Was macht denn eigentlich Christoph Jauernik?

Ehemaliger Spieler und Trainer des ThSV Eisenach jetzt erfolgreicher Coach in den Niederlanden

Nahezu 16 Jahre trug Christoph Jauernik das Trikot des ThSV Eisenach, beginnend als C-Jugendlicher bis zum Zweitbundesligaspieler, Trainer im Nachwuchsbereich (u.a. Aufstieg mit der A-Jugend in die Jugendbundesliga) und Coach der Zweitbundesliga-Männer. In der Saison 2016/2017 kam der ThSV Eisenach mit ihm auf Platz 7 der 2. Handballbundesliga der Männer ein. Im Dezember 2017, nach nur sechs Pluspunkten, trennte sich der ThSV Eisenach von Christoph Jauernik. Zum Ende der Saison 2017/2018 stiegen die Wartburgstädter in ihrer langjährigen Geschichte erstmals in die 3. Liga ab, schafften aber postwendend souverän die Rückkehr ins Handballunterhaus, rangieren hier aktuell als Aufsteiger auf dem 11. Platz.

Seit dem Sommer des Vorjahres wohnt Christoph Jauernik mit seiner Partnerin und den zwei gemeinsamen Kindern (5 und 1 Jahr) im westlichen Zipfel Deutschlands, im Kreis Heinsberg, direkt an der Grenze zu den Niederlanden, ist hauptberuflicher Coach des niederländischen Erstligisten Limburg Lions.

Wir sprachen mit dem 36-Jährigen in der Handballpause der Corona-Zeit über Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges

Sie kamen im C-Jugend-Alter von der SG Schnellmannshausen zum ThSV Eisenach, für den Sie – mit einer Unterbrechung von 2003 bis 2007 – zunächst als Spieler und ab 2010 im Trainerstab wirkten. Eine Schulterverletzung zwang Sie mit 26 Jahren zum frühzeitigen Ende der eigenen Spieler-Laufbahn. Was ist Ihnen aus dieser Zeit haften geblieben?
Wenn man die Zeit zusammen rechnet, dann war ich wohl insgesamt 16 Jahre für den ThSV Eisenach als Spieler und Trainer aktiv. Da bleiben natürlich viele Erinnerungen haften. Vor allem sind es natürlich 16 Jahre Erfahrung im Leistungssport. Wenn ich daneben meinen Freundeskreis betrachte, dann kann ich feststellen, dass auch hier ein großer Teil mit dieser Zeit verbunden ist. Darüber hinaus bleibt natürlich ein großes Netzwerk von Personen, die in vielfältiger Weise mit dem Handball in Kontakt sind.

Als „ehrgeiziger junger Mann mit viel Stallgeruch“ übernahmen Sie im Sommer 2016 als verantwortlicher Coach das Eisenacher Zweitbundesligateam, mit dem Sie die Saison auf Platz 7 abschlossen. Im Dezember 2017, Ihre Mannschaft hatte lediglich 6 Pluszähler auf dem Konto, folgte für Sie das vorzeitige Aus. Mit über 3 Jahren Abstand betrachtet, wie sehen Sie die damalige Situation?
Leider muss ich rückblickend sagen, dass sowohl über mein eigenes Tätigkeitsfeld als auch über das von Mitstreitern viele Unwahrheiten etabliert worden sind. Nun könnte man versucht sein, kleinteilige Richtigstellungen vorzunehmen. Auch wenn andere diese Möglichkeit sicher nutzen würden, ist meine Haltung hier ganz geradlinig. Als Freund der Logik möchte ich nur kurz anfügen, dass ich weiß, wie sich Dinge abgespielt haben und was dabei Ursachen und Wirkungen sind. Nicht umgekehrt. Wer sich intensiver mit dem Eisenacher Handball beschäftigt, wird mir sicher leicht folgen können und wissen, dass es hierbei ausdrücklich nicht um die gute und enge Zusammenarbeit mit Karsten Wöhler geht.

Ab dem Sommer 2020 brachen sie Ihre Zelte in Eisenach ab. Auch beruflich, Sie gaben ihre Stelle als Lehrer für Sport und Mathematik am Martin-Luther-Gymnasium auf. (Sie genießen dort noch heute einen exzellenten Ruf!) Als Volltime-Trainer übernahmen Sie den niederländischen Erstligisten Limburg Lions, bezogen mit Ihrer Familie Quartier an der deutsch-holländischen grenze. Was reizte Sie an dieser Aufgabe?
Zum einen war ich auf der Suche nach einer weiteren Aufgabe mit einem professionellen Umfeld und mit guten Trainingsbedingungen. Darüber hinaus reizte mich der Gedanke einer Auslandserfahrung. Aus meiner Tätigkeit in Eisenach war mir klar, dass es auf Dauer nicht gut ist, einen Kompromiss im Sinne einer Doppelbelastung als Lehrer und Trainer im Spitzenbereich einzugehen. All dies finde ich bei meinem aktuellen Engagement. Darüber hinaus bietet sich bei einer sehr guten Platzierung innerhalb der nationalen Meisterschaft die Möglichkeit einer Teilnahme am EHF-Cup.

Über den Handball in den Niederlanden ist hier wenig bekannt, erteilen Sie bitte etwas Nachhilfe-Unterricht?
Der niederländische Handball ist doch überaus interessant. Aktuell sind die Frauen Weltmeister. Die Männer haben den ersehnten Schritt zur Europameisterschaft 2020 realisiert. Der weibliche Bereich ist vor allem bekannt für seine exzellente Ausbildungsarbeit. Alle Nationalspielerinnen spielen im Ausland in europäischen Topligen. Und auch bei den Männer sind aktuelle Nationalspieler in der ersten Liga in Deutschland, Dänemark, Polen und Frankreich unter Vertrag oder spielen wie die Limburg Lions in der BeNe-League.

Skizzieren Sie uns bitte Ihre Mannschaft sowie den Trainings- und Wettkampfbetrieb?
Unsere Spieler sind ausschließlich Halbprofis. Alle gehen neben dem Handball einer beruflichen Tätigkeit, einem Studium oder einer schulischen Ausbildung nach. Trotzdem ist es ihnen in Abstimmung mit Arbeitgebern und Schulen in der Regel möglich, zweimal pro Woche am Vormittag zu trainieren. Im Minimum trainieren wir weiter vier Einheiten handballspezifisch. Unsere regulären Spiele absolvieren wir in der BeNe-League. Eine internationale Liga, in der die besten sechs Teams aus den Niederlanden und die sechs besten Teams aus Belgien gegeneinander spielen. Dazu kommt der nationale Pokal in den Niederlanden und nach Abschluss der BeNe-League Saison die nationale Meisterschaft, in welcher die besten vier niederländischen Teams der BeNe-League Saison um den Titel kämpfen.

Wie sah es sportlich bis zur Corona-Pause aus? Welche Ambitionen hatte Ihr Team? Wie sieht die nahe Zukunft für den niederländischen Handball allgemein und Ihre Mannschaft im speziellen aus?
In der BeNe-League hatten wir über die externen Erwartungen hinaus nach der regulären Spielsaison den 2. Platz inne. In einem Final4 sollte der Meister bestimmt werden. Weil dies nicht durchgeführt werden konnte, gilt nun die Tabelle nach der regulären Spielzeit als Endtabelle. Demnach sind wir in dieser BeNe-League Meisterschaft Zweiter. Champion ist erneut Achilles Bocholt aus Belgien.
Um den Niederländischen Meister zu ermitteln, wären wir im Anschluss an dieses Final4 mit den 3 nachfolgend platzierten niederländischen Teilnehmern aus der BeNe-League in den Wettbewerb getreten. Da es hier keine Spiele geben wird, ist auch hier die Startposition gleichzeitig die Endplatzierung, ohne dass es einen Meister geben wird. Folglich sind wir Erster. Normalerweise definiert sich darüber auch das Startrecht für den EHF-Cup in der neuen Spielzeit, aber auch hier gibt es derzeit aus finanzieller Sicht und wegen der Corona-Pandemie im Allgemeinen mehr Unsicherheiten als Gewissheit. Im abgebrochenen Pokalwettbewerb waren wir für das Viertelfinale qualifiziert und wollte auch hier den nächsten Schritt Richtung Titel gehen. Neben der Tabellensituation gehören für mich aber auch positive Zwischenschritte zur Bewertung unserer Saison. Dazu zählt zum Beispiel die Teilnahme von zwei Spielern unserer Mannschaft an der EM oder die Verbesserung, die einige unserer jungen Leute in der BeNe-League gemacht haben. Für die nahe Zukunft schwingt sehr viel Unsicherheit mit. Wie alle hoffe ich, dass wir zeitnah wieder in reguläre Abläufe übergehen können und vielleicht eine gewohnte Saisonvorbereitung starten. Darauf ist meine Planung aktuell ausgerichtet.

Sie verfolgen sicherlich die Entwicklung beim ThSV Eisenach, im Nachwuchsbereich und im Profisektor. Wie sehen Sie diese?
Ich verfolge die Entwicklungen beim ThSV Eisenach durchaus aufmerksam. Gesetzt den Fall, ich würde über aktuelles Detailwissen oder fundierte Hintergrundinformationen verfügen, habe ich dennoch kein Amt und keine Position inne. Auch wenn ich selbstverständlich zu dem ein oder anderen Sachverhalt eine Standpunkt habe, gehört es sich deshalb meiner Meinung trotzdem nicht, aktuelle Entscheidungen oder Entwicklungen in der Öffentlichkeit zu bewerten.

Fehlt Ihnen die Wartburg nicht? Sie halten bestimmt zu einigen Weggefährten noch Kontakt?
Auch seit dem letzten Sommer war ich immer wieder mal in Eisenach. Wir halten Kontakt zu unseren Freunden und Familien. Ich hoffe, dass in der Sommerpause die Aufhebung der Kontaktsperre einen Aufenthalt in Eisenach wieder einfacher möglich macht. Gerne auch mit wenigstens einem Besuch auf der Wartburg, etwas Tennis im Johannistal oder einer Radtour auf dem Rennsteig.

Die Corona-Pandemie ist eine riesige Herausforderung für die Menschheit; aber auch eine Chance, dem stetig steigenden Kommerz, dem „Schneller-Höher-Weiter“, etwas anderes entgegen zu setzen?
Ich denke, dass sich doch einige Dinge nachhaltig verändern. Der Bereich HomeOffice wird vermutlich einen viel größeren Anteil nach der Krise haben als vorher. Auch die Wertschätzung einiger Berufe wird hoffentlich nach der Krise weiter einen hohen Stellenwert behalten. Zuerst müssen wir diese Krise aber gut durchstehen und gerne danach über Schlussfolgerungen debattieren.

Welche Vision hat der Trainer Christoph Jauernik?
Als Trainer bin ich gerade dabei meinen EHF-Master-Coach zu absolvieren. Damit will ich natürlich auch weiter mit dem internationalen Handball in Kontakt blieben. Für die neue Spielzeit hoffe ich auf einen regulären Start und will mit meiner Mannschaft an diese Spielzeit anknüpfen. Falls es möglich ist gerne auch in Europa. Für die fernere Zukunft kann ich mir vieles vorstellen, solange es ambitioniert und auf einer guten Basis ist.

Aus der Vita von Christoph Jauernik
Christoph Jauernik, geboren am 20.03. 1984 in Eisenach, besuchte von 1990 bis 1994 die Grundschule in seinem Heimatort Schnellmannshausen, von 1994 bis 1996 die Staatliche Regelschule Treffurt, wechselte im Anschluss an das Elisabeth-Gymnasium in Eisenach, wo er das Abitur ablegte. Von August 2002 bis Mai 2003 war er in der Abteilung Zentrum für Physikalische und Rehabilitative Medizin des St. Georg-Klinikum Eisenach als Zivildienstleistender. Vom Oktober 2003 bis September 2011 studierte er Sport und Mathematik an der Georg-August-Universität Göttingen, mit dem Abschluss „Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien“. Ein Referendariat für Sport und Mathematik trat er im August 2012 am Martin-Luther-Gymasium in Eisenach an. Hier war er nach der Referendariats-Zeit bis zum Sommer des Vorjahres als Lehrer für Sport und Mathematik tätig.

Im C-Jugend-Alter wechselte der talentierte Christoph Jauernik von der SG Schnellmannshausen zum Nachwuchsprojekt des ThSV Eisenach, bezog in dessen Sportinternat Quartier. Als Spieler A-Jugend des Vereins erreichte Christoph Jauernik das Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft, scheiterte hier nur knapp am SC Magdeburg. Zu seinen Teamkollegen zählten Stefan Kneer, Benjamin Trautvetter, Philipp Seitle, Mark Tetzlaff, Christian Henkens, Andre Ahrens, Nick Heinemann, Stefan Prudil, Maik Ehrhardt und Michael Köhler. Kurz darauf verließ eine Vielzahl hochtalentierter Spieler den ThSV Eisenach. Christoph Jauernik trug in der Saison 2003/2004 das Trikot des Regionalligisten TV Jahn Duderstadt. Von 2004 bis 2008 war er für die HSG Niestetal/Staufenberg und in der Spielzeit 2006/2007 für Tuspo Obernburg (jeweils in der 2. Handballbundesliga) am Ball. Im Juli 2007 kehrte der Rückraumspieler zum ThSV Eisenach zurück. Mit dem Traditionsverein spielte Christoph Jauernik von Juli 2007 bis Juni 2010 in der 2. Handballbundesliga. Eine Verletzung zwang ihn zum vorzeitigen Ende seiner leistungssportlichen Kariere. Er wechselte in den Trainerstab des ThSV Eisenach, fungierte vom Sommer 2010 bis zum Sommer 2012 als Co-Trainer des Zweibundesligateams und hauptamtlicher Nachwuchstrainer. Seit 2012 fungierte er als Trainer der A-Jugend, mit der er 2014 erfolgreich die Qualifikation für die Jugendbundesliga schaffte, legte zudem seine A-Lizenz ab. Nach 6 Jahren im Nachwuchsbereich übernahm er 2016 die für einen jungen Mann sehr ambitionierte Aufgabe als Trainer des Zweitbundesligateams. Im Dezember 2017, der ThSV Eisenach hatte gerade einmal 6 Punkte auf der Habenseite, erfolgte das Aus. Der erstmalige Abstieg in die 3. Liga in der langen Vereinsgeschichte war aber nicht mehr abzuwenden. Dem Traditionsverein gelang aber der sofortige Wiederaufstieg in die 2. Handballbundesliga der Männer, rangiert hier aktuell – nach der Punktspielunterbrechung – jenseits von gut und böse auf dem 11. Tabellenplatz.

Th. Levknecht

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