Eisenach ehrt in diesen Tagen seine Handballhelden von 1958

Geschichte wird lebendig ThSV Eisenach nahm Werner Aßmann, Wolfgang Eisenhardt, Frieder Singwald und Horst Ehrhardt in die Hall of Fame auf

Der ThSV Eisenach, 1990 hervorgegangen aus der Sektion Handball der BSG Motor Eisenach, ist stolz auf seine Tradition. Er ehrt in diesen Tagen die noch lebenden Helden vom 12, Oktober 1958, also exakt vor 60 Jahren, als Motor Eisenach den Titel des Deutschen Feldhandballmeisters der DDR eroberte. Beim jüngsten Drittligagipfel feierten über 2.000 (!) Zuschauer die noch lebenden Helden von einst, der ThSV Eisenach nahm sie in die Hall of Fame auf. Gänsehaut pur, als sie das Parkett der Halle betraten, die den Namen des Spielertrainers von 1958, Werner Aßmann, trägt. Dieser wurde ebenfalls in die Hall of Fame aufgenommen. Die Stadt Eisenach ehrte das Trio mit einem Empfang im Rathaus, an dem auch Peter Gösel, Präsident des Landessportbundes Thüringen, sowie Shpetim Alaj und Rene Witte, Präsident und Manager des ThSV Eisenach, teilnahmen. Geschichte wurde lebendig, als ein „Sportstafetten“ – Beitrag des DDR-Fernsehens von 1958 über einen Besuch bei Motor Eisenach zu sehen war. Der mdr hatte diesen aus seinen Archiven hervorgekramt. Aufnahmen vom Spiel selbst waren nicht aufzutreiben.

Für die Deutsche Meisterschaft der DDR erhielt jeder 400 Mark

Es hat doch keiner damit gerechnet, dass wir gewinnen, sagt Horst Ehrhardt, neben Frieder Singwald (82 Jahre) und Wolfgang Eisenhardt (87) einer der drei letzten Meister-Helden von 1958.

Mit 13:11 hatten die Männer der Betriebssportgemeinschaft Motor Eisenach in einem packenden Endspiel im Kurt-Wabbel-Stadion in Halle den favorisierten Sportclub Empor Rostock bezwungen. Bei Regen und glitschigem Rasen. „Das war wohl unser Vorteil“, lacht Ehrhardt, der mit 79 Lenzen auch heute noch das Küken des Trios ist, „wir waren etwas kleiner und hatten auf dem nassen Rasen einen besseren Stand.“ Frieder Singwald, der schneidige Angreifer über die Außenpositionen, war mit seinen 1,87 Metern der Riese in der Eisenacher Mannschaft. „Wisst ihr noch?“, fragt er mit leuchtenden Augen in die Runde, „vor uns haben damals die Mädels ihr Finale gespielt. Die aus Rangsdorf waren immer die Hübschen, denen haben wir die Daumen gedrückt.“ Doch gewonnen haben die aus Weißenfels.
„Uns ist das alles noch gegenwärtig“, erklärt Singwald. Per Sonderzug waren 900 Eisenacher nach Halle gereist. Die Mannschaft selbst trat am Spieltag mit einem Bus die Fahrt an. (Anreise am Tag eines solchen Finales, heute nahezu unvorstellbar.) „Wir waren nicht die dicksten Freunde, doch jeder hatte Respekt, gab für den Mitspieler alles“, erinnert sich Singwald. „Ich musste das für mich viel zu kleine Trikot mit der Nummer 8 tragen“, berichtet er lachend. Zweimal wurde in der Woche trainiert. Dafür gab es eine Freistellung vom Betrieb. Für den Titel 1958 gab es für jeden 400 Mark.

Hochachtung für Werner Aßmann
Mit der größten Achtung sprechen sie bis heute von Werner Aßmann. Die Eisenacher Handball-Legende, Auswahlkapitän und späterer Motor-Coach, war 1958 als 34-jähriger Spielertrainer der Meistermannschaft. Einer, zu dem alle aufblickten.

Ohne Werner hätten wir das alles nicht geschafft, sagt Wolfgang Eisenhardt, der einst wie Aßmann aus Calbe nach Eisenach gekommen war.

Wolfgang Eisenhardt, selbst Nationalspieler, den sie noch heute nur „Dotter“ rufen, warf im Finale vier Tore. „Werner Aßmann hat uns Handballtaktik mit seinen Erfahrungen aus der Nationalmannschaft beigebracht“, ergänzt Horst Ehrhardt. Der Nationalspieler, den sie noch heute nur „Dotter“ rufen, warf im Finale vier Tore.

Feld- und Hallenhandball über das Jahr verteilt

Wir waren auch in der Halle erfolgreich. Davon spricht heute keiner, führt Frieder Singwald einen anderen Aspekt ein.

War die Saison auf dem Feld vorüber, begann damals die in der Halle. Im Sommer draußen, im Winter drinnen – in diesem Rhythmus rollte der Handball durchs Jahr. Und auch auf dem einst noch nicht so populären Parkett besaßen die Motor-Handballer Klasse. Zweimal, 1956 und 1957, waren sie vor ihrem Coup schon Vizemeister im Hallenhandball geworden. „Das Spiel auf dem Feld, elf gegen elf, brachte Kondition, die Halle schulte die Technik“, sagt Ehrhardt. Kein Vergleich zu heute. „Der körperliche Einsatz ist viel größer geworden. Wir sind noch mit einem Ersatzspieler ausgekommen. Den haben wir dann aus Mitleid mal mitspielen lassen“, lacht Singwald.

„Es ist schön, dass der Tradition wieder mehr Beachtung geschenkt wird.“
Horst Ehrhardt ist noch regelmäßig bei den Heimspielen des ThSV Eisenach in der Werner-Aßmann-Halle. Frieder Singwald und Wolfgang Eisenhardt nur noch höchst selten. „Natürlich verfolge ich alles per Zeitung“, betont Frieder Singwald. Die derzeitige Mannschaft habe mit ihrer Trainerikone beste Voraussetzungen für die schnelle Rückkehr in die 2. Handballbundesliga. Mit dem 28:22-Sieg im Ligaspitzenspiel über die SG Nußloch sind die Nachfolger des Teams von 1958 auf dem Weg dahin.

Diese Ehrung war eine hoch emotionale Sache. Es ist schön, dass gegenüber den Vorjahren die Tradition wieder mehr Beachtung findet, unterstreicht Horst Ehrhardt.

Am Freitag, den 12.10.2018 treffen sich die drei Helden wie vor 60 Jahren im „Thüringer Hof“, als nach der Rückkehr aus Halle schnell ein paar Tische zusammengestellt wurden. Dieses Mal auf Einladung des ThSV Eisenach!

Anzeige
Anzeige