Mehr Spielraum für die Kommunen bei der Festsetzung des Eigenanteils

«Die Thüringer Kommunen werden in Zukunft deutlich mehr Spielraum bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen bekommen. Insbesondere sollen die Kommunen flexibler über die Höhe des gemeindlichen Eigenanteils entscheiden können.» Dies erklärte Thüringens Innenminister Prof. Dr. Peter M. Huber bei der Vorstellung eines Gesetzentwurfs, der bereits gestern im Kabinett im ersten Durchgang beraten wurde. Grundsätzlich werden wir an der Pflicht zum Erlass von Straßenausbaubeitragssatzungen festgehalten, betonte der Minister. «Mit der Vorlage dieses Gesetzentwurfes nähern wir uns dem Ende eines der schwierigsten Kapitel der letzten Jahre. Wir schaffen eine bürgerfreundliche und für das Land finanzierbare Reform des Straßenausbaubeitragsrechts», stellte Professor Huber heraus.

«Wir eröffnen den Gemeinden die Möglichkeit von der Beitragserhebung im Ausnahmefall ganz abzusehen, wenn die finanziellen Möglichkeiten vor Ort das zulassen. Dies führt gerade dort, wo in der Vergangenheit Ausbaumaßnahmen durchgeführt wurden und die Gemeinden diese schon längst finanziert haben, zu Rechtsfrieden. Als Voraussetzungen für den Verzicht auf die Beitragserhebung sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Beitragserhebung zu keinem wesentlichen Vermögenszuwachs bei den Gemeinden führen dürfte. Außerdem muss die finanzielle Situation der Gemeinde dauerhaft so günstig sein, dass sie ohne Verletzung der Einnahmebeschaffungsgrundsätze auf die Beitragserhebung verzichten kann. Dies bedeutet, dass der Vorrang der besonderen Entgelte vor Steuern weiterhin bestehen bleibt. Zudem darf keine Kreditaufnahme geplant sein.

Den finanziell leistungsfähigeren Kommunen wird in Zukunft ein größeres Ermessen bei der Bestimmung ihres Gemeindeanteils eingeräumt. Dies bedeutet, dass bei Anliegerstraßen der Gemeindeanteil von jetzt 20 bis 30 Prozent auf bis zu 80 Prozent erhöht werden kann. Bei innerörtlichen Straßen kann der Gemeindeanteil von jetzt 40 bis 60 Prozent auf bis zu 85 Prozent angehoben werden und bei Straßen mit überörtlichem Durchgangsverkehr von jetzt 70 bis 80 Prozent auf bis zu 90 Prozent.
Als Voraussetzungen dafür nennt der Gesetzentwurf u. a., dass die Kommunen schuldenfrei sein müssen oder nur einen Schuldenstand von höchstens 150 Euro je Einwohner zum 31.12. des Vorjahres aufweisen. Zudem darf die Kommune bislang keine Bedarfszuweisungen in Anspruch genommen haben bzw. darf sie diese nach Erhöhung des Eigenanteils nicht benötigen. Ebenso darf keine Kreditaufnahme geplant sein. Mit Blick auf den Schuldenstand zum 31. Dezember 2009 würden ca. 26 Prozent aller Gemeinden diese Voraussetzung erfüllen.

Bezüglich der wiederkehrenden Beiträge kann zum einen in Zukunft das Verkehrsnetz des gesamten Gemeindegebiets als «öffentliche Einrichtung» bestimmt werden. Zum anderen wird es eine Regelung geben, wonach auch in der Vergangenheit angefallene Investitionskosten bei der Ermittlung der wiederkehrenden Beiträge innerhalb der nächsten 20 Jahre berücksichtigt werden können. «Das ist in den Kommunen wichtig, die schon wiederkehrende Beiträge erheben, aber für den Zeitraum davor keine einmaligen Beiträge erhoben haben», betonte der Minister.

Eine weitere Neuregelung betrifft die umfassende Information der Betroffenen, bevor Ausbaumaßnahmen begonnen werden. Da viele Bürger oft von «Luxus»-Ausbaumaßnahmen sprechen, müssen schon die Planungsunterlagen, die der Bürger einsehen kann, zukünftig nicht nur die gewählte Ausbauvariante enthalten, sondern auch Ausbaualternativen dazu. «Ich verspreche mir davon, dass schon lange vor Beginn der Maßnahme eine frühzeitige inhaltliche Auseinandersetzung aller Betroffenen mit dem geplanten Vorhaben erfolgt», erläuterte der Innenminister.

Um sicherzustellen, dass die Kommunen, ihrer Pflicht zum Erlass von Ausbaubeitragssatzungen und damit der Beitragserhebung nachkommen, enthält der Gesetzentwurf eine Befristung. Innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die Ausbaumaßnahme beendet wurde, müssen die Kommunen eine Satzung beschlossen haben. Übergangsweise beginnt diese 4-Jahres-Frist für Maßnahmen, die vor dem In-Kraft-Treten des Gesetzes beendet wurden, mit Ablauf des 31.12.2011. Für Maßnahmen die vor dem 1.1.2007 beendet wurden, muss die Gemeinde innerhalb eines Jahres nach In-Kraft-Treten des Gesetzes entscheiden, ob die Ausnahmetatbestände für den Verzicht auf eine Beitragserhebung vorliegen. Ansonsten muss innerhalb dieses Jahres eine Satzung beschlossen werden.