Trainerlegenden Hans Meyer und Rainer Osmann in Hochform

Fantalk zum 100-jährigen Vereinsjubiläum des VfB 1919 Vacha – „Bei meinem Trainerstart war ich 17 Tage älter als Julian Nagelsmann, ich sah nur nicht so gut aus“

Hoffnungslosigkeit meiner eigenen Kariere, benennt Fußballtrainer-Legende Hans Meyer als einen Grund, 28-jährig die eigene aktive Laufbahn zu beenden.

Er verweist im gleichen Atemzug darauf, zum 14-Mann-Kader des FC Carl-Zeiss Jena gehört zu haben, der drei DDR-Meisterschaften errang.

Ich war zum Start meiner Trainerlaufbahn 17 Tage älter als Julian Nagelsmann. Ich sah nur nicht so gut aus, frotzelte Hans Meyer mit Blick auf den jetzt von Hoffenheim zur RB Leipzig wechselnden jungen Coach.

Was fällt Hans Meyer zum VfL Wolfsburg ein? Als er für sich nach 40 Jahren Trainertätigkeit im Leistungssport das Ende seiner Trainerzeit proklamiert hatte, wollte ihn dieser Verein mit der Zusage ködern, seine 8 Enkel würden bis zum Lebensende kostenfrei einen VW fahren. Kein Argument für Hans Meyer.

Er wurde auch beim Fantalk in Vacha seinem Ruf als pointiert argumentierender Fußball-Analytiker vollauf gerecht. Schlagfertig und mit ganz viel Beifall bedacht wurde die sechsköpfige Sportprominenz beim Fantalk in Vacha (Wartburgkreis). Der VfB 1919 Vacha feiert mit einer Festwoche sein 100-jähriges Vereinsjubiläum. Der vom Vereinsvorsitzenden Stefan Guttermann im bis auf den letzten Platz gefüllten Festzelt bestens moderierte Fantalk mit den Trainerlegenden Hans Meyer (Fußball) und Rainer Osmann (Handball), Eisenachs ehemaligem Handballerstligaspieler Gerhard Wagner, Ex-Fußballnationalspieler Uwe Bein, Wintersportler-Legende Bernhard Germeshausen (dreimaliger Olympiasieger im Bob) und dem aktiven und zur Zeit wohl besten Thüringer Turner Nils Dunkel bildete sicherlich den Höhepunkt.

 

Rainer Osmann: Ich durfte wunderbare Jahre erleben
Alle Podiumsteilnehmer wiesen eine mehr oder weniger enge Beziehung zu Vacha auf. Hans Meyer legte hier sein Abitur ab, blieb aber – wie er offen zugab – wegen mangelnder Latein-Kenntnisse in der 10. Klasse sitzen. Rainer Osmann, Eisenachs Handballurgestein, lernte in Eisenach seine aus Vacha stammende spätere Frau Gudrun kennen. Er wohnte zwei Jahre im Sperrgebiet Vacha, fuhr mit dem hier beheimateten und alle Nachwuchsteams durchlaufenden Gerhard Wagner zum Training und Punktspiel nach Eisenach.

Mit dem Zug, unterstreicht Rainer Osmann. Während meines Armeedienstes übernahm Gerhard Wagner die Kapitänsrolle. Standen wir beide gemeinsam auf dem Parkett, lief es richtig gut, schmunzelt Rainer Osmann. Im ausgebauten Kohlekeller der Jahnsporthalle stimmten wir uns auch auf die Duelle mit den privilegierten Sportclubs ein. Oft haben wir die Großen geärgert, erinnert sich Rainer Osmann an seine aktive Zeit bei Motor Eisenach unter Trainer Hans-Joachim Ursinus.

Der einstige exzellente Kreisspieler Gerhard Wagner hob ausdrücklich das riesige Engagement der Übungsleiter jener Zeit in Vacha hervor und dankte diesen.

Dieses ehrenamtliche Engagement wird heutzutage auf allen Ebenen leider immer weniger, konstatierte er.

Rainer Osmann ließ, angereichert mit Anekdoten, seine lange Trainerlaufbahn Revue passieren: mit den Höhepunkten des Erstligaaufstieges mit dem ThSV Eisenach 1997 (Manager Thomas Dröge und Rückraumstratege Jörn Schläger waren in Vacha anwesend), die 7-jährige Handball-Aufbauzeit als Männer-Nationaltrainer in Österreich und spannende drei Jahre als DHB-Frauen-Trainer mit Platz 7 bei der WM in China. Rainer Osmann, seit über 50 Jahren Mitglied des ThSV Eisenach und des Vorgängers Motor Eisenach, kürzlich in die Hall of Fame des Traditionsvereines aufgenommen, berichtete offen über die Wendezeit, mit dem Aufbau eines Versicherungsbüros und Amateurhandball im hessischen Obersuhl. Unter seiner Mithilfe übernahm Anfang der 90er Jahre der junge Helmut von Moltke als Präsident den mit 1,2 Millionen Mark in der Kreide stehenden ThSV Eisenach, entschuldete diesen ein Stück. Helmut von Moltke überzeugte Rainer Osmann zur Rückkehr, als dem ThSV Eisenach der Sturz in die Drittklassigkeit drohte. Der Abstieg konnte verhindert werden. Es begann eine neue Zeitrechnung, die der Troika Frank Seidenzahl (Präsident), Thomas Dröge (Manager) und Rainer Osmann (Trainer).

Frank Seidenzahl verfolgte konsequent eine neue wirtschaftliche Linie. Der Druck auf mich als Trainer stieg. Nach dem Aufstieg kamen absolute Weltklasse-Handballer zum ThSV Eisenach, bilanziert Rainer Osmann, dessen Trainertätigkeit unter der Wartburg im Jahr 2000 beendet wurde.

Von 1997 bis 2004, also 7 Jahre, spielte der ThSV Eisenach am Stück in der 1. Handballbundesliga.

© Frank Arnold • sportfotoseisenach • Erinnerungsfoto mit Hans Meyer (Mitte), links Frank Arnold, rechts Thomas Levknecht.Hans Meyer: Trainer haben fast alle eine Macke
Ja, er sei lauffaul gewesen. Doch auf seiner Vita als Spieler ständen immerhin drei DDR-Meistertitel sowie große Erfolge, wie das 3:1 im Jahr 1971 im heimischen Ernst-Abbe-Sportfeld über Ajax Amsterdam. Im Jahr 1981 stand er als Trainer mit dem FC Carl Zeiss Jena im Finale des Europapokals der Pokalsieger gegen Dynamo Tiflis. Dieses wurde in Düsseldorf ausgetragen. Über jene 1000, die ausgesiebt wurden, um aus der DDR mitfahren zu dürfen, sagt Hans Meyer:

500 hatten kein Interesse für Fußball. 350 kannten den FC Carl Zeiss Jena nicht, 150 waren echte Carl-Zeiss Anhänger. Er fügt aber auch hinzu: Nur ganze zwei haben die Gelegenheit genutzt, im Westen zu bleiben. Aufgrund familiärer Wurzeln, und dass man ja als Oberliga-Trainer privilegiert war, stand für mich ein Wechsel in den Westen nicht auf der Tagesordnung.

Nach der politischen Wende feierte Hans Meyer Erfolge in den Niederlanden (Entschede) und danach in der Bundesliga, unter anderem mit Borussia Mönchengladbach (2001 Aufstieg in die 1. Bundesliga und im Halbfinale des DFB-Pokals) oder dem 1. FC Nürnberg (DFB-Pokalsieg 2007), rettete Hertha BSC vor dem Abstieg. Im Jahr 2006 wurde er vom „kicker“ zum Trainer des Jahres gekürt. „Trainer haben fast alle eine Macke“, bekannte er schminzelnd im Festzelt zu Vacha. Jenas Vollblutstürmer Peter Ducke bezeichnet er als einen der besten Spieler, den er trainiert habe. Er berichtete zugleich, wie er Marcelinho für den erfolgreichen Abstiegskampf mit Hertha BSC fit bekam. Und auch das wollte der Fußballfachmann unterstreichen:

Auch trotz des frühen WM-Aus im Vorjahr, der deutsche Fußball liegt nicht am Boden!

Die U 21-Auswahl habe es gerade gezeigt. Und der alte Fuchs behielt recht, als er den Spaniern im Finale gegen Deutschland die leicht bessere Siegchance einräumte. Spanien holte sich mit einem 2:1 den Titel des Europameisters der U 21.

Uwe Bein: Der Mann, der den tödlichen Pass spielte
Franz Beckenbauer hat ihn mit der Aussage, „er spielt den tödlichen Pass“ geadelt: Ex-Nationalspieler Uwe Bein. Das Eintracht-Frankfurt-Urgestein plauderte aus seiner aktiven Zeit, mit dem Trauma der verpassten Meisterschaft im Saisonfinish „nach drei in den letzten drei Spielen nicht zuerkannten Elfmetern“, der WM 1990, mit einem 4:1-Auftaktsieg über Jugoslawien und seiner Nichtberücksichtigung im siegreichen Finale sowie über den derzeitigen Höhenflug der „Geißböcke“, national und international.

Erste Bobfahrt mit Vachas Ex-Bürgermeister Karl-Heinz Grübel
Bernhard Germeshausen begann seine sportliche Laufbahn 1965 als Hürdenläufer, war später ein überaus passabler Zehnkämpfer (Platz 5 in der DDR), bevor er nach Oberhof in den Bobsport wechselte. „In den 70er Jahren wurde der Bobsport hierzulande professionell aufgebaut, wurde zuvor nur auf BSG-Ebene betrieben“, schildert Bernhard Germeshausen. Mit Karl-Heinz Grübel, dem Nachwende-Bürgermeister in Vacha, war er zunächst am Start. Klar, Karl-Heinz Grübel war mit im Festzelt. Im Zweier- und Viererbob, zumeist mit Meinhard Nehmer, feierte Bernhard Germeshausen zahlreiche internationale Erfolge, darunter drei Olympiasiege.

Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft im Turnen
Nils Dunkel, der aktuell wohl beste Turner Thüringens, hat seine Wurzeln in Vacha. Opa Heinz Schwiede ist allen Fußballern der Region als einstiger souveräner Schiedsrichter bekannt. Oma Rita drückt bei all seinen Wettkämpfen fest die Daumen. Nils Dunkel lebt und trainiert inzwischen in Berlin. Er bereitet sich gerade auf die WM im Oktober vor.

Bei einem Trainingslager in Kienbaum finden wir beste Bedingungen vor, berichtet Nils Dunkel.

Er redete nicht nur, eingangs der Veranstaltung war er als Turner am Pferd zu erleben.

Wie im Fluge ging die 2 ½-stündige Talkrunde zu Ende, mit lang anhaltendem Beifall für die Protagonisten auf dem Podium. Im Anschluss wurde die Möglichkeit zu persönlichen Gesprächen, Autogrammen und gemeinsamen Fotos reichlich genutzt.

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