2. Handballbundesliga Männer: SC DHfK Leipzig – ThSV Eisenach 29:28 (10:15)

ThSV Eisenach im Finish erneut ohne Körner

Wartburgstädter unterliegen nach 15:10-Halbzeitführung bei Tabellenführer SC DHfK Leipzig noch mit 28:29/
Trainer Velimir Petkovic kündigt harte Zeiten an

Binnen drei Tagen gab der ThSV Eisenach im Duell mit zwei Spitzenteams der Liga sicher geglaubte Doppelpunktgewinne aus der Hand. und ist mit nunmehr 11:13 Punkten ins Tabellen-Mittelfeld abgetaucht. Der 25:26-Heimniederlage (nach einer 18:13-Führung, 36.Min.) gegen den TV Bittenfeld folgte eine 28:29-Auswärtsniederlage (nach einer 21:16-Führung, 39. Min.) bei Tabellenführer SC DHfK Leipzig. „Beide Male waren im Finish einige Spieler überfordert“, lautete eine der klaren Aussagen von Eisenachs Trainer Velimir Petkovic nach der Partie in der sächsischen Metropole.
In fantastischer Handballatmosphäre, über 200 aus Eisenach angereiste Fans ließen die Zuschauerzahl in der arena Leipzig auf über 3.000 klettern, fehlten den Wartburgstädtern im Finish die Körner, um die wie entfesselt auftrumpfenden Gastgeber in die Schranken zu weisen. Eine vierminütige Überzahl mit dem Treffer von Branimir Koloper zur 28:27-Führung (58.) vermochten die Wartburgstädter nicht zur Entscheidung zu nutzen. Sie ließen sich vielmehr die Butter vollends vom Brot nehmen.

„Einige hatten die Hosen voll.“
Nach dem Abpfiff blieb die Kabinentür der Eisenacher ganz lange zu. Velimir Petkovic, seit knapp vier Wochen Trainer, richtete unmissverständliche Worte an sein Team. Auch für die vor der Tür wartenden Journalisten suchte er nicht nach Ausflüchten. „International erfahrene Spieler haben in der Schlussphase vor 22-jährigen Leipzigern gezittert. Wir hatten die Hosen voll. Wir waren in Überzahl nicht in der Lage, das Leder von halblinks auf halbrechts laufen zu lassen. Einige Spieler scheinen nicht für unsere Ziele geeignet. Ich bin frisch, ich will mit dem ThSV Eisenach Erfolg und nicht zwei Jahre in der 2. Liga spielen. Es gibt riesengroße Baustellen. Ich gehöre nicht zu den modernen Trainern, die mit den Spielern Kaffeetrinken gehen. Ich verlange Disziplin und harte Arbeit. Es wird ab sofort nichts mehr so sein, wie es war. Manche wird es freuen, manche werden zittern“, erklärte der 58-Jähre mit Bestimmtheit. Er zollte gleichzeitig den Sachsen ein Lob: „Der SC DHfK Leipzig ist eine über zwei Jahre gewachsene Mannschaft, mit einem cleveren Mittelmann und einem Top-Kreisläufer. Sie sind der Top-Kandidat auf den Aufstieg.“ Christian Prokop, der Coach des Tabellenführers, war natürlich Happy: „Im ersten Abschnitt verloren wir völlig unser Konzept, konnten unsere Wurfchancen nicht nutzen, legten uns stattdessen mit den Schiedsrichtern an. Von unseren Zuschauern gepuscht kamen wir im zweiten Abschnitt über die emotionale Schiene im Kampf um jeden Zentimeter zurück. Eisenach holte sich Zeitstrafen ab, was uns half.“ Die Unparteiischen Hanspeter Brodbeck/Simon Reich hatten in dieser „Schlacht in Leipzig“ einen schweren Job. Sie verhängten insgesamt 30 Strafminuten, fast gleichmäßig verteilt. Bei verbalem Reklamieren oder Gesten nach Schiedsrichterentscheidungen zeigten sie sich ausgesprochen dünnhäutig. Das bekamen Leipzigs Lars Binder (19.) und Thomas Oehlrich (56.) sowie Eisenachs Hannes Jon Jonsson (44.) zu spüren. Einige überzogene Attacken der Gastgeber gegen Branimir Koloper, Marcel Schliedermann und Girts Lilienfelds blieben indes ungeahndet. Nach einer solchen war für Marcel Schliedermann nach längerer Behandlung auf dem Parkett die Partie vorzeitig beendet (51.).

Eisenacher Abwehrbollwerk im ersten Abschnitt von Leipzigern kaum zu knacken
Der ThSV Eisenach war basierend auf einer ganz starken Deckung im Zusammenspiel mit Torhüter Rene Villardsen (parierte 11 Bälle bis zur Pause) das klar dominierende Team. Die Hausherren zeigten sich beeindruckt. Der zuletzt in der Kritik stehende Nick Heinemann ließ sich von einer misslungenen Auftaktaktion nicht beeinflussen, versenkte danach die Bälle schnörkellos von Rechtsaußen. Gekonnt das Zuspiel von Adrian Wöhler von Linksaußen zum zur Kreismitte eingelaufenen Bjarki Elisson, der zum 7:11 einnetzte (21.). Die Eisenacher zogen vom 5:5 (16.) auf 7:12 (22.) davon. Aivis Jurdzs war Vorlagengeber zum 9:14 (Hansen, 28.) und 10:15 (Heinemann, 29.). „Wir hätten zur Pause deutlicher führen müssen“, befand Velimir Petkovic. Er ärgerte sich hier bereits maßlos, dass ein während einer Auszeit kurz vor der Halbzeitsirene besprochener Spielzug nicht umgesetzt wurde.

Erneut 5-Tore-Führung nicht behauptet
Mit ungebrochenem Elan kamen die Thüringer aus den Katakomben zurück. Girts Lilienfelds traf in Unterzahl zum 14:18 (35.). Hannes Jon Jonsson vollendete ein Soli zum 16:21 (39.).
Die Eisenacher Vorherrschaft hatte allerdings ab der 40. Minute (beim Stand von 18:22) keinen Bestand mehr. „Es gab die klare Ansage, nicht provozieren lassen. Was machen wir? Wir lassen uns provozieren“, konstatierte ein insbesondere von seinen Haudegen enttäuschter Velimir Petkovic. Die im Schnitt um 4 Jahre jüngeren Sachsen, mit einem überragenden torgefährlichen Rückraumspieler Philipp Weber (9 Tore), aber auch Youngster Franz Semper aus der eigenen Nachwuchs-Bundesliga-Team, hatten im Schlussgang einfach mehr zum Zusetzten. Den ersten Angriff konnten die Eisenacher noch abwehren. Nach der völlig unnötigen Zeitstrafe von Hannes Jon Jonsson trafen die Hausherren in Überzahl im Doppelpack von Rechtsaußen durch Lucas Krzikalla (18 Jahre) zum 22:23 (46.). Die Eisenacher antworteten mit einem Doppelschlag von Girts Lilienfelds zum 22:25 (47.) und gestatteten den powernden Sachsen nicht den Ausgleichstreffer. Adrian Wöhler traf von Linksaußen zum 24:26 (51.), Bjarki Elisson verwandelte einen am nachsetzenden Branimir Koloper verwirkten Siebenmeter zum 25:27 (53.). Mit einer Energieleistung tankte sich Leipzigs bulliger Kreisspieler Alen Milosevic zum 27:27-Ausgleich durch (55.). Kurz darauf streckte Leipzigs Ex-Kapitän Thomas Oelrich Eisenachs Branimir Koloper nieder und kassierte eine Zeitstrafe. Beim Abgang fand er unpassende Worte, was die Referees mit einer zweiten Zeitstrafe gegen ihn ahndeten (56.). Das bedeutete 4 Minuten Überzahl für den ThSV Eisenach! Mehr als das 27:28 (58.) durch Branimir Koloper auf Zuspiel von Girts Lilienfelds sprang aber nicht heraus. Die Leipziger gingen volles Risiko, brachten bei Ballbesitz für ihren Torhüter einen zusätzlichen Feldspieler. Max Emanuel (18 Jahre) zog selbstbewusst aus dem rechten Rückraum zum 28:28 ab (58.). Die Eisenacher wechselten im Tor. Stanislaw Gorobtschuk löste den im ersten Abschnitt glänzenden Rene Villadsen ab. Eisenachs Rückraumspieler Girts Lilienfelds verfehlte unter harter Bedrängnis den Leipziger Kasten. Die Hausherren besprachen 38 Sekunden vor Ultimo ihren letzten Angriffszug. Die Umsetzung klappte bestens. Sie kombinierten zu Alen Milosevic an der Kreismitte, der nur regelwidrig gestoppt werden konnte, Philipp Pöter, vor Saisonbeginn von TUSEM Essen gekommen, verwandelte den verhängten Strafwurf gegen Rene Villadsen zum 29:28 (60.). Da waren noch 20 Sekunden zu spielen. Ausreichend Zeit für einen zielführenden Angriffszug. Dieser Chance beraubten sich die Thüringer selbst mit einem Wechselfehler. Beim Einwechseln eines zusätzlichen Feldspielers für Torhüter Rene Villadsen betrat Hannes Jon Jonsson zu früh das Spielfeld. Das Kampfgericht informierte die Schiedsrichter. Zeitstrafe gegen Hannes Jon Jonsson und Ballbesitz für Leipzig. Die Partie war entschieden. Der SC DHfK Leipzig lag während der gesamten 60 Minuten nur zwei Mal in Führung: beim 3:2 (11.) und beim 29:28 in der letzten Minute. Sie entschieden die 2. Halbzeit allerdings mit 19:13 für sich. Die Sachsen marschieren schnurstracks in Richtung 1. Handballbundesliga!

Statistik

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SC DHfK Leipzig: Storbeck, Tovas; Semper, Emmanuel (5), Krzikalla (3), Pöter (6/3), Oehlrich, Binder (4), Roschek, Weber (9/2), Milosevic (2), Pechstein, Streitenberger, Greß

ThSV Eisenach: Villasen, Gorobtschuk; Elisson (4/3), Wöhler (3), Jurdzs (2), Jonsson (4), Luther (2), Forstbauer, Schliedermann, Hansen (1), Heinemann (4), Lilienfelds (5), Koloper (3), Seifert

Siebenmeter: SC DHfK Leipzig 6/5
ThSV Eisenach 4/3

Zeitstrafen: SC DHfK Leipzig 7 x 2 Min.
ThSV Eisenach 8 x 2 Min.

Schiedsrichter: Brodbeck/Reich

Zuschauer: 3.021

Th. Levknecht