Kinderschutz stellt hohe Anforderungen – Jugendämter brauchen Vertrauen

Zum ARD-Film: Katharina Bruckner – 12 mal auch im Jugendamt des Wartburgkreises im Einsatz

Kürzlich haben ihr viele zugeschaut und emotional Anteil genommen: Katharina Bruckner alias Corinna Harfouch als Frau vom Jugendamt, die für den kleinen Joe und seine Mutter die Weichen für eine bessere Zukunft stellt. Katharina Bruckner steht für viele andere: Bundesweit sind rund 8.000 Bezirkssozialarbeiter/-innen in den Allgemeinen Sozialen Diensten der Jugendämter beschäftigt – allein 12 davon im Wartburgkreis.

Häufig redet man in der Öffentlichkeit nur dann über ihren Beruf, wenn es schlecht läuft, wenn Kinder trotz Hilfen zu Schaden kommen. Damit gerät aus dem Blick, welche vielfältige und oft erfolgreiche Unterstützung für Kinder, Jugendliche und Familien die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Allgemeinen Sozialen Dienste leisten. Sie beraten Mütter, Väter und alle Personen mit Erziehungsfragen, sie organisieren alltagspraktische Hilfen und Entlastung für Familien, sie fördern Kinder in ihrer Entwicklung – oder sorgen im Zweifelsfall wie bei Joe zeitweilig auch für den notwendigen Schutz von Kindern. Das Spektrum an Problemen, auf die der ASD tagtäglich Antworten sucht, ist dabei breit: ratlose Eltern, Familienkrisen, Schulprobleme, Gewalt, Alkohol- und Drogensucht.

«Wir wissen, dass Eltern in der Regel das Beste für ihre Kinder wollen. Nur manchmal ist der Alltag, die eigene Biografie so belastend, dass Erziehung alleine nicht gelingt. Häufig hilft es dann, jemanden an seiner Seite zu haben. Deshalb setzen wir auch bei Problemen alles in erster Linie daran, die Eltern in ihrer Erziehung zu stärken und zu unterstützen und mit ihnen gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Wir sind ihre Partner in Erziehungsfragen», erläutert Brenda Wetzestein, die den Allgemeinen Sozialen Dienst im Jugendamt des Wartburgkreises leitet.

Die Sozialen Dienste der Jugendämter haben die Aufgabe, Eltern und ihre Kinder dort zu unterstützen, wo Hilfe notwendig ist. Dies erfolgt vor allem durch beratende und unterstützende Hilfen bei der Erziehung, wie etwa in Form einer ambulanten Familienhilfe. Auf diese Hilfen sind zunehmend mehr Familien angewiesen: 22.128 Hilfen zur Erziehung haben die Jugendämter 2012 in Thüringen geleistet. 20.094 waren es noch in 2008. 9 % mehr, als noch in 2008. Allein im Wartburgkreis wurden im Jahr 2012 491 Hilfen zur Erziehung für Familien, Kinder und Jugendliche beschieden.

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Wann aber ist Unterstützung und Hilfe in der Familie noch aussichtsreich? Und wann ist der Punkt erreicht, wo Sicherheit und Schutz des Kindes eine zumindest vorübergehende Trennung von den Eltern erfordern? Und welche Risiken wiederum bringt die Trennung von den Eltern für den weiteren Lebensweg des Kindes?

Alle sind sich einig: Kinder und Jugendliche bedürfen des Schutzes durch die Gesellschaft. Doch welcher Weg im Einzelfall der Richtige ist, diese Frage verlangt den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern im Jugendamt im Einzelfall schwierige Abwägungsprozesse ab. Kinderschutz ist eben kein Kinderspiel! «Wir versuchen uns immer ein möglichst umfassendes Bild zu machen und vielfältige Perspektiven einzunehmen. Alleine kann man eine solche Entscheidung oft gar nicht treffen, schließlich haben sie weitreichende Folgen für die Lebensläufe der Kinder. Die Beratung jedes einzelnen Falls mit den Kollegen und Kolleginnen ist deshalb unverzichtbarer Bestandteil unserer täglichen Arbeit», erläutert Brenda Wetzestein.

Und auch hier erhöhen steigende Fallzahlen die Belastungen für die Fachkräfte der Allgemeinen Sozialen Dienste: Im Jahre 2013 wurden seitens der Jugendämter in Thüringen in gut 3438 Fällen geprüft, ob ein Kind gefährdet ist und ob akute Maßnahmen zu seinem Schutz ergriffen werden müssen.

Was braucht der ASD, um diese schwierige Arbeit so erfolgreich schultern zu können wie Katharina Bruckner? Brenda Wetzestein hat darauf eine klare Antwort: «Wir brauchen genügend und gut qualifiziertes Personal, das durch Supervision, Beratung und Fortbildung in dieser schwierigen Aufgabe ausreichend unterstützt wird. Und wir brauchen Bürgerinnen und Bürger, für die das Jugendamt nicht Drohkulisse, sondern unverzichtbarer Partner im Kinderschutz ist und die Eltern ermutigen und bestärken, sich bei Fragen und Problemen auch hier Hilfe zu suchen. Denn das ist oft schon der erste Schritt zur Lösung.»

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