ThSV Eisenach verabschiedet seinen Rekordspieler

„Ich bin stolz auf diese Zeit!

Der Dienstälteste und Rekordspieler geht. Nach 21 Jahren wird Adrian Wöhler vom ThSV Eisenach verabschiedet. 

Adrian Wöhler hält alle Rekorde beim ThSV Eisenach: die meisten Pflichtspiel-Einsätze, die meisten Jahre in der 1. Mannschaft, die meisten Tore! 535 Pflichtspiele (Punktspiele in der 1., 2. und ein Jahr in der 3. Liga, dazu DHB-Pokalspiele), 1213 Tore zwischen 2005 und 2022. Im Verein ist der heute 35-Jährige bereits seit dem Herbst 2001, als er als 14-Jähriger aus dem Eichsfeld, aus Dingelstädt, nach Eisenach kam, seinerzeit mit einer „Sondergenehmigung“ als C-Jugendlicher im Sportinternat Quartier bezog. „Ich bin praktisch mit 15 bis 18 Geschwistern aufgewachsen“, blickt er zurück. Er durchlief alle Nachwuchsteams, spielte hier zumeist an der Kreismitte, legte gemeinsam mit Stefan Kneer sein Abitur am Elisabeth-Gymnasium ab, schaffte über die 2. Männermannschaft den Sprung in den Bundesligakader. Hier wurde er zum Linksaußen umfunktioniert. „Mit meinen 81 Kilogramm wurde ich im Männerbereich für den Kreis als zu leicht befunden. Andrej Kastelic war seinerzeit die Nummer 1 auf Linksaußen. Jacob Schlichter sollte als junger Spieler an seine Seite rücken. Doch er entschied sich für ein Studium in Leipzig. So rückte ich auf die Linksaußenposition. Im Jahr 2007 kehrte mein Bruder Karsten aus Melsungen zurück. Wir beide besetzten dann zwei Jahre die Linksaußenposition. Ich habe bei Trainer Achim Ursinus auch viel auf Rechtsaußen gespielt. Manche Mitspieler meinten, ich werfe von Rechtsaußen besser als von Linksaußen…“, erinnert sich Adrian Wöhler, inzwischen mit Alexandra Scheidt, der Tochter des ehemaligen Eisenacher Keepers Stefan Scheidt, verheiratet. Sie freuen sich über zwei gemeinsame Kinder, Klara Aurelia (5 Jahre) und Valentin (8). Adrian Wöhler unterstreicht stets, dass seine Frau ihm in all den Jahren den Rücken freigehalten hat. „Sport mit der Mannschaft hat über viele Jahre mein Leben ausgemacht.  Ich durfte tolle Menschen kennenlernen, auf und neben dem Parkett.“ Und: „Ich bin stolz auf diese Profizeit, eingeschlossen sportliche Höhen und Tiefen, private Höhen und Tiefen. Ich werde Handball-Eisenach ewig verbunden bleiben.“

Noch keine Lust auf Handball-Rente

Am Samstag, 11.06.2022, mit dem Zweitbundesliga-Heimspiel gegen die Rimpar-Wölfe (Anwurf um 18.00 Uhr in der Werner-Aßmann-Halle) endet für „Addi“ Wöhler die 21-jährige Liaison mit dem ThSV Eisenach. In „Handball-Rente“ geht er nicht. „Ich fühle mich fit, habe weiterhin viel Spaß am Handball. Studium in Erfurt, Familie in Eisenach, ein Haus gebaut, die Praxis meiner Partnerin, das gebe ich nicht alles auf, um vielleicht 400 Kilometer weg weiterhin in der Handballbundesliga zu spielen“, erläutert Adrian Wöhler. Er spielt kommende Saison für den unterfränkischen Drittliga-Absteiger HSC Bad Neustadt, trainiert vom ehemaligen Eisenacher Frank Ihl. Dort wurde Adrian Wöhler als „Allorunder“ angekündigt. „Wie stets, egal wo mich der Trainer hinstellt, auf den Kreispositionen oder im Rückraum, ich gebe Vollgas“, erklärt Adrian Wöhler. Gern hätte er mit Noah Streckhardt zusammengespielt, doch der knapp 23-jährige Ex-Eisenacher wechselt studienbedingt vom HSC Bad Neustadt nach Willstätt (Baden-Württemberg). Die Trainingsumfänge werden sich für Adrian Wöhler verringern. „Vielleicht 3- oder 4-mal in der Woche. Es muss auch zu meinen Modulen beim Studium passen“, erläutert der Neuzugang der „Rotmilanen“, wie sich der HSC Bad Neustadt selbst nennt. Adrian Wöhler fasziniert der Handball auch weiterhin als „relativ kompakte Sportart: strategisch, körperlich, schnell, ausdauernd, einfach attraktiv.“ 

Auch als künftiger Grundschullehrer ein „Allrounder“

Beruflich sind die Pflöcke eingeschlagen. Er studiert in Erfurt, ein zweijähriges Masterstudium ist gerade angesagt. Ein Referendariat in Eisenach oder Umgebung soll folgen. Grundschullehrer für Sport, Mathematik, Deutsch und Sachkunde ist das Ziel. Also ein Allrounder. Angesichts des Lehrermangels ist er auf dem Bildungssektor herzlich willkommen. Ein Praktikum in der Jakobschule hat er schon absolviert, eines in der Mosewaldschule steht an. 

Hannes Jon Jonsson war schon was ganz Besonderes!

„Jeder Trainer hat mich auf irgendeine Weise geprägt, menschlich und handballerisch. Ich habe versucht, mit allen in der Mannschaft und im Umfeld zurechtzukommen. Ich habe mich stets bemüht. Ob es mir gelungen ist, müssen andere beurteilen“, so Adrian Wöhler. Welche Mitspieler sind ihm in Erinnerung geblieben? „Da ist klar an erster Stelle Hannes Jon Jonsson zu nennen. So einem Typ Spieler und Mensch bin ich nicht wieder begegnet. Ein absolutes Vorbild, ein Leitwolf, vom Charakter besonders prägend. Ich durfte viele gute Mitspieler kennenlernen. Stellvertretend, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, möchte ich Kristian Szep-Kis, Benjamin Trautvetter, Tomas Sklenak, Girts Lilienfelds, Alexander Koke, Aivis Jurdzs, Nicolai Hansen, Duje Miljak, Nick Heinemann und natürlich Daniel Luther, mit dem ich über all die Jahre zusammengespielt habe, nennen.“ Gegenspieler, auf die er in den vielen Jahren getroffen ist, waren beispielsweise Tobias Hahn, Florian Billek, Christian Rompf und Robert Weber. 

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In einem Zweitliga-Punktspiel 13 Treffer 

Was waren seine wichtigsten Treffer? „In der Saison 2017/2018 traf ich in letzter Sekunde mit einem Wurf aus der eigenen Hälfte zum Sieg beim Wilhelmshavener HV und zum Strohhalm im Abstiegskampf. Letztendlich stiegen wir doch in die 3. Liga ab. Im ersten Jahr unter Velimir Petkovic gelangen mir beim Heimsieg in der 1. Liga über Balingen-Weilstetten in den letzten 20 Minuten 4 wichtige Treffer.“ Adrian Wöhler ergänzt: „In einem Punktspiel in der 2. Liga Süd gegen den TV Korschenbroich gelangen mir 13 Tore. Das vergesse ich nicht. Achim Ursinus war der erste Trainer, der mir mehr Spielanteile einräumte. Die Zusammenarbeit mit Christoph Jauernik war sehr schön. Und auch die zwei Jahre mit Sead Hasanefendic als Trainer stufe ich als sehr positiv ein. Sternstunden waren natürlich die Aufstiege in die 1. Bundesliga. Gern erinnere ich mich aber auch an den Rückaufstieg in die 2. Bundesliga. Negativ, der Abstieg in die 3. Liga, ja die gesamte Abstiegssaison. Die Vorsaison hatten wir unter Trainer Christoph Jauernik mit einem respektablen 8. Platz abgeschlossen. Den Abstieg haben wir als Mannschaft verbockt. Da trugen weder Trainer oder Manager die Schuld.“ Markante Begebenheiten habe es etliche gegeben. Ereignisse, die nur im Mannschaftssport zu erleben seien.  „Im Heimspiel gegen Delitzsch war der Steilpass auf mich eigentlich zu lange, der gegnerische Torwart lief zur Ballaufnahme schon Richtung Eckfahne, doch ich erreichte das Leder noch und versenkte es. Unser damaliger Trainer Hans-Joachim Ursinus war begeistert.“

Hauptsache scharf

Welche Wurftechnik bevorzugt Adrian Wöhler? „Ich bin kein großer Techniker. Ich bin, wie erwähnt, kein gelernter Außen. Ich springe so gut wie möglich ab und versuche das Leder im Tor unterzubringen. Hauptsache scharf. Ich nutze dabei meine Physis und Athletik. Früher habe ich Heber probiert. Dreher sind nicht mein Ding.“

Von längeren Verletzungen verschont geblieben

Wie sah es mit Verletzungen aus? „Ich war gerade 21 Jahre, da erlitt ich in Erlangen im Duell mit Torhüter Andreas Bayerschmidt einen Ellenbogen-Bruch. Es folgte eine 14-wöchige Handballpause. Ansonsten bin ich von längeren Verletzungen verschont geblieben. Entzündungen, Rücken-Probleme, manchmal Probleme mit dem Knie, aber eben keine langen Zwangspausen. Ich hatte Glück“, blickt Adrian Wöhler zurück. 

„Mir wird wohl so vieles fehlen…“

„Ich denke mit Wehmut an den Tag meiner Verabschiedung.  Er wird beklemmend. Danach wird mir so vieles fehlen, vom täglichen Training, dem Einlaufen, den Fans und sicherlich noch vieles.“ Vielleicht auch die langen Busfahrten, während der er sich Filme anschauen konnte….

Th. Levknecht 

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