Bundestagsdebatte über werdende Mütter
Hirte: «Bessere Beratung soll helfen»

Wenn eine schwangere Frau die Nachricht erhält, dass ihr ungeborenes Kind behindert ist, bricht für sie die Welt zusammen. Hier zu helfen, muss Aufgabe der Politik sein. Das meint auch der Bundestagsabgeordnete Christian Hirte (CDU). Am Donnerstagnachmittag nahm der junge Abgeordnete besonders interessiert an der Debatte im Bundestag zur Verbesserung der Beratung von Schwangeren vor und nach einer vorgeburtlichen Untersuchung teil.

Die auf hohem Niveau geführte Diskussion war von einem sehr hohen Verantwortungsgefühl der Abgeordneten geprägt. Es gab hierbei keinen Parteienstreit – eine seltene Ausnahme, wie Hirte anmerkte. Konsequenter Weise gab es hierzu auch keine Fraktions-Anträge, sondern vier überparteiliche Gesetzesentwürfe aus der Mitte des Parlaments. Die Sorge um das Wohl der Mutter war allen Entwürfen gemeinsam, Unterschiede bestanden hinsichtlich des Schutzes für das ungeborene Kind.

Im Grunde geht es um die Entscheidung, unter welchen Umständen ein Kind nach der 12. Schwangerschaftswoche noch abgetrieben werden darf. Seit 1995 ist die sogenannte embryopathische Indikation beim Schwangerschaftsabbruch abgeschafft, weil sie eine Diskriminierung von behinderten Menschen bedeutet. Legal ist dies in Deutschland nur möglich, wenn eine schwere Fehlbildung des Kindes vorliegt und deswegen die psychische Gesundheit der werdenden Mutter gefährdet ist.

Hirte macht es sich als Vater einer kleinen Tochter sichtlich nicht leicht mit der Beantwortung dieser Frage. Vielmehr verweist er auf einen Fall in seiner Familie. Einem verwandtem Ehepaar sei nach den vorgeburtlichen Untersuchungen gesagt worden, dass das Kind schwer behindert auf die Welt kommen würde. Die Ärzte empfahlen daher den Abbruch der Schwangerschaft. Die junge Familie entschied sich gegen den Rat der Ärzte und für das Kind. «Und das Kind ist heute kerngesund», freut sich Hirte. Aber der Druck auf das junge Paar nach der Diagnose sei enorm gewesen. Kaum jemand könne sich vorstellen, wie die weiteren Begleitumstände einer solchen Schwangerschaft seien und wie man die Geburt erwarte.

Tatsächlich gehen Wissenschaftler der Charité in Berlin davon aus, dass sechs Prozent der Abbrüche auf der Grundlage einer falschen Diagnose erfolgen. Auch die Diagnose selbst ist nicht ungefährlich. In seltenen Fällen kann es gar zur Fehlgeburt kommen. «Meine Frau und ich standen gerade selbst vor der Entscheidung, ob wir eine Fruchtwasseruntersuchung machen lassen. Der Arzt ist verpflichtet auf die Untersuchung zu verweisen, wenn er sich nicht in Gefahr begeben will, bei einer späteren Missbildung schadenersatzpflichtig zu machen», erzählte Hirte, der im April seine zweite Tochter erwartet. Seine Frau ist über 35 Jahre alt und läuft deswegen unter dem unschönen Schlagwort «Risikoschwangerschaft».

Das Ehepaar Hirte entschied sich gleichwohl dagegen: Zunächst gäbe es ein Risiko von zwei bis drei Prozent, dass die Fruchtwasseruntersuchung zu einem vorzeitigen Abgang des ungeborenen Kindes führt. Die Hebamme hatte allein für dieses Jahr zwei solche Verluste aus ihrer Gruppe zu berichten. Das Risiko eines Kindsverlustes oder einer Beeinträchtigung des Kindes müsse ins Verhältnis zu der Wahrscheinlichkeit einer Behinderung gesetzt werden. Und schließlich: «Was macht man denn, wenn man erfährt, dass das eigene Kind möglicherweise eine Behinderung hat? Ist die Prognose eines Down-Syndrom tatsächlich ein Grund für eine Abtreibung?», fragt Hirte, der damit den Kern der Debatte im Bundestag getroffen hat.

Deswegen ist Hirte dafür, dass in solchen Situationen besser beraten werden muss. «Wir müssen den Druck abbauen, der bei einer solchen Entscheidung auf den Frauen und ihren Partnern lastet. Für mich geht es darum, dass man den Betroffenen bei der Entscheidung hilft und die verschiedenen Möglichkeiten aufzeigt. Dazu gehört auch, auf letzte Erkenntnismöglichkeiten zu verzichten», betonte Hirte. Bis zur Geburt der zweiten Tochter hofft Hirte, dass die Debatte weiter frei von Parteigezänk bleibt und nicht die Angst vor Krankheit, sondern die Freude aufs Kind verstärkt.

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