Blau-Weißer Jubel in Leipzig

Über 1.200 Fans des ThSV Eisenach feiern mit ihrer Mannschaft einen 31:29 (13:14)-Erfolg im Mitteldeutschland-Derby beim SC DHfK Leipzig

Wartburgstädter sammeln zwei wichtige Zähler in Sachen Klassenerhalt

Sonntagmorgen am Hauptbahnhof in Eisenach: Nahezu 800 blau-weiße Handballfans, darunter der Landtagsabgeordnete Raymond Walk, Eisenachs Oberbürgermeisterin Katja Wolf, Bürgermeister Christoph Ihling, der Vorsitzende des Kreissportbundes Eisenach Michael Klostermann und Gewerbevereinschef Jo west, bevölkern die Bahnhofshalle, begeben sich gut gelaunt in Richtung Bahnsteig 6. Hier fährt der Sonderzug des ThSV Eisenach zum Auswärtsspiel nach Leipzig los.

© Frank Arnold • sportfotoseisenach / ThSV Eisenach
Vor der Abfahrt des Sonderzuges vom Hauptbahnhof in Eisenach.

Passend intoniert eine Blaskapelle den Lindenberg-Hit vom „Sonderzug nach Pankow“, kurz darauf stimmen alle in Thüringens Nationalhymne, das Rennsteiglied, ein. Per Fußmarsch vom Hauptbahnhof Leipzig erreichen sie die QUARTERBACK ARENA. Hier treffen sie auf weitere mehrere hundert mit Sonderbussen und Privat-PkW angereisten ThSV-Fans. Das Mitteldeutschland-Derby zwischen dem SC DHfK Leipzig und dem ThSV Eisenach, in seiner 59. Auflage, elektrisiert die Massen. Die QUARTERBECK ARENA ist mit 6.000 Zuschauern restlos ausverkauft. Die etwa 1.200 Fans aus Thüringen halten gegen die 4.800 Leipziger erfolgreich dagegen, sorgen für ein akustisches Gleichgewicht auf den Rängen.

Unsere Fans haben das gleiche Herz gezeigt, das wir 60 Minuten auf das Parkett gelegt haben. Sie gaben uns ganz viel zusätzliche Kraft, betonte Eisenachs Trainer Misha Kaufmann nach dem Abpfiff.

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Willy Weyhrauch trifft von Rechtsaußen.

Matchplan ging auf

Wir haben über die gesamten 60 Minuten nicht den Glauben verloren, auch nicht beim zwischenzeitlichen 5-Tore-Rückstand. Wir wussten, wenn wir lang genug dranbleiben, wird sich uns die Chance eröffnen. Unser Matchplan ging also auf. In der Abwehr hatten wir die Leipziger gut unter Kontrolle, vermochten aber zunächst ihre erste und zweite Welle nicht einzudämmen. In der zweiten Halbzeit haben wir die Leipziger nicht mehr zum Kontern kommen lassen, haben unsere Angriffe präzise vorgetragen, konsequent abgeschlossen und sind selbst in Führung gegangen. Unsere Abwehr war einmal mehr der Schlüssel zum Erfolg. Unsere 1.200 mitgereisten Fans hatten einen großen Anteil an diesem Sieg. Diese Fan-Unterstützung ist grandios! Im bisherigen Saisonverlauf standen wir oft vor Punktgewinnen, am Sonntag haben wir uns belohnt und zwei Punkte eingefahren, bilanzierte Eisenachs Rechtsaußen Willy Weyhrauch.

Leipzigs Lukas Binder mit falscher Prognose

Die Partie nahm einen völlig anderen Verlauf, als Leipzigs Kapitän Lukas Binder vermutet hatte. Er stichelte im Vorfeld, es werde wohl ein langweiliges Spiel, dass der SC DHfK Leipzig hoch gewinnen werde. Diese „Grußbotschaft“ hatten die Eisenacher, so berichtete Alexander Saul, in der heimischen Werner-Aßmann-Halle an mehreren Stellen platziert, als zusätzliche Motivation. Lukas Binder lag im Ergebnis der 60 Minuten völlig falsch.

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ThSV-Kapitän Peter Walz beim erfolgreichen Torwurf.

In der ersten Halbzeit waren wir einen Tick besser. Der ThSV Eisenach hat 60 Minuten aggressiv gespielt, das haben wir nur 40 geschafft, konstatierte sein Trainer Runar Sigtryggsson, der vor 20 Jahren erst als Spieler, dann als Trainer beim ThSV Eisenach wirkte.

Der Aufsteiger von der Wartburg verwandelte einen 16:21-Rückstand (36.) in eine eigene 28:25-Führung um (52.). Zwei Treffer aus der eigenen Hälfte durch Keeper Matija Spikic und von Abwehrchef Philipp Meyer (am Vortag seines 27. Geburtstages) binnen 60 Sekunden in den verwaisten Leipziger Kasten wirkten wie Nadelstiche. Eine leidenschaftlich kämpfende Eisenacher Abwehr ließ in den letzten 12 Minuten nur 4 Leipziger Treffer zu. Die Hausherren verirrten sich in der offensiven Deckung der Gäste. Der Schachzug, für den erkrankten Justin Kurch Oldie Mait Patrail in den Deckungs-Innenblock zu stellen, erwies sich als Volltreffer. Der knapp 36-Jährige brachte zugleich in Unterzahlphasen seine Erfahrung im Angriff ein, markierte auch selbst 3 Treffer. Bedingt durch das Fehlen von Justin Kurch rackerte Kapitän Peter Walz nahezu durchgängig in Angriff und Abwehr.

Leipzigs Abwehr bekam keinen Zugriff mehr

Die Waage neigte sich auch in Richtung der Eisenacher, weil deren Keeper Matija Spikic im letzten Drittel etliche Bälle parierte. Über die Distanz verzeichneten die Eisenacher mit Matija Spikic und Mateusz Kornecki ein Plus auf der Torhüterposition im Duell mit ihren Kollegen Domenico Ebner und Kristian Saeveras auf Seiten der Gastgeber. Die Wartburgstädter schlossen ihre Angriffszüge konsequent ab.

Wir bekamen zum Ende hin keinen Zugriff in der Abwehr, bekannte Runnar Sigtryggsson.

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Verunsicherung machte sich in dessen Reihen breit. Dem lange Zeit überzeugenden Luca Witzke unterliefen im Angriff folgenschwere Patzer. Auch die Umstellung auf eine 5:1-Abwehr konnte die sich anbahnende Niederlage nicht mehr verhindern. Den Treffer zum 26:28 (56.) beantwortete Marko Grgic mit dem 26:29 (57.). Der 20-jährige Eisenacher Rückraumspieler übernahm wieder viel Verantwortung. Manuel Zehnder, nicht in der gewohnten Torlaune, versenkte 30 Sekunden nach dem 27:29 zum 27:30 (57.). Ein von ihm kurz darauf ausgelassener Siebenmeter (59.) hatte keinen Einfluss mehr auf die Punktevergabe. Yoav Lumbroso machte mit seinem Treffer zum 28:31 den Deckel drauf (60.).

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Malte Donker bedankt sich bei den blau-weißen Fans.

Am Ende waren wir ein Stück cleverer, konstatierte Misha Kaufmann. Ich bin extrem stolz auf meine Mannschaft, unseren Verein, unsere Fans und unsere Stadt. Wir haben eine weitere kleine Geschichten geschrieben, erklärte der Schweizer in Diensten der Thüringer.

Die „Misha-Kaufmann-Sprechchöre“ aus den blau-weißen Blöcken beeindruckten den Schweizer sichtlich. Er will mit seinem Team viele kleine Geschichten schreiben und diese nach den 34 Spieltagen im Buch „Klassenerhalt“ zusammenfassen. Dann dürfte es auch nächstes Jahr eine Neuauflage des Derbys zwischen Leipzig und Eisenach geben.

Gegen 20.30 Uhr erreichte der blau-weiße Sonderzug mit fröhlichen Leuten wieder den Hauptbahnhof Eisenach. Mittendrin die Spieler des ThSV Eisenach, die die Rückfahrt von Leipzig kurz entschlossen mit ihren Fans angetreten hatten….

Ausgeglichene erste Halbzeit

Die Eisenacher setzten von Beginn auf viele personelle Wechsel, sowohl im Angriff als auch in der Abwehr. Oldie Mait Patrail übernahm in der Abwehr zentrale Aufgaben und unterstützte im Angriff bei Überzahl. Toptorjäger Manuel Zehnder stand im ersten Abschnitt hingegen weniger auf dem Parkett. Die Gastgeber nutzten zu Beginn etliche gute Torchancen nicht trafen erst in der 8. Spielminute zum 1:1. Ivan Snaijder sorgte mit dem 0:1 (3.) für den ersten Treffer der Partie. Die Wartburgstädter hatten Mühe, den Innenblock der Gastgeber mit Marko Mamic und Simon Ernst zu überwinden. In Franz Semper hatten die Hausherren einen torgefährlichen Rückraumwerfer, der zum 4:2 (10.) und 9:6 (18.) traf. Mit der Hereinnahme des kleinen Yoav Lumbroso erfuhr Eisenachs Angriffsspiel mehr Raffinesse. Malte Donker suchte aus dem rechten Rückraum den direkten Weg zum Tor.

© Frank Arnold • sportfotoseisenach / ThSV Eisenach
Die ThSV-Fans sorgten für Heimspielatmosphäre.

Die Eisenacher blieben dran, auch weil der in der 17. Minute ins Tor eingewechselte Mateusz Kornecki bis zur Halbzeit fünf Bälle parierte. Mait Patrail zirkelte das Leder zum Eisenacher Anschlusstreffer ins Leipziger Gehäuse (9:8, 19.). Malte Donker glich wenige Augenblicke später zum 9:9 aus. Der beim SC DHfK Leipzig eingewechselte Trainersohn Andri Runarsson besorgte die 11:9-Führung für sein Team (22.). Die Schützlinge von Misha Kaufmann blieben dran, beantworteten den Treffer von Luka Witzke zum 13:11 (28.) durch Malte Donker und Alexander Saul zum 13:13 (30.). Praktisch mit der Sirene tankte sich Luka Witzke zur 14:13-Pausenführung der Hausherren durch.

Leipziger verirren sich in Eisenachs offensiver Abwehr

Der Beginn der zweiten Spielhälfte war überhaupt nicht nach dem Geschmack der Eisenacher. Fehlwürfe und technische Fehler, die Gastgeber profitierten davon und trafen selbst zum 19:14 (34.). Luka Witzke dirigierte in dieser Phase mit Übersicht das Leipziger Angriffsspiel und markierte selbst sechs Tore. Leipzigs Simon Ernst nutzte eine Schaltpause in der Eisenacher Abwehr zum 21:16 (37.). Die offensive Abwehr der Gäste, mit ganz viel Leidenschaft, stellte die Hausherren immer mehr vor Probleme. Sie verloren zusehends ihre Linie. Mit jedem eigenen Treffer verspürten die Schützlinge von Misha Kaufmann, dass die Partie längst nicht entschieden ist. Bei den Gastgebern machte sich zusehends Nervosität breit.

Wir verloren unsere Linie, gestand Runar Sigtryggsson.

Statistik
SC DHfK Leipzig: Ebner, Saeveras; Runarsson (4), Ernst (1), Witzke (6), Krzikalla, Binder (4), Klima (4), Mamic (1), Peter (1), Preuss (1), Sunnefeldt, Gebala, Strosack, Semper (7), Kristjansson
ThSV Eisenach: Spikic (1), Kornecki, Plaue; Reichmuth, Zehnder (2), Patrail (3), Walz (4), Mengon (3), Grgic (4), Ende, Meyer (1), Lumbroso (3), Donker (4), Snajder (1), Weyhrauch (3), Saul (2)
Siebenmeter: SC DHfK Leipzig 0 – ThSV Eisenach 0/1
Zeitstrafen: SC DHfK Leipzig 4 x 2 Min. – ThSV Eisenach 6 x 2 Min.
Schiedsrichter: Schulze/Tönnies
Zuschauer: 6.000 (ausverkauft)

Th. Levknecht

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