportschule in der Elbestadt. Der auf Leistungssport ausgerichtete Tag war kein Zuckerschlecken, aber eben zielführend. Nachdem er zuvor auf Rechtsaußen spielte, fand der Linkshänder im rechten Rückraum seine Stammposition. Die deutsche Vizemeisterschaft mit dem SC Magdeburg steht in seiner Vita. In der Spielzeit 2016/2017 ging Alexander Saul mit der Zweiten des SCM in der Regionalliga auf Torjagd. Seit dem 01.07.2017 trägt er das Trikot des ThSV Eisenach, hat mit seiner Partnerin und dem gemeinsamen Kind Quartier in der Kleinstadt unter der Wartburg bezogen. Kürzlich verlängerte er seinen Vertrag beim ThSV Eisenach bis zum Sommer 2022. Er ist eine der wenigen Konstanten im in den vergangenen zwei Jahren personell kräftig umformierten Team.

Wir sprachen mit dem 24-jährigen Linkshänder, der in der aktuellen Saison 84 Treffer markierte und damit Rang 21 in der Torjägerliste der Liga belegt; nach der 24:28-Niederlage in Konstanz und vor dem Heimspiel am Samstag, 22.02.2020 um 19.30 Uhr gegen den heißen Aufstiegsanwärter SG BBM Bietigheim, der vom Ex-Eisenacher Spielgestalter Hannes Jon Jonsson trainiert wird:

Sie haben Ihren Vertrag kürzlich um zwei weitere Jahre bis zum Sommer 2022 verlängert. Sie fühlen sich sportlich beim ThSV Eisenach und mit ihrer Familie in der Wartburgstadt wohl?
Die Frage ist mit einem Ja zu beantworten. Meine Freundin hat gerade ihre zweite Ausbildung begonnen. Unser Kind besucht eine Kindertagesstätte, mit der wir sehr zufrieden sind. Wir haben Freundschaften außerhalb des Sports geknüpft. Wir fühlen uns in Eisenach sehr gut aufgenommen!

Wo sehen Sie Ihre Stärken, wo haben Sie noch Nachholbedarf; aktuell werden Sie für Abwehraufgaben oft  abgelöst?
Meine Stärken liegen im Angriff, im Zusammenspiel mit dem Außen, dem Kreis, ja mit allen Mitspielern. Schwächen habe ich noch in der Abwehrarbeit, daher für die Defensive ja oft der Wechsel mit Duje Miljak und Justin Mürköster. Das händeln wir ja schon seit der Zeit mit Christoph Jauernik als Trainer so.

Die Linkshänder Alexander Saul und Willy Weyhrauch scheinen sich gut zu verstehen…?
Ja. Wir haben eine extrem lange gemeinsame Vergangenheit, beginnend mit unseren Heimatvereinen. Ich spielte in Premnitz, Willy in Belzig. Schon in der E- und D-Jugend trafen wir um die Plätze 1 und 2 aufeinander. Im C-Jugend-Bereich spielten wir zusammen beim SC Magdeburg. Willy wechselte dann zu den Füchsen Berlin. Wir standen uns  dann um die Deutschen Meisterschaften der B- und A-Jugend aufeinander. Immer siegte Willy mit den Füchsen, zwei Mal in der B- und zwei Mal in der A-Jugend. Mit der Freundin von Willy besuchte ich gemeinsam in der Schule die Klassen 7 bis 9.

Der Saisonstart mit 19:9 Punkten verlief bravourös. Zuletzt stehen 6 Niederlagen aus 7 Begegnungen zu Buche. Was ist passiert?
Wir sind mit vielen jungen und zweitbundesligaunerfahrenen Spielern unterwegs. Da dauert es, bis jeder die Kurve kriegt und zu Stabilität findet. Wir hadern alle selbst mit uns. Während der „Festspielwochen“, mit 4 siegreichen Heimspielen am Stück binnen vier Wochen, haben wir unser Ding durchgezogen, uns nicht mit Nebenschauplätzen beschäftigt, haben unseren Stiefel 60 Minuten konsequent beibehalten. Aber uns fehlt die Konstanz.

Die Niederlage in Konstanz sorgte für erheblichen Frust bei den vielen bis zum Bodensee mitgereisten ThSV-Fans..?
Das ist nur allzu verständlich. Es handelte sich schließlich nicht nur um einen kurzen Trip nach Hüttenberg, sondern um eine 1.100 Kilometer-Mehrtagesfahrt. Unsere Fans haben Zeit und viele Kosten investiert, um uns auch in Konstanz zu unterstützen. Ich kann Unmut und Frust verstehen. Unsere Fans unterstützen uns in den Heim- und Auswärtsspielen so genial! Sie verzeihen uns eine Niederlage, wenn wir uns auf dem Parkett zerrissen und alles gegeben haben, völlig abgekämpft hernach in der Kabine sitzen, wir am Limit gespielt haben, der sportliche Gegner aber besser war. Das gehört im Sport dazu. Wir müssen uns endlich auf unsere Stärke besinnen!

Wird Ihnen angesichts des Spielplanes mit dem Heimspiel kommenden Samstag gegen Aufstiegsanwärter Bietigheim und den folgenden 4 schweren Auswärtsspielen am Stück nicht Bange?
Ängstlichkeit bringt uns nicht weiter. Bangemachen gilt ebenso nicht. Wir wissen, wir treffen auf ganz starke Kontrahenten. Das ist nicht wegzudiskutieren. In keinem der anstehenden Spiele sind wir in der Favoritenrolle. Wir müssen aber alles versuchen, um zu punkten. Wir müssen mit voller Konzentration zu Werke gehen, stets das Maximale herausholen.

Wie kommt die Mannschaft aus dem Tal heraus? Was können Sie ganz persönlich beitragen?
Ich wiederhole, wir müssen unsere Stärken konzentriert und konsequent einbringen. Während der „Festspielwochen“ war uns das gelungen. Wir sind mit einer ganz anderen Körpersprache aufgelaufen. Die anschließende 180-Grad-Wendung ist unbegreiflich. Wüssten wir die Ursachen, würden wir sofort korrigieren! Wir müssen und werden alles versuchen, gemeinsam mit unseren Fans, Maximallleistungen abzurufen. Und was mich betrifft, ich muss noch mehr in die Führungsrolle schlüpfen, mehr Verantwortung übernehmen, in schwierigen Situationen den Ball fordern, die Mannschaft führen.

Was ist am Samstag gegen die SG BBM Bietigheim nötig und möglich?
Da kommt ein bestens besetzter heißer Aufstiegskandidat. Ex-Weltmeister Mini Kraus, die Rückraumspieler Jonas Link und Tim Dahlhaus, alles Super-Handballer. Durch den Torhütertransfer am vergangenen Wochenende steht nun mit Aron Edvardsson ein erfahrener 2,05-Meter.Mann im Tor,  neben dem sehr guten Jürgen Müller, der beim Hinspiel meinen letzten Ball pariert hat, sonst hätten wir sogar gewonnen. Im Bietigheimer Team steht ein guter Kreisläufer, der Räume schafft und zugleich ein wichtiger Abwehrspieler ist. Was muss uns gelingen? Eine extrem kompakte Abwehr. Wir dürfen unseren Keeper Blaz Voncina nicht so allein lassen wie in Konstanz. Helfen wir ihm, wie beim Heimsieg über Dormagen, kann er viele Bälle parieren. Wir müssen zu unserem Tempospiel kommen, über die Außen einfache Tore erzielen, um Entlastung zu schaffen. Unsere Probleme im Positionsangriff sind ja leider bekannt. Wir werden uns für unsere Fans und unseren Verein zerreißen, um möglichst zwei Zähler auf der Habenseite einzufahren.

Alex Saul, Danke für die offenen Worte!

Th. Levknecht