8,5 Millionen im schlimmsten Fall

Rund zweieinhalb Monate warteten Eisenachs Stadträte auf das Gutachten zum «Tor zur Stadt», welches Auskunft über mögliche Risiken geben sollte, falls das Bauprojekt in der Bahnhofsstraße via Stadtratsbeschluss vereitelt wird.
Am gestrigen Tag dann kam das 87-seitige Papier von der Anwaltskanzlei «Redeker Sellner Dahs» in der Stadtverwaltung an. Vor allem Eisenachs Oberbürgermeisterin, Katja Wolf (Linke), hatte das Gutachten mit einer Spannung erwartet, welche sich als nicht unbegründet herausstellte.

Gemeinsam mit Arno Minas, dem Leiter des städtischen Bauamtes, hatte Wolf am heutigen Dienstagmittag zu einer Pressekonferenz geladen und den zahlreich erschienenen Medienvertretern die Ergebnisse des Gutachtens präsentiert.
«Ich halte das Thema «Tor zur Stadt» für ein sehr bewegendes Thema mit einer hohen Brisanz», erklärte Wolf in einem Pressestatement und verwies dabei auch auf die «verhärteten Fronten», welche sich für beziehungsweise gegen das Bauprojekt formiert haben.

«Nun aber können wir zu den Risiken bei einem Scheitern des Projekts recht sicher sein», erklärte Bauamtsleiter Minas in der Pressekonferenz. Sein Part war es, das Gutachten und dessen Hintergründe zu erklären. Und so verwies Minas auf die Zweiteilung des Dokuments: «Denn sowohl der Part des öffentlichen Rechts, als auch die zivilrechtlichen Aspekte wurden von verschiedenen Sachverständigen beleuchtet, sodass alle risikoreichen Baugrundlagen abgedeckt wurden.»
Dabei erklärte Arno Minas, dass aus rechtlicher Sicht, im Fall eines Nichtbaus des «Tor zur Stadt», keine Schadensersatzansprüche gestellt werden können.
«Dennoch ist es möglich, dass im Falle eines Stadtratsbeschlusses gegen das Bauprojekt, die jetzigen Investoren, die OFB Projektentwicklung GmbH und die Procom Invest GmbH&Co.KG, von dem Kaufvertrag zurücktreten», erklärte der Bauamtsleiter. Bis zum 30. März 2014 sei dies, auf Grundlage des Bürgerlichen Gesetzbuches, möglich.
«Sollte dieser «Worst Case» eintreten, so müssen wir mit einer Rückabwicklung des Kaufvertrages rechnen», erklärte OB Wolf.

Größtes Problem dabei sei ein potentieller Widerruf des «Freistellungsbescheides» durch das Land Thüringen. Dieses hatte dem Altinvestor, der Heinrich Becker GmbH, rund 7,39 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, damit eine Sanierung- und Dekontaminierung des ehemaligen Geländes einer Farbfabrik stattfinden konnte. «Das Gutachten hat nun aber ergeben, dass dieser Freistellungsbescheid rechtswidrig ist», betonte Wolf auf der Pressekonferenz.
Würde das Land also jenen Bescheid widerrufen, so müsste die Stadt Eisenach die oben genannte Summe, zuzüglich des Eigenanteils der Heinrich Becker GmbH zurückzahlen. «Das ist ein Betrag von rund 8,5 Millionen Euro», sagte Wolf, verwies dabei aber auch darauf, dass dieser Betrag nur bei Widerruf des Bescheides zu zahlen sei. «Im besten Fall kommt die Stadt ohne finanzielle Aufwendungen aus der Sache heraus», bemerkte sie.

An ihrer persönlichen Meinung zu dem umstrittenen Bauprojekt hält Wolf doch auch trotz des «Worst-Case-Szenarios» fest. «Ich halte ein solches Einkaufszentrum, wie es geplant ist, nicht für die beste Lösung. Ich wünsche mir einen Mehrwert, den die Bürger der Stadt aus der Nutzung des Areals in der Bahnhofstraße ziehen können und kein Risiko für den innerstädtischen Einzelhandel», führte die OB auch auf der Pressekonferenz noch einmal aus.

Bereits am gestrigen Abend hatte Wolf in einer Sondersitzung die Angehörigen des Stadtrates und die berufenen Bürger über die Ergebnisse der Stellungnahme der Anwaltskanzlei informiert. Ab morgen soll es den Stadträten, welche am 06. März in der Stadtratssitzung über das Bauvorhaben abstimmen werden, möglich sein, dass sie das Gutachten einsehen. «Natürlich müssen wir dabei eine entsprechende Vorsicht walten lassen, um einen Schaden für die Stadt zu verhindern», rechtfertigte Wolf, dass die Stadträte das Gutachten nicht ausgehändigt bekommen.

«Die Anwälte der Sozietät sind in ihren Ausführungen immer vom schlimmsten anzunehmenden juristischen Fall ausgegangen, sodass wir über diesen auch aufgeklärt sind», erklärte Arno Minas den Inhalt des Gutachtens.
Zugleich verwies er dabei aber auch darauf, dass es sich «auf keinen Fall um ein Gefälligkeitsgutachten» handelt, sondern dass man einfach nur für den schlimmsten Fall gerüstet sein will.

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