Fachaustausch: Mal ehrlich

am 22.05.2023 im Diakonischen Bildungsinstitut Johannes Falk gGmbH Eisenach
– Fachleute aus Verwaltung, Pädagogik und Pflege diskutieren über Inklusion und Teilhabe
– Menschen mit Behinderungen beteiligen sich rege mit eigenen Beiträgen

Die UN-Behindertenrechtskonvention auf dem Prüfstand in Eisenach und dem Wartburgkreis mit einem besonderen Blick auf personenkonzentrierte Komplexleistungen

Inklusion ist ein Menschenrecht. Aber was braucht es genau, damit Menschen mit Behinderungen ihren Platz in der Gesellschaft frei und ohne Einschränkungen einnehmen können?
Vor 15 Jahren, im Jahr 2008 trat das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention = BRK) in Kraft. 185 Staaten haben diese Konvention bisher ratifiziert. Das Diakonische Bildungsinstitut Johannes Falk gGmbH bietet seit vielen Jahren mit seiner Bildungsakademie umfangreiche Bildungsangebote u.a. zu diesen Themen an. Derzeit beschäftigen sich elf Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen im Rahmen eines durch das Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport geförderten Projekts mit dem Thema der UN-Behindertenrechtskonvention. Eine wichtige Möglichkeit zu Teilhabe an öffentlichen, politischen Diskursen bot die jüngste Veranstaltung. Fachleute aus Verwaltung, Pädagogik und Pflege informierten über den aktuellen Stand der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Freistaat Thüringen und speziell im Wartburgkreis.

Die Referenten waren:
Nicole Briechle, Kommunale Beauftragte für Menschen mit Behinderungen und Bürgerbeauftragte im Wartburgkreis
Markus Lorenz, Stellvertretender Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderungen, Leiter der Landesfachstelle für Barrierefreiheit im Freistaat Thüringen
Laura Welsch, Stiftung Rehabilitationszentrum Thüringer Wald, Schwerpunkt: Personenkonzentrierte Komplexleistungen

Markus Lorenz berichtete aus der Arbeit des Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport. Der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen hatte jüngst alle 24 Thüringer Gebietskörperschaften nach dem Stand der Umsetzung der UN-BKR gefragt. 22 Landkreise und kreisfreie Städte antworteten. Die Sachlage stellt sich unterschiedlich dar. Der Freistaat hat erkannt, dass die Verwaltungen vor Ort noch Unterstützung benötigen. Eine zentrale Bildungs- und Forschungsstelle an einer Hochschule soll aufgebaut werden. Diese wird dann in der Lage sein, die Kommunen zu beraten.

Die Arbeit der Beauftragten für Menschen mit Behinderungen im Wartburgkreis ist sehr vielfältig. Nicole Biechle berichtete anschaulich und engagiert aus ihrer Arbeit. 33.713 Menschen müssen ihren Alltag mit Beeinträchtigen bewältigen. Das ist jeder fünfte Mensch im Wartburgkreis. Die Aufgabe der Beauftragten für Menschen mit Behinderungen ist es zum Beispiel, den Bau jeder Bushaltestelle, jeder Schule und jedes Verwaltungsgebäudes auf Barrierefreiheit hin zu prüfen. Am wichtigsten sind ihr die persönlichen Beratungsgespräche. Dafür nimmt sie so manche lange Anfahrt im flächenmäßig großen Wartburgkreis in Kauf. Personenzentrierte Komplexleistungen (PKL) spielen bei der Verbesserung der Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderungen eine große Rolle. Das sind aufsuchende Leistungen unter Einbeziehung von Ressourcen und Gegebenheiten des Umfeldes. Die zu begleitenden Menschen leben im eigenen Wohnraum und erhalten individuelle Unterstützungen in allen Lebensbereichen und zu jedem Zeitpunkt. Frau Biechle berichtet zudem über die Arbeit am Maßnahmenplan zur Umsetzung der UN-BRK. Eine Bedarfserhebung wurde gemacht. An der Auftaktveranstaltung am 10.11.2022 nahmen 50 Personen teil, was als Erfolg gewertet wird. Inklusion im Wartburgkreis soll gelingen – die Beauftragte zeigte sich positiv gestimmt.

Fahrt nahm die Veranstaltung auf als die Zielgruppe selbst zu Wort kam. Fünf Menschen mit Behinderungen aus dem Projekt „Das Menschenrecht ist des Menschen Recht?! – Auf der Spur der UN-Behindertenrechtskonvention“ stellten ihre zuvor in größerer Runde erarbeiteten Fragen zu den Themen Arbeit, Freizeit, Beratung und Wohnen. Die Fachleute aus den unterschiedlichen Bereichen beantworteten alle Fragen und nahmen die Impulse auf.

Die Veranstaltung war die dritte dieser Art in Eisenach. Die Leiterin der Bildungsakademie Frau Juliane Lotz bestärkte das Vorgehen aller Beteiligten mit dem Zitat von Raúl Aguayo-Krauthausen:
„Wer Inklusion will, findet einen Weg. Wer sie nicht will, findet Ausreden.“

Alexandra Husemeyer

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