Verschiedene Kulturen sind eine Bereicherung

Handball-Weltklasse-Rechtsaußen Stephane Joulin vor 19 Jahren

Ihn kennt man in der Wartburgstadt. Zumindest diejenigen, die sich für Handball interessieren. Stephane Joulin spielt auf der Rechtsaußenposition beim ThSV Eisenach. Doch der charmante Franzose kam nicht nur wegen des Sports nach Deutschland.

Mein ganzes Leben ist eine Reise. Ich fühle mich nirgendwo richtig daheim, habe keine wirklichen Wurzeln. Zurzeit ist eben Eisenach mein Zuhause, sagt Stephane Joulin und schaut dabei nachdenklich in die Ferne.

Seine Großeltern kommen aus Italien, er ist im Süden Frankreichs geboren, doch dort macht er nur noch Urlaub.

Die Sonne fehlt mir nicht in Deutschland. Sonne bedeutet für mich Ferien.

Schon als Kind war Stephane Joulin immer unterwegs. Sein Vater wurde beim Militär etwa alle fünf Jahre versetzt. Und bereits damals kam Stephane Joulin nach Deutschland. Sechs Jahre seiner Jugend verbrachte er in Göttingen. Während dieses Aufenthaltes blieb er aber unter Franzosen.

Ich ging in eine französische Schule, es gab ein französisches Kino; wir lebten ziemlich abgeschirmt.

Das tut ihm heute leid. Er hätte lieber schon damals Deutsch gelernt und Kontakt zu „Einheimischen“ geknüpft.

Er spielte sich in die Herzen der großen Eisenacher Handballgemeinde

Mir hat es in Deutschland gefallen. Ich wollte die verlorene Zeit aufholen und hatte deshalb schon immer den Wunsch, als Spieler nach Deutschland zu kommen.

Zurück kam er schließlich 1997. Sein Klub in Ivry.sur.Seine, ein Vorort von Paris, hatte finanzielle Probleme und musste Spieler verkaufen. Eisenach bot sich an, und Stephane Joulin ging gerne.

In Frankreich brauchte ich als Spieler nichts mehr zu beweisen. Mit meinem Klub hatte ich alles erreicht. Ich wollte eine neue Herausforderung.

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Die erste Herausforderung war die fremde Sprache. Lange hatte er stets ein Wörterbuch dabei.

Ich liebe es, mich zu unterhalten. Da blieb mir gar nichts anderes übrig, als die deutsche Sprache zu lernen, schmunzelte er.

Am Anfang schnappte er immer mal ein einzelnes Wort auf und begriff schließlich auch nach und nach die Grammatik. Nach einem Jahr in Niederwürzbach kam er 1999 wieder nach Eisenach. Die Integration fiel ihm leicht. Die Herzen der blau-weißen Eisenacher Fangemeine flogen ihm zu.

Der Sport und die guten Resultate haben natürlich geholfen.

Die meiste Zeit verbringt „Joule“, wie er liebevoll genannt wird, mit den anderen Spielern des ThSV Eisenach, findet langsam aber auch Kontakt nach „außen“.

Fremdenfeindliche Übergriffe sorgten schon damals für große Besorgnis
Traurig machen ihn die fremdenfeindlichen Übergriffe.

Die gibt es leider überall, wo mehrere Kulturen zusammenleben. In Paris habe ich das fast täglich erlebt.

Besonders enttäuscht ist der Franzose, das die Öffentlichkeit – auch in Eisenach! – nichts mehr dagegen tut.

Ich hätte mir mehr Demonstrationen oder Hilfe für die Betroffenen gewünscht.

Für Stephane Joulin sind die verschiedenen Kulturen eine Bereicherung. In Paris hat er afrikanische und arabische Freunde. Manchmal vermisst er in der Kleinstadt Eisenach das Flair der französischen Hauptstadt, vor allem, weil er wegen der Spiele nicht oft zurückkehren kann.

Wenn ich dort bin, verbringe ich den ganzen Tag und die ganze Nacht in der Stadt. Und das tut gut.

Was würde Stephane Joulin heute sagen?
Liebe Eisenacher, liebe Thüringer! Lasst Euch nicht in den Sog von Rechtspopulisten und Nazis ziehen. Am Wochenende sind Wahlen zum Europaparlament und Kommunalwahlen. Nutzt Euer vor 30 Jahren erkämpftes Recht auf freie Wahlen. Stärkt Europa mit Eurer Stimme! Ja, es gibt Probleme. In Europa, im Land und in der Kommune. Aber Rechtspopulisten und Nazis lösen sie nicht. Schaut auf die Kandidatenlisten zun den Stadtrats- und Kreistagswahlen der demokratischen Parteien, vom Anfang bis zum Ende: Schaut, wem Ihr vertrauen könnt, macht dort Eure Kreuzchen.

Th. Levknecht

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