Einigung mit Haus Sachsen-Weimar-Eisenach

Goethe und Schiller bleiben in Weimar: Das Land Thüringen hat mit dem Großherzoglichen Haus Sachsen-Weimar-Eisenach eine gütliche Einigung erzielt, die unter anderem den endgültigen Verbleib des Goethe- und Schiller-Archivs in Weimar umfasst.
Nach rund zweijährigen Verhandlungen unter der Leitung von Kunststaatssekretär Dr. Jürgen Aretz ist es dem Freistaat gelungen, mit dem Haus Sachsen-Weimar-Eisenach eine Einigung zu erzielen, durch die das Weimarer Klassikererbe dauerhaft für die Öffentlichkeit gesichert wird. Das Haus Sachsen-Weimar-Eisenach hatte 1990 Rückübertragungsansprüche für die zwischen 1945 – 1949 enteigneten Kulturgüter angemeldet. Dazu gehören unter anderem nahezu das vollständige Goethe- und Schiller-Archiv, wichtige Teile der Herzogin Anna-Amalia-Bibliothek, nahezu das vollständige Inventar von Wartburg, Wittumspalais, Schloss Tiefurt und Liszt-Haus, zentrale Bestandteile der ehemaligen Kunstsammlungen zu Weimar, die Fürstengruft in Weimar sowie unentbehrliche Teile des Thüringischen Hauptstaatsarchivs.

Zentraler Bestandteil der erreichten Einigung ist eine dauerhafte Regelung in Bezug auf das Goethe- und Schiller-Archiv. Dieses bleibt Eigentum der Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen. Der Familie Sachsen-Weimar-Eisenach soll aus rechtshistorischen Gründen eine angemessene Vertretung in der Stiftung eingeräumt werden.

Die Familie verzichtet auch auf alle übrigen angemeldeten Rückübertragungsansprüche auf Kulturgüter. Der Freistaat verpflichtet sich im Gegenzug zu einer Zahlung in Höhe von 15,5 Millionen Euro. Die Summe wird in drei Raten gezahlt werden. Ende September dieses Jahres werden 2 Millionen Euro fließen, die verbleibenden 13,5 Millionen Euro Anfang und Mitte des Jahres 2004.

Die 15,5 Millionen Euro sollen wie folgt finanziert werden: Einen Betrag von 4,5 Millionen Euro sollen die Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen sowie die Wartburgstiftung aufbringen. Die Stiftungen werden dafür Kunstobjekte veräußern, die jedoch nach dortiger Einschätzung weder für den Sammlungsbestand noch für die Geschichte des Freistaats von zentraler Bedeutung sind. Die verbleibenden 11 Millionen Euro sollen durch den Verkauf von Waldflächen aus dem Haushalt des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt finanziert werden.

Staatssekretär Dr. Aretz, Leiter der für Restitutionen einberufenen interministeriellen Arbeitsgruppe, bewertet die Einigung als einen historischen Erfolg: «Es ist uns gelungen, Kulturgüter, die unverzichtbarer Bestandteil der deutschen Kulturtradition und der kulturellen Identität unseres Landes sind, dauerhaft für den Freistaat zu sichern. Damit ist klar: Die Wissenschaft und die kulturinteressierten Bürger werden weiterhin uneingeschränkten Zugang zu den kulturellen Schätzen unseres Landes haben.»

Die gütliche Einigung begrüßt auch Rechtsanwalt Hermann Loef, Bevollmächtigter des Großherzoglichen Hauses Sachsen-Weimar-Eisenach: »Die Einigung beruht auf dem Bestreben beider Seiten, ihrer gemeinsamen historischen Verantwortung gerecht zu werden. Das Großherzogliche Haus hat das Ziel des Erhalts von Kulturgütern für Thüringen, deren ideeller Wert unschätzbar ist, über die Verfolgung wirtschaftlicher Interessen gesetzt. Es hat so eine mäzenatische Tradition fortgesetzt, die das frühere Großherzogtum kulturell geprägt hat».

Die gütliche Einigung mit dem Haus Sachsen-Weimar-Eisenach wurde gestern vom Kabinett gebilligt. Heute Vormittag wurden die Landtagsfraktionen von CDU, PDS und SPD informiert. Der Landtag sowie die Stiftungsräte der Wartburgstiftung und der Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen müssen der gütlichen Einigung noch zustimmen. Ebenso muss das Vormundschaftsgericht die Einigung billigen. Rechtsanwalt Loef hat die Restitutionsverhandlungen im Auftrag des Hauschefs Prinz Michael von Sachsen-Weimar-Eisenach für dessen minderjährige und allein erbberechtigte Tochter Prinzessin Leonie geführt.

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