Abwehrschlacht ohne Happyend

In einer von zwei ganz starken Abwehrreihen geprägten Partie unterlag der ThSV Eisenach zum Abschluss der ersten Halbserie der 2. Handballbundesliga Männer Süd beim HC Erlangen vor einer stimmungsvollen Kulisse von 1300 Zuschauern mit 18:20 (11:10). Die Franken tauschten dadurch mit den Thüringern die Tabellenplätze. Der ThSV Eisenach rutschte mit nunmehr 17:17 Punkten auf Platz 9, der HC Erlangen verbesserte sich mit 18:16 Zählern auf den 8. Rang.
Beide Tabellenplätze bedeuten am Saisonende die direkte Qualifikation für die neue eingleisige 2. Handballbundesliga. Doch noch stehen die 17 Begegnungen der Rückrunde aus, von denen zwei im alten Kalenderjahr absolviert werden. Der ThSV Eisenach trifft da auf zwei Spitzenteams der Liga, gastiert am Sonntag, 26.12.2010 beim Bergischen HC und empfängt am Mittwoch, 29.12.2010 um 19.30 Uhr in der heimischen Werner-Aßmann-Halle den TV Bittenfeld.

«Tolle Abwehrreihen mit tollen Torhütern», waren sich die Trainer Frank Bergemann (Erlangen) und Adalsteinn Eyjolfsson (Eisenach) nach dem Abpfiff einig. «Letztlich gaben Kleinigkeiten, ja nur Nuancen den Ausschlag», befand Radek Musil, der Keeper des ThSV Eisenach, der kurz vor der Halbzeitpause in den Kasten der Wartburgstädter kam und sofort auf Betriebstemperatur war. «Vorbildlich unser Teamgeist, unsere Leidenschaft in der Abwehr. Durch die Dominanz der Abwehrreihen war das Tempo nicht sonderlich hoch, liefen wir nicht so viele Angriffe wie gewöhnlich, fehlte die Flüssigkeit. Eine Angriffseffektivität von unter 50 Prozent im zweiten Abschnitt war letztlich zu wenig», erklärte Adalsteinn Eyjolfsson nach einem Blick in die statistischen Aufzeichnungen von Mannschaftsleiter Knut Schauer. Eisenachs Trainer räumte schlussfolgernd aus dem letzten Heimspiel Kreisspieler Petr Hruby und dem jungen Rückraum-Linkshänder Gabor Langhans längere Einsatzzeiten ein. Beide standen auch in der Anfangsformation, die für eine Eisenacher 4:1-Führung zum Auftakt gesorgt hatte (8.). Zu Beginn der zweiten Spielhälfte verwandelten die Wartburgstädter einen 10:13-Rückstand (36.) in eine eigene 14:13-Führung (40.), versäumten es aber nachzulegen.
Die Entscheidung fiel in dieser für die heutige (Handball-)Zeit torarmen Begegnung in der Schlussetappe. Eryk Kaluzinski, mit Licht und viel Schatten, war zur 17:16-Führung der Eisenacher durchgestartet (51.). Dann bekam Benjamin Trautvetter, von mehreren Abwehrspielern dicht bedrängt, das Leder gleich zweifach nicht unter Kontrolle, unterlief Eryk Kaluzinski ein Technik- und Regelfehler. «Mit der dritten Luft nutzten wir nun die sich uns bietenden Kontermöglichkeiten clever», strahlte Erlangens Trainer Frank Bergemann mit Blick auf die drei Treffer zur eigenen 19:17 (58.)-Führung, die begünstigt durch eine Zeitstrafe gegen die Thüringer fielen. Elf Sekunden später zappelte ein Kaluzinski-Kracher zum Eisenacher Anschlusstreffer im Netz. Da waren noch 109 Sekunden (viel Zeit im Handball) zu absolvieren. Mit Power und Geschick gleichermaßen suchten die Gastgeber die Entscheidung. Sie durften aber auch auf das Glück vertrauen. Zwei von ThSV-Schlussmann Radek Musil abgewehrte Bälle landeten wieder in den Erlanger Reihen. Dann zischte 25 Sekunden vor Ultimo eine Fackel von Christoph Nienhaus zum 20:18 und zur vollkommenen Glückseeligkeit der Franken in den Eisenacher Kasten. «An Zusammenhalt, Geschlossenheit und Leidenschaft hat meine Mannschaft deutlich zugelegt. Ich bin mir sicher, diesen Weg zielstrebig weiter beschreitend, werden wir unsere Punkteausbeute noch kräftig aufstocken», erklärte Adalsteinn Eyjolfsson. Die Umsetzung der 5:1-Abwehr sowie einer jugoslawischen 3:2:1-Variante bezeichnete er als überraschend gut gelungen.

Ein Zungenschnalzer, Eisenachs Kempa-Treffer
Die Thüringer begannen in der prall gefüllten Karl-Heinz-Hiersemann-Halle ausgesprochen selbstbewusst. Nahezu jede Ballstafette lief über Petr Hruby, der den Vorzug vor Kapitän Benjamin Trautvetter an der Kreismitte bekam. Auf Zuspiel von Nick Heinemann versenkte der Routinier zum 0:2 (5.). Viele Eisenacher Angriffszüge liefen mit Erfolg über alle Kreispositionen. Eine handballerische Delikatesse der Treffer zum 1:4. Alexander Koke bediente den von Linksaußen in den Kreis fliegenden Adrian Wöhler, der zum 1:4 versenkte (8.). Vorteile hatten die Hausherren bei Torgefahr aus dem Rückraum, obwohl kein Linkshänder im Aufgebot steht. Hannes Münch und Christoph Nienhaus kurbelten das Angriffsspiel der Gastgeber aus dem Aufbaubereich an. Hannes Münch traf zum 5:4 (13.) für die Franken. Selbstbewusst tankte sich Gabor Langhans zum 5:5-Ausgleich durch (14.). Petr Hruby leiste als Deckungsspitze Schwerstarbeit. Christopher Nienhaus lochte dennoch zum 7:5 nach einer Freiwurfablage ein (19.). In neuer Rückraumbesetzung, Eryk Kaluzinski, Alexander Koke und Girts Lilienfelds, und mit schwungvollen Aktionen über die Außen wurde die Erlanger Abwehr gehörig ins Schwitzen gebracht. Nick Heinemann (per Strafwurf) und Adrian Wöhler nach Tempogegenstoß trafen zum 9:9-Ausgleich (25.). In Überzahl spielten die Gastgeber Daniel Stumpf frei, der zum 11:10-Pausenstand traf.

Angriff erreicht nicht die Qualität der Abwehr
Trotz zwei Glanzparaden von Radek Musil, Erlangens Mario Schmidtke und Christoph Nienhaus trafen zum 13:10 (36.) für ihre Farben. Mit viel Rotation versuchte Eisenachs Trainer die Abwehr der Gastgeber immer wieder vor neue Aufgaben zu stellen. Endlich explodierte Tomas Sklenak, traf im Doppelpack zum Anschlusstreffer (13:12, 37.). Erst erspitzelte sich Nick Heinemann listig das Leder, wenig später ließ er nach Foul an Alexander Schiffner Erlangens Torwart-Hünen Andreas Bayerschmidt vom Siebenmeterstrich beim 13:13 keine Chance. Der HC Erlangen wackelte mächtig. Da unterlief selbst Christoph Nienhaus unbedrängt ein Zuspiel ins Seitenaus. Nick Heinemann entschloss sich erneut zu einem Heber, dieses Mal von Linksaußen, und erneut hatte «Riese» Andreas Bayerschmidt im Erlanger Kasten das Nachsehen (13:14, 40.). «Ein Hänger. Wir waren nervös. Doch gerade jetzt half uns die Halle aus dem Tal heraus», bedankte sich Erlangens Trainer Frank Bergemann bei den eigenen Anhängern für die Unterstützung in dieser Phase. Den Eisenachern gelang es nicht, diese Schwächephase effizienter auszunutzen. Dem Ausgleichstreffer der Franken ließ Alexander Schiffner – dieses Mal mit Heber von Linksaußen – das 14:15 (46.) folgen. Dann setzte Erlangens Mario Schmidtke, von seinen Kollegen bestens eingesetzt, von Rechtsaußen Akzente. Dem Ausgleichstreffer der Hausherren folgte die erneute Führung des ThSV Eisenach, wie per Siebenmeter durch Alexander Koke zum 15:16 (47.). Mehr gelang den Wartburgstädtern aber nicht, die zudem mit der einen oder anderen Entscheidung der Schiedsrichter Dinges/Kirsch haderten, was Trainer Adalsteinn Eyjolfsson eine gelbe Karte einbrachte. Der HC Erlangen erwies sich nach dem 16:17 (51.) einen Tick cleverer, durfte auf eine gehörige Portion Glück bauen. Der ThSV Eisenach vermochte im Angriff nicht die Klasse der Abwehr einschließlich Torhüter Radek Musil vorzuweisen. Der ThSV-Keeper wehrte im großen Stil das Leder ab, doch den Abpraller versenkte Mario Schmidtke zum Ausgleichstreffer (53.). Eryk Kaluzinksi patzte. Christoph Nienhaus versenkte zum 18:17 (56.). Eisenachs Gabor Langhans kassiertee ei n Zeitstrafe Unterzahl für Eisenach. Wieder verlor Eryk Kaluzinski durch einen Technik-und Regelfehler das Leder. In Überzahl spielt Erlangen Linksaußen Mario Schmidtke frei, der nach exakt 58 Minuten zum 19:17 Radek Musil keine Chance lässt. Elf Sekunden später liegt ein Kaluzinski-Ball zum Anschlusstreffer im Erlanger Kasten (19:18, 59.). Spannung und Dramatik pur. Die Gastgeber behalten kühlen Kopf, sichern sich zwei ganz wichtige Zähler im direkten Duell von zwei Bewerbern um die Tickets für die eingleisige 2. Liga. «Wir müssen unsere Heimstärke bewahren und sechs Punkte auswärts holen. Dann ist mir für die Qualifikation nicht bange», erklärte Erlangens Trainer Frank Bergemann mit Blick auf die Rückrunde, die für sein Team bereits am Mittwoch, 22.12.2010 mit einem Heimspiel gegen Tabellenführer Hüttenberg beginnt. «Wir wollen nicht lange auf dem 9. Platz verharren, mit unserer breit aufgestellten Mannschaft, mit unseren guten Bedingungen in Eisenach, geführt von einem engagierten Vorstand und einem ebenso engagierten Marketing-Geschäftsführer, mit einer positiven Grundeinstellung kräftig punkten», betonte Eisenachs Trainer Adalsteinn Eyjolfsson.

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Statistik

HC Erlangen: Bayerschmidt, Zapf; Müller (1), Schwandner, G. Münch (1), H. Münch (1), Wannemacher (1), Eisenträger, Nienhaus (5), Schneck, Pankofer (2/1), Schmidtke (5), Stumpf (4)

ThSV Eisenach. Gorobtschuk, Musil (ab 27.); Trautvetter, Sklenak (2), A. Wöhler (3), Koke (2/2), Luther, Bitterlich, Kaluzinski (3), Hruby (1), Schiffner (1), Langhans (2), Heinemann (4/3), Lilienfelds

Zeitstrafen: Erlangen 3 x 2 Min. – Eisenach 3 x 2 Min.

Siebenmeter: Erlangen 1/1 – Eisenach 5/5

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