Leo – einer aus der erfolgreichen Garde von Motor Eisenach – wurde 75

Der ehemaliger Erstliga-Torwart Rainer Lehmann feiert am Freitag Geburtstag

Rainer Lehmann,  am 16.04.1946 in Pirna geboren, nach einer kurzen Stippvisite beim Fußball im Alter von 13 Jahren von Schulfreunden zum Handball (damals Großfeldhandball) bei Lok Pirna mitgenommen und gleich im Tor landend, nach guten Leistungen in der Bezirksauswahl zum ASK Vorwärts Berlin und zu dessen Stützpunkt nach Straußberg, kam im September 1969 in die Wartburgstadt, stieg beruflich in den Werkzeugbau des Automobilwerkes Eisenach, dem Trägerbetrieb der viele Sektionen und 2.000 Mitglieder umfassenden BSG Motor Eisenach, ein. Der „Jungspund“ hatte es zunächst schwer, sich im Konkurrenzkampf mit den etliche Jahre älteren Torhüterduo Wolfgang Tondock und Hermann Zöllner zu behaupten. Überhaupt, die älteren gestandenen Spieler, wie Frieder Singwald und Horst Ehrhardt (beide 1958 Deutsche Meister im Feldhandball der DDR), gaben in der Mannschaft um Trainer Horst Schmidt den Ton an. Werner Aßmann, Spielertrainer 1958, wurde noch einmal in das Traineramt zurückgeholt.

Als junge ledige Sportler sind wir schon mal zusammen um die Häuser gezogen, erinnert sich sein einstiger Mannschaftskollege Rainer Osmann, der nach der Wiedervereinigung Deutschlands als Trainer, den aus der Sektion Handball der BSG Motor Eisenach gegründeten ThSV Eisenach in die 1. Handballbundesliga führte. Wir sind heute noch befreundet, unterstreicht Rainer Osmann.

Am Freitag, 16.04.2021 feierte „Leo“ seinen 75. Geburtstag. Von 1969 bis 1979 gehörte Rainer Lehmann zum Torhüterteam von Motor Eisenach. In die Schar der Gratulanten reihte sich auch eine Abordnung des ThSV Eisenach mit Cheftrainer Markus Murfuni sowie Pressesprecher und Ehrenmitglied Thomas Levknecht ein. Ein besonders Trikot mit der Nummer 75 und der Aufschrift „Leo“ sowie einen Präsentkorb überreichten die ThSV-Vertreter, verbunden mit den besten Wünschen an den Jubilar. Natürlich wurde auch über die aktuelle Lage beim Flaggschiff des Thüringer Männer-Handballs gefachsimpelt. Bis zur Corona-Pandemie gehörte Rainer Lehmann stets zu den Besuchern der ThSV-Bundesliga-Heimspiele, hofft, alsbald wieder im Block A seinen Platz einnehmen zu können. (Das Zweitbundesligaspiel des ThSV Eisenach am Tag darauf (17.04.21) gegen den TV Großwallstadt wurde aufgrund eines positiven Corona-Tests in den Reihen der Gäste kurzfristig abgesagt.)

Ab Mitte der 70er Jahre stieg die Leistungskurve bei Motor Eisenach

 Wir waren überwiegend AWE-Angestellte, trainierten Montag bis Freitag jeweils am Nachmittag. Mit Blick, beste BSG-Mannschaft zu werden, bekamen wir die Freistellung zum zusätzlichen zweimaligen Vormittagstraining, berichtet Rainer Lehmann, den alle bis heute nur „Leo“ rufen.

Mit der Übernahme des Traineramtes durch Hans-Joachim Ursinus zur Saison 1973/74 zog ein neuer sportwissenschaftlich fundierter Wind ein, stiegen die Trainingsanforderungen, zeigte die Leistungskurve der Mannschaft kontinuierlich nach oben. Der als WM-Torschützenkönig nach Zerwürfnissen mit der DDR-Sportführung aus Leipzig zur kleinen BSG Motor Eisenach gekommene Karl-Heinz Rost brachte ganz viel Qualität ein.

Wer waren die gefürchtetsten Werfer auf der Gegenseite? Rainer Lehmann nennt den Magdeburger Kanonier Heinz Flacke, die Leipziger Axel Kählert und Karl-Heinz Rost (später auch in Eisenach), die Rostocker Rainer Ganschow und Wolfgang Böhme, Joachim Steinbach und Georg Rotenburger von Wismut Aue. Wer gehörten zu den Mannschaftskollegen bei Motor Eisenach? Stellvertretend nennt Rainer Lehmann Diplom-Sportlehrer Hans-Joachim Ursinus als Trainer, sowie die Feldspieler Lutz Sinke, Rainer Osmann, Rainer Prill, Jochen Mascher, Gerhard Wagner, Viktor Eiser und den ganz jung von der Leichtathletik gekommenen Jürgen „Bongo“ Beck. Zu seinen Torhüterkollegen zählten Hermann Zöllner, Volker Jakowanis (aus der eigenen A-Jugend aufgerückt), Roland Kaschel, der aus Leipzig gekommene Peter Witsche und der auch aus den eigenen Nachwuchsreihen aufgerückte blutjunge Stefan Scheidt.

Rainer Lehmann nahm 1972 ein Ingenieur-Studium an der Hochschule in Schmalkalden auf.

Arbeit, Training, Punktspiele, Studium, das war eine schwere Zeit, blickt er zurück.

Nach erfolgreichem Abschluss 1977 arbeitete Rainer Lehmann als Technologe in der Arbeitsvorbereitung des VEB Automobilwerkes Eisenach. Im Jahr 1979 beendete er seine aktive Laufbahn, engagierte sich im Anschluss als Übungsleiter bei Motor und dem ThSV Eisenach. Als Übungsleiter gehörte auch sein Sohn Karsten zu seinen Schützlingen. Dieser trat in die Fußstapfen seines Vaters, war während seiner Torhüter-Laufbahn für den ASK Vorwärts Frankfurt/Oder, Eschwege, Rotenburg, Gensungen, Melsungen, Aue und den ThSV Eisenach (hier geneinsam mit Frode Scheie und Dragan Jerkovic) aktiv.

Ich war auch Bezirksauswahltrainer verschiedener Altersklassen im Nachwuchs. Mit der Bezirksauswahl AK 12 eroberte ich den DDR-Meister-Titel, berichtet Rainer Lehmann, seit über 50 Jahren Vereinsmitglied, nicht ohne Stolz.

Zu den von ihm dann zu ThSV-Zeiten trainierten Talenten gehörten sein Sohn Karten, der spätere Nationalspieler Stephan Just, Torhüter Frank Anschütz sowie die Feldspieler Philipp Karbe und Michael Graubner sowie Rene Witte, der heutige Manager des ThSV Eisenach.

An was erinnert sich „Leo“ Lehmann:

In einem um den Klassenerhalt enorm wichtigen Spiel bei ZAB Dessau, einem unserer Dauerkontrahenten in Sachen Ligaverbleib, blutete nach einem Flaschenwurf aus den Zuschauerreihen die Wade unseres Spielers Frieder Singwald. Die Schiedsrichter brachen die Partie, in der Dessau in Führung lag, ab. Das anberaumte Wiederholungsspiel in neutraler Halle in Ronneburg haben wir dann gewonnen, erinnert sich Rainer Lehmann, von 1969 bis 1979 Torhüter der in der obersten Handball-Liga der ehemaligen DDR (der Oberliga) spielenden Männer von Motor Eisenach.

Diese Liga umfasste gerade einmal 10 Mannschaften, fünf Sportclubs und fünf BSG-Mannschaften, die in Doppelspielen Samstagnachmittag und Sonntagfrüh ihre Punktspiele absolvierten. Die Halbserien wurden also rasch durchgepeitscht. Zwischen 1969/70 und 1975/76 gab es keine direkten Auf- und Absteiger, sondern jeweils Relegationsrunden der beiden Erstliga-Letzten (9.,10.) und den beiden Staffelsiegern der 2. Liga (der DDR-Liga) in Hin- und Rückspiel). Zwei dieser vier Mannschaften stiegen auf bzw. blieben im Oberhaus. Dadurch schaffte Motor Eisenach gleich 6 Mal den Klassenerhalt.

Ein Entscheidungsspiel in einer dieser Quali-Runden in Halle-Neustadt gegen Chemie Premnitz sah uns erst nach zweimaliger Verlängerung als hauchdünnen Sieger. Gerhard Wagner verwandelte per Heber den alles entscheidenden Siebenmeter, weiß Rainer Lehmann zu berichten. Jochen Mascher hatte mir zuvor noch extra gesagt, mach ja keinen Heber, grinst Gerhard Wagner noch heute in Erinnerung dieser Szene.

In der kleinen engen Jahnsporthalle, der Heimstätte von Motor Eisenach, wurde auch den privilegierten Sportclubs das Fürchten gelehrt.

Alle hatten gehörigen Respekt, unterstreicht Rainer Lehmann.

Viele der Ligakonkurrenten spielten schon in großen Hallen, kamen dann in den ehemaligen Pferdestall der „Kasernierten Volkspolizei“ nach Eisenach. Nahezu 500 Zuschauer in der Halle und außen an den Fenstern sorgten für eine einzigartige Atmosphäre. Selbst Tage zuvor im Europapokal erfolgreiche Clubs ließen hier Federn. Nach einem Sieg über den SC Magdeburg titelte die damalige Bezirkszeitung „Das Volk“: „Im Motor-Tor stand der Beste“. Gemeint war Rainer „Leo“ Lehmann.

Th. Levknecht

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