Neue Methode zur Volkszählung in Sicht

Bundesinnenminister Otto Schily hat es begrüßt, dass der Bundesrat nun der Vorbereitung eines registergesteuerten Zensus zugestimmt hat. „Damit ist der Weg frei für eine moderne Form der Volkszählung, die sich weitgehend auf vorhandene Daten stützt. Sie wird der Volkswirtschaft die notwendigen Informationen genauso exakt liefern wie die klassische Einzelbefragung aller Bürger, dabei aber Kosten sparen und die Bürger weniger mit zeitaufwendigen Befragungen belasten“, erklärte Schily.

Der registergestützte Zensus, bei dem auf vorhandene Daten aus Verwaltungsregistern und -dateien zur bundesweiten Erfassung demografischer Daten zurückgegriffen wird, soll in Zukunft die herkömmliche Volkszählung ersetzen. Um diese alternative Methode einzuführen, müssen zunächst Tests und Erhebungen zur Vorbereitung und Überprüfung dieser neuen Erhebungsmethode durchgeführt werden. Dem dient das jetzt beschlossene Gesetz.

Volkszählungen sind in größeren Zeitabständen erforderlich. Sie liefern Grunddaten über die Bevölkerung eines Landes sowie über deren Erwerbstätigkeit und Wohnsituation. Sie sind statistische Grundlage für politische wie für wirtschaftliche Entscheidungen und Planungen sowie wissenschaftliche Untersuchungen. So basieren beispielsweise der Länder-Finanzausgleich, die Zahl und Größe der Wahlkreise sowie die Stimmenverteilung der Länder im Bundesrat auf den Ergebnissen eines Zensus, insbesondere auf der amtlichen Bevölkerungszahl. Von der Wirtschaft werden Zensusergebnisse beispielsweise für Standortentscheidungen und die Bewertung ihrer Absatzmärkte benötigt. Auch die Europäische Union greift im Rahmen ihrer Struktur- und Regionalpolitik auf diese Daten zurück und fordert ihre Mitgliedstaaten auf, im Turnus von etwa zehn Jahren EU-weite Erhebungen durchzuführen.

Herkömmliche Volkszählungen sind teuer und stellen eine große Belastung für Verwaltung und Bevölkerung dar. Schätzungen gehen bei einer herkömmlichen Volkszählung von Kosten in Höhe von rund 2 Milliarden DM aus.

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Das Alternativkonzept des registergestützten Zensus ist hingegen deutlich billiger und einfacher. Das Statistische Bundesamt hat im Auftrag des Bundesministerium des Innern zusammen mit den Ländern das Konzept entwickelt, das nun mit unterschiedlichen Erhebungen und Untersuchungen getestet wird. Dieser Zugriff auf bestehende Daten reduziert Kosten und Aufwand gegenüber einer Primärerhebung. Vor allem der Einsatz des inzwischen vollständig automatisierten Meldewesens in den Ländern ermöglicht die Umsetzung des registergestützten Zensus. Demografische Daten aus den Melderegistern werden mit Daten zur Erwerbstätigkeit der Bundesanstalt für Arbeit zusammengefügt. Zusätzlich müssen Basisdaten zu Wohnungs- und Gebäudedaten von den Hauseigentümern erfragt und ergänzt werden. Die aus diesen verschiedenen Quellen erhobenen Daten sollen zu einem kombinierten Datensatz zusammengeführt werden.

Mit dem Alternativkonzept zur herkömmlichen Volkszählung wird bei der amtlichen statistischen Erhebung Neuland betreten. Eine entsprechende Testphase mit Qualitätsuntersuchungen der relevanten Register, die Auswertung der aus den verschiedenen Quellen gewonnenen Daten, Verfahrenstests, Erhebungen und Personenbefragungen sind daher unerlässlich. Für die im Gesetz vorgesehene Testphase sind somit zunächst umfangreichere Erhebungen als für den endgültigen registergestützten Zensus erforderlich. Weiterhin wird untersucht, welche im Testgesetz vorgesehenen Merkmale für das neue Verfahren wirklich benötigt werden.

Das Gesetz sieht u.a. Testerhebungen und Stichproben zur Ermittlung von „Karteileichen“ und Fehlbeständen bei Meldebehörden und Personen in ausgewählten Gemeinden (max. 570) und Gebäuden (max. 38.000) vor. Außerdem werden stichprobenartig Daten von Gebäudeeigentümern und Haushalten in ausgewählten Gemeinden (max. 230) und Gebäuden (max. 16.000) erhoben. Außerdem sind Verfahrenstests und methodische Untersuchungen, Tests zur Gewinnung von Daten über Haushalte und die Überprüfung der zusammengeführten Daten aus der Haushaltsstichprobe vorgesehen. Dem Datenschutz wird bei der Erprobung des Alternativkonzepts besondere Bedeutung beigemessen. Er wird entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Volkszählungsurteil vom 15. Dezember 1983 voll gewahrt.

Alle für die Testuntersuchungen erforderlichen personenbezogenen Daten werden von den statistischen Ämtern der Länder und dem Statistischen Bundesamt erhoben und verarbeitet. Die Einzeldaten verbleiben ausschließlich in besonders geschützten Bereichen der statistischen Ämter und fallen unter die statistische Geheimhaltung.. Die Hilfsmerkmale, wie beispielsweise Name und Anschrift, werden so bald wie möglich wieder gelöscht. Die Datenüberprüfung und -berichtigung im Rahmen der methodischen Untersuchungen erfolgt ebenfalls ausschließlich in den statistischen Ämtern. Rückmeldungen an die registerführenden Verwaltungsbehörden als Datenquelle sind nicht zulässig.