Leserbrief: Ausverkauf der Stadt Eisenach

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Als Inhaber einer Ehrenmedaille der Stadt Eisenach, sehe ich mich genötigt, einen kritischen Leserbrief zur Politik der Oberbürgermeisterin zu veröffentlichen:

Ausverkauf der Stadt Eisenach

Nachdem schon viele Argumente gegen den von Frau Wolf und Herrn Krebs ausgehandelten Eingliederungsvertrag Stadt Eisenach-Wartburgkreis vorgebracht worden sind, haben sich auch die Lehrer der Schulen gegen den Ausverkauf der Stadt ausgesprochen. Nach dem Entwurf bleibt für die Stadt keine Eigenverantwortung mehr übrig. Nachdem Katasteramt, Finanzamt, Polizei und Orchester nach Gotha, das Arbeitsgericht nach Suhl und die Kirchenverwaltung nach Erfurt abgewandert sind, wird auch noch befürchtet, dass das Amtsgericht nach Bad Salzungen verlegt wird, wo das Landratsamt bleiben soll. Das gehört aber da hin, wo die Wartburg liegt, die dem Kreise den Namen gab, nämlich zur Wartburgstadt Eisenach. Wenn nun auch noch Opel und damit verbundene Betriebe reduzieren, hat Eisenach nur noch den Status einer Landgemeinde. Dann wird die Bahn auch noch den ICE-Halt einstellen, denn wer hat dann noch Interesse an Eisenach. Immer mehr Leute werden die Stadt verlassen, weil sie nichts mehr bietet.

Wenn Frau Wolf darauf abhebt, dass sie gewählt wurde, sollte sie nicht verschweigen, dass sie lediglich von 20 Prozent der Bevölkerung gewählt wurde und das waren sicher nur die übrig gebliebenen Genossen der alten SED-Diktatur. Wenn Frau Wolf nichts weiter als den Ausverkauf der Stadt fertig bringt, weil sie kein Interesse an Stadt und seiner geschichtlichen und kulturellen Vergangenheit hat und auch nicht bereit ist, dazu zu lernen, soll sie ihr Amt niederlegen. Sie hat zum Beispiel die 200-Jahrfeier des Wartburgfestes der Burschenschaften boykottiert aus rein ideologischen Gründen, weil sich einmal ein Mitglied fremdenfeindlich geäußert hat. Dabei wollte sie nichts davon hören, dass dieses Fest die erste Veranstaltung für die Einheit Deutschlands war, bei dem die Jenaer Studenten mit dem Schwung der Freiheitskriege gegen Absolutismus und Kleinstaaterei demonstrierten und bei der eine Eisenacherin die farbenfrohe deutsche Fahne für Einigkeit und Recht und Freiheit Schwarz-Rot-Gold erfunden hat. Das war ein bedeutendes Ereignis für die Stadt, aus dem man „Kapital“ hätte schlagen können. Die Jenaer Studenten waren zur Erinnerung an die Freiheitskriege mit einem weinrot-schwarzen Wimpel in den Farben der Lützower Jägeruniform erschienen, wie er jetzt noch auf der Wartburg zu sehen ist. Das war der Eisenacherin mit Recht zu trist. Sie hat deshalb vorgeschlagen, noch die goldenen Knöpfe dazu zu nehmen, daher Schwarz-Rot-Gold. Das gerät aber langsam in Vergessenheit, denn neulich hat schon ein Sportberichterstatter von Schwarz-Rot-Gelb gesprochen, wie sonst üblich.

Ich habe als alter Eisenacher der Stadt viel zu verdanken. Ich habe hier mit guten Lehrern in Volksschule und Gymnasium eine gute Ausbildung erhalten und durch Mitwirkung im Bachchor unter Erhard Mauersberger und im Posaunenchor unter Moritz Mitzenheim sowie als Mitglied im Theaterring Kontakt zur Kultur bekommen. Ich wollte daher durch mein Engagement der Stadt etwas zurückgeben. Ich habe mit erheblichem finanziellen Aufwand für die Restaurierung des Nikolaitors und damit für die Erhaltung des romanischen Ensembles Nikolaikirche-Nikolaitor, das als zweites Wahrzeichen Eisenachs gelten kann, gesorgt. Ich habe Dr. Oefner dazu gebracht, den Telemannplatz zu schaffen und dafür die Stele gestiftet. Ich habe weiterhin Vereine und Institutionen der Stadt mit meinen hart erarbeiteten Ersparnissen unterstützt.

Nur gegen das ideologisch bedingte bürgerfeindliche Verkehrskonzept der Frau Wolf, das sie offensichtlich nach DDR-Manier diktieren will, wehre ich mich. Sie scheint alle entsprechenden Mitarbeiter der Stadtverwaltung unter Druck zu setzen, denn keiner von denen mit denen ich bisher gut zusammen gearbeitet habe, will mit mir darüber sprechen. Sie haben sicher Sorge, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Einen, den früheren Baudezernenten Ludwig, hat sie schon dazu gebracht das Handtuch zu werfen. Der konnte das, weil er noch in Bad Kreuznach zu Hause war und in Trier eine neue Arbeitsstelle gefunden hat. Die anderen sind an Eisenach gebunden. Nur eine Dame von der Stadtplanung ist sogar der Ansicht, dass für den Stadtverkehr in Eisenach Rennbahn und Wartburgallee ausreichend wären und an das vorgelegte Konzept würden sich die Eisenacher schon gewöhnen. Sie ist aus Sachsen-Anhalt zugewandert.

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Das vorgeschlagene Verkehrskonzept halte ich für einen Krampf. Ich habe nicht für die Schließung des Nikolaitores gespendet, sondern dass es wie bisher für den Verkehr als Tor zur Stadt zur Verfügung steht und nicht als Museumsstück betrachtet wird. Dafür habe ich es geschafft, alle Bedenken des Denkmalschutzes und des Restaurators wegen Beschädigungen durch Erschütterungen oder Spritzwasser auszuräumen. Die Vorstellung der Dame von der Stadtplanung, dass Fußgänger durch das Tor gehen würden, um die frisch gestrichene Decke zu bewundern, halte ich für ein Hirngespinst, ebenso dass neben dem Tor Tische vor den Fenstern des Zwingers aufgestellt werden könnten. Wer will sich schon vor den tieferliegenden Fenstern, von denen aus man Damen unter den Rock schauen kann, bewirten lassen. Dass eine Verkehrsberuhigung auf dem Karlsplatz nötig ist und auch mehr Platz für eine Außenbewirtschaftung ist unbestritten. Ich habe dafür vorgeschlagen, den Verkehrsfluss umzukehren, den Ost-West-Verkehr durch das nördliche Tor vom Bahnhof durch die Alexanderstraße zum Schwarzen Brunnen zu führen. Damit wird eine Kurverei um das scharfe Eck an der Schillerstraße vermieden und ein flüssiger Verkehr gewährleistet. Der Gegenverkehr kann über die Goldschmiedenstraße-Karlsplatz-Nikolaitor zum ZOB zurückfließen. Damit ist auch die doppelte Kreuzung des Verkehrs an Nikolaikirche und Schwarzem Brunnen vermieden und auch da gibt es einen flüssigen Verkehr.

Ich habe das Frau Wolf bereits persönlich geschrieben, und nachdem ich keine Antwort erhalten habe, versucht über einen Leserbrief an die Öffentlichkeit zu bringen. Der ist sicher auf ihr Einwirken hin von ihrem Spezi Rossbach nicht veröffentlicht worden.

Fremde haben mehr Verständnis für Eisenach. Die Dortmunder Gruppe, die ein Kulturkonzept ausarbeitet, hat sofort erkannt, dass unsere „kleine Stadt“ eine große und vielseitige Vergangenheit hat. Daher ist es dringend erforderlich, dass diese in einem eigenen Stadtmuseum dargestellt wird, wie es in den meisten Städten geschieht. Ich plädiere schon seit zehn Jahren dafür, bin aber anfangs auf keine Gegenliebe gestoßen. Später hatte ich einige zuständige Stellen davon überzeugt. Es wurde erst einmal eine Art Einführungsausstellung geplant, für die ich die für die Stadt nötigen Mittel überwiesen habe. Leider konnte das Projekt nicht ausgeführt werden, weil es nach der letzten Landtagswahl lange keinen Haushalt und damit keine Fördermittel gab. Meine Zuwendungen liegen hoffentlich noch auf dem Verwahrkonto. Ich hatte auch vorgesehen, dass, wenn nach meinem Ableben noch etwas von meinem Ersparten übrig bleibt, das der Stadt dafür vermacht wird. Bei dem jetzigen Ausverkauf der Stadt habe ich das geändert und gebe es der Diakonie und einigen Vereinen.

Außerdem gebe ich, wenn das Nikolaitor offensichtlich auf diktatorischen Druck von Frau Wolf geschlossen wird, die mir vom Stadtrat für mein Engagement für die Stadt verliehene Ehrenmedaille an die Stadt zurück. Ich kann keine Ehrung akzeptieren, wenn anschließend mein Engagement zum Nachteil der Bürger missbraucht wird.

Ich habe 1954 die totalitäre DDR verlassen, um nicht Gefahr zu laufen, mit Kritik an Unrecht und Willkür des Staates in Bautzen zu landen. Ich bin aber 2003 nicht nach Eisenach zurückgekehrt, um jetzt kritiklos unter dem Diktat einer Person zu leben, die der Nachfolgepartei der SED angehört.

Fritz Walther

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