Weitere Stolpersteine in Eisenacher Innenstadt verlegt

In Eisenach wurden am 14. Mai zur Erinnerung an zwei Eisenacher Mitbürger weitere „Stolpersteine“ von dem Künstler Günter Demnig verlegt. Die Steine mit den Namen von Erich Honstein und Ernst Böckel erinnern an das Schicksal der zwei Eisenacher KPD-Mitglieder, die Opfer des Nationalsozialismus wurden. In der Wartburgstadt sind auch zwei Straßen nach ihnen benannt.

Die Stolpersteine wurden von dem Berliner Künstler Gunther Demnig im Beisein von Dr. Reinhold Brunner (Leiter des städtischen Bildungsamtes) sowie Vertretern des Bündnisses gegen Rechtsextremismus Eisenach verlegt. Mit Worten des Gedenkens und zum Projekt der Stolpersteine von Thekla Bernecker, musikalisch begleitet von Marie Jungkurth, gedachten rund 40 Eisenacher der beiden NS-Opfer. Im Gespräch mit Thekla Bernecker erklärte der Künstler Gunther Demnig, dass das Projekt selbst nach 73.000 verlegten Steinen in 24 Ländern immer weiter geht und – abgesehen vom Einsetzen der Steine – für ihn nie zur Routine geworden ist. An beiden Orten berichtete Thomas Engel über das Leben der beiden Kommunisten.

Zehn Jahre nach der ersten Verlegung der Stolpersteine in Eisenach haben wir ein kleines Jubiläum und verlegen die Stolpersteine Nummer 99 und 100, sagte Dr. Reinhold Brunner. Die Stolpersteine sind mahnende Erinnerungspunkte im Stadtbild Eisenachs. Sie lassen uns im Alltag kurz innerhalten und an das Unrecht in der Vergangenheit denken, so Brunner weiter und dankte den Paten der beiden neuen Stolpersteine – der Thüringer Gemeinschaftsschule „Oststadtschule“ und Frank Rothe, ohne die es nicht möglich gewesen wäre, die Stolpersteine zu verlegen.

Je Stein entstehen Kosten von 120 Euro für die Anfertigung und Verlegung.

Die Schüler*innen der 10. Klasse der Oststadtschule waren im April 2018 bei ihrem Projekt zum Thema „Antisemitismus gestern und heute in Eisenach“ gemeinsam mit dem Künstler Hans Ferenz und dem Wartburgradio auf die Idee gekommen, Geld für einen Stein zu sammeln. Zur Verlegung der Stolpersteine waren sie gestern mit ihrer Lehrerin Karin Schäfer gekommen.

Das Bündnis gegen Rechtsextremismus Eisenach hat sich gemeinsam mit der Stadt und inzwischen zahlreichen Spendern und Paten für dieses Projekt eingesetzt. In den vergangenen Jahren verlegte Demnig in Eisenach bereits insgesamt 98 Stolpersteine. Gunter Demnig, der das Kunstprojekt seinerzeit ins Leben gerufen hatte, kam erneut zum Verlegen der Steine nach Eisenach.

Erich Honstein (1904 – 1934) wurde in Eisenach im Haus „Große Wiegardt 2“ geboren. Er war das sechste von neun Kindern des Schumachers, SPD-Genossen und Gewerkschafters August Honstein und seiner Frau Maria. Er erlernte 1918 bis 1922 in Druckerei Philipp Kühner den Beruf eines Schriftsetzers und arbeitete in verschiedenen Eisenacher Druckereien. 1925 zog er nach Friedrichroda, wo er heiratete. Er kam über die kommunistische Jugend zur KPD. Während seiner Arbeitslosigkeit aus politischen Gründen war Erich Honstein Mitarbeiter des kommunistischen „Gothaischen Volksblattes“. Im Januar 1926 wirkte Erich Honstein bei einer Gedenkfeier für Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg im „Goldenen Engel“ in Eisenach mit. Wegen seines Engagements im Widerstand gegen das NS-Regime wurde Erich Hohnstein am 24. Juni 1934 verhaftet. Im Gerichtsgefängnis Halle fand er nach schweren Misshandlungen am 4. Juli 1934 den Tod.

Das Haus in der „Großen Wiegardt 2“ wurde durch eine Bombe zerstört und nach dem Kriege wieder aufgebaut. 1945 wurde in Eisenach die Kaiser-Wilhelm-Straße in Erich-Honstein-Straße umbenannt. Zudem erhielt am 6. März 1957 die Jugendherberge Bornstraße 7 den Namen Erich Honstein.

Ernst Böckel wurde am 14. Januar 1909 in Stedtfeld geboren. Ernst war der älteste Sohn, er hatte noch zwei jüngere Geschwister. Als Ernst sechs Jahre alt war, starb im Frühjahr 1915 seine Mutter. Nach seiner Schulentlassung lernte Ernst Böckel den Beruf eines Gärtners in der Gärtnerei Trunk. In dieser Zeit trat er dem Kommunistischen Jugendverband bei. Später wurde er Mitglied der KPD und aktiver Widerstandskämpfer im Rot-Frontkämpferbund. Nach der Lehrzeit arbeitete er im Betrieb seines Vaters, hier vervielfältigte er mit seinem Vater und sechs anderen Freunden Flugblätter und Zeitungen der KPD. Sie wurden 1933 verhaftet und Ernst wurde zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Nach zwei Monaten Freiheit wurde er wieder verhaftet und wegen „Sprengstoffverbrechen“ zu viereinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt, die er im Zuchthaus Untermaßfeld absitzen sollte. Dort lehnte er sich gegen die Behandlung auf, worauf ihn der Wärter mit einem Gummiknüppel niederschlug. Darauf wurde er wegen einer vermeintlichen Geistesstörung nach Hildburghausen transportiert. Vier Jahre später, am 4. Oktober 1940, wurde Ernst Böckel von Hildburghausen in die Landesanstalt Zschadraß verlegt und von dort am 7. Dezember 1940 nach Pirna-Sonnenstein gebracht. Dort wurde er noch am selben Tag in der Gaskammer des Hauses C16 umgebracht. (Quelle: Opferdatenbank der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein)

Dem Vater wurde am 14. Dezember 1940 schriftlich mitgeteilt: „Ihr Sohn ist heute früh 10.45 Uhr verstorben und verbrannt worden, die Asche steht Ihnen zur Verfügung. Unkostenbetrag 3,- DM.“ Der Vater musste sämtliche Unkosten für die Krankenhausaufenthalte entrichten. Der Vater ließ die Asche hier her kommen, und sie wurde auf dem Friedhof zu Eisenach beigesetzt.

1945 wurde in Eisenach eine Straße nach Ernst-Böckel benannt und am 1. März 1955 erhielt der Jugendclub bei EMW den Namen „Ernst Böckel“.

Informationen zum Projekt Stolpersteine: Die ersten Stolpersteine wurden am 10. August 2009 in Eisenach verlegt. Inzwischen gibt es 98 Steine in der Stadt. Mit diesen ins Straßenpflaster eingelassenen Gedenktafeln soll an das Schicksal der Juden und Menschen aus Eisenach erinnert werden, die Opfer des NS-Regimes wurden – die ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Freitod getrieben wurden. Die Steine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig. Auf der Oberseite der Stolpersteine befindet sich eine beschriftete Messingplatte mit Angaben zu den Menschen, die einst hier lebten und an die erinnert werden soll. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.stolpersteine.com.

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