Eisenach, eine Stadt mit stolzer Handball Tradition… wie sicher ist dessen Zukunft

Handball wird in Eisenach schon lange gespielt und ist als gute Tradition auch ein renommiertes Aushängeschild des Thüringer Städtchens, weil er es über die Grenzen hinaus bekannt macht. Im gewohnten Zwei-Wochen-Rhythmus pilgern die treuen Fans weiterhin in Scharen in die Werner-Aßmann-Halle, aber auch die vom Fan-Projekt gesteuerten Fahrten zu den Auswärtsspielen sind gut besucht und begleitet. Das ehrt die Eisenacher Handballfans und zeigt, dass sie die letzte leidgeprüfte und schwierige Saison, welche leider mit einem Abstieg in die 3. Bundesliga endete, gut verkraftet haben und gemeinsam an der Seite ihrer Mannschaft um einen alsbaldigen Wiederaufstieg kämpfen.

Bisher scheint es beiden Seiten sehr gut zu gelingen. Die Mannschaft spielt unter neuer Geschäftsführung und einem welterfahrenen Spitzentrainer wieder frisch auf, übernimmt schnell die Tabellenführung und tut alles, um diese auch konsequent zu behalten.  Man kann glaube ich ganz gut  erkennen, dass Teamgeist, Zusammenhalt und einheitlicher gemeinschaftlicher  Siegeswille wieder die prägenden Ansätze in der noch im Aufbau befindlichen neuen Mannschaft sind. Aber auch die Fans sind Spitzenreiter in der Statistik der Liga. Mit durchschnittlich 1.500 Zuschauern bei Heimspielen zeigen sie deutlich, welchen Stellenwert der ThSV für sie und die Stadt hat. Gemeinsam sind wir halt doch sehr stark und eine Macht!

Ich schreibe das deshalb so bewusst, weil diese Gemeinsamkeit und der Zusammenhalt in den letzten Jahren und gerade auch in der letzten Saison in Eisenach deutlich zu wünschen übrig ließ. Irgendwie sind diese guten und den sportlichen Erfolg prägenden Ansätze schleichend und ungesteuert verloren gegangen. In einer nach dem letzten Abstieg aus der 1. Bundesliga zerfallenen und demoralisierten Mannschaft gelang es einzelnen Führungspersonen von Verein und Marketing GmbH nicht, wieder ein gemeinsames erfolgreiches Ziel zu definieren und die Mannschaft auch dorthin zu führen. Sie waren selbst zu tief zerstritten und mit ihren Eigenschicksalen beschäftigt. Ausdruck des ganzen Dramas war dann auch die Moral der Mannschaft und der zwangläufige unaufhaltsame Abstieg, den lange in Eisenach keiner wahrhaben wollte.

Aber zum sportlichen Untergang, welchen jeder Zuschauer leibhaftig in der Halle sehen konnte, gab es noch einen zweiten, einen schleichenden und auf den ersten Blick nur schwer erkennbaren und gut getarnten wirtschaftlichen Untergang des ThSV Eisenach. Auch hier wurde der einsetzende und sich konsequent entwickelnde Totalschaden schamlos ignoriert, denn die Verantwortlichen kannten nur noch ein Ziel, die Rettung von Ansehen und eigener Person nach der Kapitulation des Gesamtsystems.

Das ist nun mittlerweile Geschichte und die letzten Versuche, einen vernünftigen Weg zu finden, sind jetzt schon ein Jahr her. Die traurige bisher unbekannte Wahrheit für Eisenach, die Mitglieder und Fans des ThSV ist, dass nur mit Hilfe von einigen wenigen, aber zweifelnden Akteuren, eine Insolvenz sowohl des Vereins als auch der Marketing abgewendet werden konnte. Und das war auch gut so. Es war die richtige Entscheidung des im Februar angetretenen neuen Vorstandes, wohl wissend, welche Hürden noch zu beseitigen waren und sind, denn Altlasten halten sich bekanntlich am längsten, vor allem im Sport, welcher eigene Einnahmen nur begrenzt generieren kann, ganz zu schweigen von Gewinnen zur Tilgung der in die Jahre gekommenen Schulden.

Aber auch hier wieder die Frage warum schreibe ich das, und vor allem erst jetzt, wo doch alles wieder so gut scheint; Euphorie, Glück und Freude wieder durch Siege und gute Stimmung herbeigeführt sind? Der Anfang ist gemacht und jeder merkt, es geht wieder aufwärts.

Doch es ist tatsächlich nur ein guter Anfang und man sollte bei der zum Glück schnell um sich greifenden Euphorie auch ein wenig die noch vorhandenen Probleme realisieren, in dem man offen, kritisch und vorausschauend die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit eines Sportvereins wie den ThSV und seinen Handball hinterfragt. Wer sich damit beschäftigt kommt schnell an die Stelle wo er erkennt, Sport lebt in der heutigen Zeit fast ausschließlich von privatem Geld, eine traurige Tatsache aber absolute Gewissheit.

Der Gestaltungsspielraum der Politik und damit verbundener öffentlicher Gelder ist, wenn überhaupt vorhanden, sehr überschaubar. Wir beschäftigen uns wöchentlich mit diesem Thema, bauen ein Controlling System auf, rechnen und planen, um die wenige Substanz zu erhalten bzw. langfristig neue zu schaffen. Aber auch unsere Möglichkeiten sind leider begrenzt und zudem müssen wir realisieren, dass unsere überlebensnotwendige Kraftquelle, die Sponsorentätigkeit, schwächer wird bzw. an mancher Stelle ganz versiegt.

Manch einer, der uns vor einem Jahr noch mit Hilfe überschütten wollte, wenn wir doch endlich diesen undankbaren Job auf gemeinnütziger Basis antreten, hat nun die besten Argumente, dass man doch in der dritten Liga gar nicht so viel Geld braucht. Man solle doch erstmal wieder aufsteigen!

Nun gut, auch ein theoretisches Argument. Wer alles gut beobachtet, erkennt ganz schnell, dass in der 3. Liga auch richtig Handball gespielt wird und jeder in der Liga nur ein Ziel hat, Eisenach zu schlagen weil das Vereinsgeschichte schreibt. Rodgau hat es schon geschafft. Hoffen wir, es bleibt auch dabei.

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Nein, wir hoffen nicht! Das haben wir im letzten Jahr zu oft vergebens getan. Wir arbeiten täglich daran, und zwar mit dem ganz klaren Ziel des Wiederaufstieges. Und dies tun wir übrigens gemeinsam Mannschaft, Trainer und Geschäfts- bzw. Vereinsleitung. Alle ziehen an einem Strang.

Im günstigsten Fall gewinnt im Sport immer die beste Mannschaft. Na klar, manchmal auch nicht. Aber die beste Mannschaft besteht immer aus den besten Spielern, und es ist unsere Aufgabe, diese zu finden und für Eisenach und die Dritte Liga zu begeistern und ihnen eine Perspektive zu bieten für die nächsten Jahre, wieder auf einem anderen Parkett mit einer zukunftsträchtigen Vision. Um erfolgreich zu sein und zu bleiben, müssen wir uns ständig erneuern und gut besetzen.

Aber es wäre Illusion zu denken, die Jungs geben alles nur für unsere Vision 2. Liga, vor allem auch ihre Gesundheit. Damit wir samstags unseren Spaß haben, und Siege feiern können! Nein sie tun das ganz nebenbei auch um davon zu leben, und manche sogar mit Familie. Aber auch dafür sind wir dann verantwortlich, denn es ist so wie im richtigen Leben: Am Monatsende will jeder und am besten pünktlich sein Geld.

So, wer mir auch ein bisschen zwischen den Zeilen gefolgt ist, weiß ganz schnell, um was es geht. Wir, der neue Vorstand und Manager, haben alles unternommen, um in Eisenach wieder guten und hochklassigen Handball zu spielen. Manche Entscheidung dazu war sehr schwierig und emotional. Aber wir glauben sportlich auf einem gutem Weg zu sein und haben unbegrenztes Vertrauen in Trainer und  Mannschaft.

Allerdings ist uns mittlerweile auch bewusst, dass die Latte einer mittel- und langfristigen und planbaren Stabilität des ThSV nicht nur in unserer Hand liegt. Irgendwann wird es den wenigen größeren Sponsoren, die übrigens zu 90 Prozent nicht aus Eisenach kommen, auch zu viel. Bitte versteht mich an dieser Stelle nicht falsch. Deshalb hier auch gleich ein riesiges Dankeschön an alle Sponsoren, egal in welcher Höhe sie einen Beitrag geleistet haben. Es zählt jeder Euro und  auf jeden von euch sind wir stolz.

Aber ich habe die großen Sponsoren trotzdem bewusst erwähnt, denn es gibt auch in Eisenach viele große Betriebe und es sind diese Firmen, die wir langfristig auch gewinnen wollen und müssen, denn wir brauchen sie einfach. Viele gute Mitarbeiter dieser Firmen kommen ständig zu uns zum Handball und würden sich vielleicht auch freuen, wenn ihre Arbeitgeber im Sponsoring erwähnt werden und zu einem Erfolg des Eisenacher Handballs beitragen.

Eins ist gewiss, wenn wir den Handball für Eisenach und die gesamte Region, den Tourismus und die Popularität der Stadt erhalten wollen, müssen auch hier die gesamten alten und viele, der Sache verbundenen neuen Kräfte an einem Strang ziehen. Es ist glaube ich nicht verwerflich zu sagen, dass dieses Projekt die Unterstützung einer großen Fangemeinde aus euphorischen Fans, Mitgliedern des Vereins, Politik und Wirtschaft benötigt, um erfolgreich zu sein. Packen wir es an, gemeinsam sind wir eine Macht, wie auch in der Halle!

So wie jetzt und alleine ist es fast aussichtslos oder endet wieder im Chaos; das brauchen wir nicht noch einmal. Diesmal sagen wir euch rechtzeitig, ob sich diese Stadt Bundesliga Handball leisten kann oder doch lieber Breitensport betreiben sollte. Wir müssen es auch nervlich aushalten können, die Zeiten einer Betriebssportgemeinschaft ohne Sorgen sind leider vorbei. Willkommen in unserer Welt!

Herzlichst und  mit sportlichen Grüßen Peter Krauß

Vize Präsident des ThSV Eisenach  

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