Thüringen bisher ohne offene Drogenkonsumszene

Das Thüringer Innenministerium hat zum Sucht- und Drogenbericht der Bundesregierung für das Jahr 2000 wichtige statistische Daten und Fakten hinsichtlich der Rauschgiftkriminalität zusammengestellt.

Straftaten der Rauschgiftkriminalität sind im Jahr 2000 auf 4790 Fälle angestiegen (1999 = 3775 Fälle).
Die Situation der Rauschgiftkriminalität war im Jahr 2000 gekennzeichnet durch:
– den Anstieg der Rauschgiftkriminalität insgesamt gegenüber 1999 um 26 %,
– die Steigerung der Fälle des illegalen Handels und Schmuggels mit Betäubungsmitteln von 990 Fällen auf 1164 Fälle,
– die Zunahme der ermittelten Tatverdächtigen von 3457 auf 4301 Tatverdächtige,
– den geringfügig gestiegenen Anteil der «harten» Drogen Heroin und Kokain an den Rauschgiftdelikten,
– die Steigerung der Anzahl der Sicherstellungen von 1351 im Jahr 1999 auf 2174 im Jahr 2000,
– den Anstieg der Drogentoten von 7 auf 10.

Zur Geschlechts- und Altersstruktur der ermittelten Tatverdächtigen ist zu erwähnen, dass:
– 87,7 % der Tatverdächtigen männlichen Geschlechts,
– 57,6 % aller Tatverdächtigen zwischen 18 und 25 Jahren und
– 28,0 % zwischen 14 und 18 Jahren, also Jugendliche waren.

Von den insgesamt 4301 Tatverdächtigen der Rauschgiftkriminalität waren 3155 Konsumenten von Rauschgiften. Der überwiegende Teil konsumierte Cannabis (1710), gefolgt von Amphetamin und Amphetaminderivate (einschl. Ecstasy), das von 565 Tatverdächtigen eingenommen wurde.

Trotz des Anstieges der erfassten Fälle der Rauschgiftkriminalität liegen die Fallzahlen in Thüringen im Vergleich mit den alten Bundesländern noch auf relativ niedrigem Niveau, so der Sprecher des Innenministeriums. Eine «offene Konsumszene», wie in den alten Bundesländern häufig auf der Tagesordnung, konnte bisher in Thüringen verhindert werden.

Im Freistaat Thüringen sind das Landeskriminalamt und die Kriminalpolizeiinspektionen für die Verfolgung der Rauschgiftdelikte bezogen auf die Händler und Dealer, d. h. illegaler Handel und Schmuggel, zuständig. Die Schutzpolizei verfolgt die Konsumdelikte und den Kleindealerbereich. Insbesondere bei Verkehrskontrollen und den sog. verdachtsfreien Kontrollen konnte mit Hilfe von Rauschgiftschnelltests wie Drug Wipe in einer Vielzahl von Fällen bereits vor Ort festgestellt werden, dass Kraftfahrer unter Einfluss von Drogen am Straßenverkehr teilgenommen haben. Das Phänomen der Teilnahme am Straßenverkehr unter Drogeneinfluss nimmt das Innenministerium sehr ernst, denn hier gefährden zumeist jugendliche Kraftfahrer nicht nur sich selbst, sondern auch die Allgemeinheit, so der Ministeriumssprecher. Es ist deshalb vorgesehen, in nächster Zukunft einen weiteren Rauschgiftschnelltest einzuführen, um den Nachweis von Drogen an Ort und Stelle noch effektiver zu gestalten. Der erhöhte Verfolgungsdruck lässt sich u. a. an der Anzahl und der Menge der Rauschgiftsicherstellungen dokumentieren.

Im Freistaat wurden im Jahr 2000 insgesamt 2.174 Sicherstellungen von Rauschgiften realisiert und u. a. insgesamt
– ca. 71,5 kg Haschisch,
– ca. 9,8 kg Marihuana,
– ca. 1,3 kg Heroin,
– ca. 3,4 kg Amphetamine sowie
– 18.244 Stück Ecstasy-Tabletten und
– 2.240 Cannabis-Pflanzen sichergestellt .

Die repressiven Maßnahmen der Thüringer Polizei verfolgen insbesondere das Ziel, den Handel und Schmuggel von Betäubungsmitteln einzudämmen.

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Die Verfügbarkeit illegaler Drogen sowie ihre leichte Beschaffbarkeit hat im Freistaat Thüringen, wie auch in den anderen neuen Bundesländern, deutlich zugenommen. Obwohl die Thüringer Polizei zahlreiche Täter ermitteln konnte, sind z. B. festgenommene Tatverdächtige schneller durch Neue ersetzt, als diese ihrer strafrechtlichen Verantwortlichkeit zugeführt werden konnten. Hauptgrund dafür sind die enormen kriminellen Vermögensgewinne. Gestiegen sind die Grammzahlen der sichergestellten illegalen Betäubungsmittel wie Cannabis- und Cocaprodukten, Amphetaminen und LSD. Einen Rückgang konnte das Landeskriminalamt (LKA) lediglich bei Heroin und Marihuana verzeichnen.

Die Thüringer Polizei hat neben den genannten zahlreichen repressiven Maßnahmen auch die Prävention nochmals verstärkt. Insbesondere zu erwähnen sind die Aktivitäten der Polizeilichen Beratungsstellen sowie Aufklärungsmaßnahmen in Form von Öffentlichkeitsarbeit an den Schulen, in Jugendclubs usw. Darüber hinaus wird vom Landeskriminalamt das «Spiel ohne Grenzen» veranstaltet, bei dem Schülerinnen und Schüler auf Stadt-, Kreis- und Landesebene sportliche Wettkämpfe durchführen und Informationen zum Thema «Keine Macht den Drogen» vermittelt bekommen. Das Landeskriminalamt übernimmt ebenso jährlich die Schulung und Informationen der Thüringer Lehrer, Sozialarbeiter und Sportübungsleiter zum Thema Drogen. Im vergangenen Jahr fanden 15 Informationsveranstaltungen statt mit rund 350 Teilnehmern. Eine weitere Stütze der Präventionsprogramme ist die Landeskoordinierungsgruppe «Suchtprävention». Zusätzlich hat jede Polizeidirektion in Thüringen einen Drogenbeauftragten, der auch auf Anforderung Informationsveranstaltungen durchführt.

Wichtige Sicherstellungen im Jahr 2000

– Drei Thüringer und ein Niederländer wurden im Januar vergangenen Jahres auf dem Parkplatz Eisenach an der BAB 4 bei der Übergabe von 10000 Ecstasy-Tabletten festgenommen. Das Rauschgift war für den Raum Jena bestimmt. Den Händlern konnten mehrere illegale Einfuhren nachgewiesen werden.

– Unbekannte Täter versteckten in Erfurt in einer Parkanlage 537 Gramm Heroin, für den Straßenverkauf portioniert. Spaziergänger hatten das «Fundgut» bei der Polizei angezeigt.

– Ein 20-jähriger Treffurter erntete 2244 Gramm Marihuana von seinen im eigenen Gewächshaus angebauten Cannabispflanzen. Er wollte das Cannabisprodukt gewinnbringend verkaufen.

– Im Mai wurden im Bereich Suhl vier arabische Täter und zwei Thüringer während eines Scheingeschäfts festgenommen. Die Polizei stellte 7 Kilogramm Haschisch sicher.

– In einer Wohnung in Erfurt stellte die Polizei aufgrund eines Hinweises aus der Bevölkerung 25 Kilogramm Haschisch und 200 Gramm reinstes Kokain sicher. Ein sich in Deutschland illegal aufhaltender Araber wurde als Täter ermittelt.

– Im Bereich Jena wurden drei Thüringer Dealer festgenommen, und 5 Kilogramm Haschisch sichergestellt. Den Tätern konnte außerdem der Besitz von insgesamt 60 Kilogramm Haschisch nachgewiesen werden, das sie im Raum Jena an Konsumenten verkauft hatten.

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