Wir kommen nicht mit weißer Fahne

Nachgefragt bei Eisenachs Coach Sead Hasanefendic vor dem Auswärtsspiel seines Teams bei seiner großen Liebe VfL Gummersbach

Die Erfolgsgeschichte des VfL Gummersbach ist mit dem Namen Sead Hasanefendic verbunden, der von 2002 bis 2004, von 2008 bis 2011 und noch einmal im Jahr 2017 für einige Monate das Traineramt innehatte. Zahlreiche nationale und internationale Erfolge liegen in dieser Zeit. Im Jahr 2010 wurde er zum Trainer des Jahres gewählt. Im Sommer musste der VfL Gummersbach erstmals in die 2. Liga absteigen.

Am Samstag, 14.12.2019 kommt Sead Hasanefenic als Trainer des ThSV Eisenach zu seiner großen Liebe VfL Gummersbach

Wir sprachen mit der Trainerikone Sead Hasanefendic:
Die erste Heimniederlage in der Vorwoche, das 24:26 gegen den TuS Nettelstedt-Lübbecke, sicherlich kein Beinbruch?
Das erste Mal haben wir in heimischer Halle nicht die nötige Leidenschaft, nicht die kämpferische Leistung, speziell in der Abwehr, gezeigt. Wir haben dem mit viel Qualität im Kader stehenden Gast die Initiative überlassen. Das Resultat, die erste Heimniederlage. Das war schon bitter, aber kein Beinbruch. Die Saison geht weiter. Der Fakt der Unbesiegbarkeit in der Werner-Aßmann-Halle ist jedoch gelöscht.

Welche Erkenntnisse haben Sie gewonnen?
Ich verlange Siegeswillen von jedem einzelnen unserer Spieler. Wir gehen stets bestens vorbereitet auf den Punktspielkontrahenten auf das Parkett. Jedes Spiel, egal gegen wen, geht über 2 x 30 Minuten. Jeder Kontrahent verdient Respekt. Das halten wir stets so. Angst? Nein! Wir brauchen aber Überzeugung, mehr Siegeswillen als der Gegner! Die Vorbereitung auf das Heimspiel gegen den TuS Nettelstedt-Lübbecke verlief leider nicht optimal. Während der Trainingswoche waren einige Spieler krankheitsbedingt nicht anwesend. Wir konnten wahrscheinlich auch dadurch nicht auf unsere gewohnte Torwartleistung bauen. Der Gäste-Keeper gewann hingegen zahlreiche 1:1-Situationen. Der TuS Nettelstedt-Lübbecke agierte mit seiner sehr erfahrenen Mannschaft abgezockter. Wir können solche Duelle nur siegreich gestalten, wenn bei uns alles hundertprozentig passt.

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Nun geht es zu Ihrer großen Liebe, zum VfL Gummersbach. Da werden Erinnerungen wach…?
Der VfL Gummersbach war eine lange Zeit Teil meines Lebens. Ich habe mich viele Jahre mit ihm identifiziert. Mein Hauptwohnsitz ist auch heute Gummersbach. Es waren ganz erfolgreiche Jahre. Wir spielten auf höchstem Niveau. Die Creme de la Creme des Handballs trug das Trikot des VfL Gummersbach. Genannt seien Top-Torjäger Kyung Shin Yoon, Francois-Xavier Houlet und Viktor Szilagyi. Wir eroberten zwei Europapokalsiege (2010/2011) und gewannen den EHF-Pokal (2009). Wir standen zwei Mal im Final Four. Alle Topteams verließen unsere Heimstätte, die legendäre Eugen-Haas-Halle, als Verlierer. Hier wurde Handballgeschichte geschrieben! Wir haben die Fahne von Gummersbach durch ganz Europa getragen. Diese Erfolge waren der Grundstein zum Bau einer neuen Spielstätte in Gummersbach. Das alles werde ich in bester Erinnerung behalten. Doch jetzt komme ich als Trainer des ThSV Eisenach. Das Heute zählt! Für beide! Mit meiner Mannschaft werde ich versuchen alles zu geben, um eine gute Leistung, ein gutes Spiel abzuliefern. Vielleicht bleiben wir unbesiegt; das wäre ein tolles Erlebnis.

Der VfL Gummersbach und der ThSV Eisenach haben beide 19 Pluspunkte vorzuweisen. Erwarten Sie ein Spiel von zwei Teams auf Augenhöhe?
Ich darf daran erinnern, der VfL Gummersbach spielte in der Vorsaison in der ersten, der ThSV Eisenach in der dritten Liga. Ja, beide haben derzeit 19 Punkte, von zwei Vereinen auf Augenhöhe zu sprechen, das wäre überheblich. Der VfL Gummersbach hat ganz andere Ziele. Völlig zu Recht! Der VfL will zurück in die 1. Handballbundesliga. Er hat auch das Zeug dazu. Schauen wir auf das Personal des VfL Gummersbach, mit beispielsweise zwei kroatischen und zwei österreichischen Nationalspielern, mit einem Top-Torhüter-Duo hinter einer sehr guten Abwehr. Der VfL Gummersbach hat ganz andere Ziele als der ThSV Eisenach. Doch wir kommen nicht mit weißer Fahne. Wir genießen den Moment, wollen so lange wie möglich im Vorderfeld der Tabelle bleiben. Schade, dass unsere Siegesserie in heimischer Halle gerissen ist. Auswärts waren wir mit unserer jungen Mannschaft bisher noch nicht in der Lage, über 60 Minuten eine überzeugende Leistung abzurufen. Vielleicht gelingt uns das am Samstag.

Was zeichnet den VfL Gummersbach dieser Tage aus?
Die erste Zweitligasaison der Geschichte war von wechselndem Erfolg gekennzeichnet. Hoch und Tiefs waren voll allem zum Saisonanfang angesagt. So wurde auch beim TV Emsdetten verloren, In der Bilanz stehen aber auch Siege in Aue, Dormagen und zuletzt in Konstanz. Es war nur eine Frage der Zeit, wann sich die individuelle Qualität im mannschaftlichen Erfolg wiederspiegelt. Aus einer starken aggressiven Abwehr, mit einem starken Innenblock und zwei Top-Torhütern, wird das schnelle Spiel nach vorn ausgelöst. Erfahrene Spieler, wie Janko Bozovic und Alexander Herrmann, prägen Abwehr und Angriff. Die gute Arbeit der Gummersbacher Jugendakademie trägt ihre Früchte, Talente aus dem eigenen Nachwuchs (Jonas Stüber, Fynn Herzig, Luis Villgrattner, Yonatan Dayan) sind aufgerückt, bekommen immer längere Einsatzzeiten, die das Tempo forcieren, für Explosivität sorgen, was modernen Handball auszeichnet. Inzwischen sind Hierarchie und Harmonie eingekehrt. Jeder kennt seine Rolle. Zuletzt lief es deutlich besser. Ich rechne mit einem starken Saisonendspurt des VfL Gummersbach. Der anvisierte Wiederaufstieg wäre keine Überraschung.

Was geben Sie Ihrer Mannschaft mit auf den Weg?
Ich hoffe, die kränkelnden Spieler sind bis zum Samstag fit, damit ich die bestmögliche Mannschaft auf das Parkett schicken kann. Wir werden es genießen, gegen einen renommierten Kontrahenten in einer tollen Halle um Punkte auflaufen zu dürfen. Das wird für unsere junge Mannschaft ein Erlebnis. Das wird uns aber auch motivieren. Eine zusätzliche Motivation erhalten wir durch eine große eigene Fanschar in der SCHWALBE arena.

Th. Levknecht

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