Kinder reden- Erwachsene hören zu

Was passiert, wenn Kinder über ihre Zukunft reden? Und was passiert, wenn sie diese Wünsche an Erwachsene richten, die ihre Zukunft gestalten?

In der Universitätsstadt Marburg diskutierten rund hundert Jugendliche im Alter von 12 bis 15 Jahren während des 8. Kindergipfels darüber, was sie von der großen Politik für eine gerechtere Welt erwarten. Für die Jugendlichen bedeutete das eine Gesellschaft ohne Kindersoldaten und Kinderarbeit, eine Welt mit einem fairen Wirtschaftssystem, mit Hilfe für die ärmeren Länder und mit Gesundheitssystemen, mit denen nicht in erster Linie Geld verdient werden soll. Außerdem setzten sie sich für Gleichberechtigung, eine gerechte Asylpolitik, einen Kampf gegen den Klimawandel und im Zeitalter von Internet für einen Schutz der Privatsphäre ein.

Sie formulierten während des Kindergipfels aber nicht nur Forderungen an die Politiker, sondern verpflichteten sich auch selbst zum Handeln und Umdenken. Damit der Klimawandel aufgehalten wird, wollen sie zum Beispiel «CO2 einzusparen, in dem wir Energiesparlampen benutzen, Strom sparsam verwenden und unsere Eltern überzeugen, auf Ökostrom umzusteigen.»
Zum Thema Gleichberechtigung erklärten sie unter anderem: «Wir verpflichten uns, unsere Klischees und Vorurteile zu überdenken und zu verändern.» Diese Forderungen und Selbstverpflichtungen, die die Jugendlichen in einem Zukunftsvertrag vom 13. bis zum 16. Mai in den Workshops verfasst hatten, wurden von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern unterschrieben und werden nun an die politischen Entscheidungsträger weitergereicht, zum Teil auch schon mit Politikern öffentlich diskutiert.

Die Gefahr, dass Kinder dabei zwar reden dürfen, Erwachsene aber nur zu hören, ist in Marburg nicht gegeben. Mitglieder des Kinder- und Jugendparlaments konnten in der Universitätsstadt bei der Auswahl und Gestaltung von Spielstätten in der Oberstadt mitwirken. So zum Beispiel beim Kornmarkt, auf dem sich Metallstühle mit Tischen aus gusseisernen Büchern befinden, in die Texte der Kinderweltliteratur in Deutsch und in ihrer Originalsprache eingegossen sind. Marburg hat zudem die Regelungen zur Kinderbetreuung, die vom Gesetzgeber vorgegeben wurden, schon weit vor dem eigentlichen Stichtag erfüllt.

Dass die Organisatoren des Kindergipfels, die Naturfreundejugend Deutschlands, sich Marburg ausgesucht haben, liegt aber nicht nur an der aktiven Beteiligung des Kinder- und Jugendparlaments an der Kommunalpolitik. Marburg ist auch Hauptstadt des Fairen Handels.
Oberbürgermeister Egon Vaupel brachte es bei der Pressekonferenz im Rathaus auf den Punkt: «Dass die Eröffnung in einem 500 Jahre alten Gebäude stattfindet, hat symbolischen Charakter. Politik muss nachhaltig, die Erde auch noch in 500 Jahren bewohnbar sein. Kinder diskutieren offener und zielgerichteter. Sie fangen oft bei sich an. Deswegen ist es wichtig, Kindern eine Stimme zu geben!»

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