Ein Handballfeuerwerk zum Sommergewinn in Eisenach

Thüringens «Nationalhymne», das Rennsteiglied, erklang aus fast 1500 Kehlen und am Abend des Sommergewinns, erfüllte auch der Schlachtruf des größten deutschen Frühlingsfestes, das «Gut Ei, gut Ei und Kikeriki», den Eisenacher Handballtempel, die Werner-Aßmann-Halle.
Nahezu 1500 Zuschauer, darunter auch Gäste aus Eisenachs Partnerstädten Sarospatak (Ungarn) und Skanderborg (Dänemark), befanden sich beim Ausklang eines perfekten Tages in bester Feierlaune.
Der ThSV Eisenach brannte beim 35:25 (17:16)-Erfolg über den TV Neuhausen, immerhin der Tabellen-Sechste mit der viertbesten Auswärtsbilanz der Liga, ein begeisterndes Handballfeuerwerk ab, bestätigte einmal mehr seine imposante Heimstärke, verbuchte im zwölften Heimspiel den zehnten Doppelpunktgewinn. Begleitet von stehenden Ovationen der sangesfreudigen Kulisse boten Alexander Koke, Mister 100 Prozent vom Punkt an diesem Tag (verwandelte alle sieben dem ThSV Eisenach zugesprochenen Siebenmeter), und Physiotherapeut Martin Münzberg, umringt von ihren Teamkollegen, anlässlich ihres 32. und 40. Geburtstages am Spieltag, eine Tanzeinlage der besonderen Art.

Vor dem Anpfiff der Partie wurde die von Alexander Koke als verantwortlicher Trainer betreute männliche Jugend C des ThSV Eisenach als Landesmeister 2011 ausgezeichnet, nimmt nun an den Südwestdeutschen Meisterschaften teil. Ebenfalls geehrte wurde das Männerteam des ThSV Eisenah III, eine Mischung aus erfahrenen Haudegen und jungen Dachsen, das den Staffelsieg in der Handball-Verbandsliga Männer Ost der Saison 2010/11 errang.

«Die Partie hatte im ThSV Eisenach einen klaren Sieger. Individuelle Klasse, hohes Tempo und eine starke Physis zeichneten den Gastgeber aus. Bis auf einen geringen Teil der Spielzeit hatten wir keine Chance. Wir kassierten 35 Gegentore, und das, obwohl unser Torhüter Milos Slaby überragend hielt. Wir haben also kräftig Lehrgeld gezahlt, müssen nun alle, Mannschaft und Anhänger, tüchtig zulegen, um die Qualifikation für die neue eingleisige 2. Handballbundesliga zu schaffen. Wir haben 33 Punkte auf der Habenseite, noch 14 Zähler sind zu vergeben. Wir haben alles selbst in der Hand», bilanzierte Markus Gaugisch, ein überaus symphatischer Trainer des TV Neuhausen.
Adalsteinn Eyjofsson, der Coach des ThSV Eisenach strahlte über einen »Top-Handballabend mit hohem Tempo und Qualität» seiner Mannschaft. «Wir hatten uns auf die jugoslawische 3:2:1-Deckung des TV Neuhausen bestens vorbereitet. Als die Gäste nach unserer 7-Tore-Führung auf ein 5:1-System um stellten, unterliefen uns mehrere technische Fehler. Wir bekamen zudem Probleme mit Neuhausens Rückraumspieler Fabian Gutbrod», skizzierte Adalsteinn Eyjolfsson die Etappe zwischen der 17. und 29. Minute, als ein 7-Tore-Vorsprung (12:5) bis auf einen Treffer zusammenschmolz (16:15).

«In der zweiten Halbzeit trumpften wir auf, setzten unsere Vorgaben um. Eine sehr gute Mannschaftsleistung», betonte Adalsteinn Eyjolfsson, lobte seinen Deckungsinnenblock mit Eryk Kaluzinski und Daniel Luther sowie Torhüter Stanislaw Gorobtschuk. Der «Schwaben-Express» verkümmerte zum «Bummelzug»; egal, wem Trainer Markus Gaugisch mit der Rolle die Spielgestalters betraute. Mit schnellen Ballstafetten, wobei der eine überragende Leistung abliefernde Girts Lilienfelds, oftmals im Zusammenspiel mit Kapitän Benjamin Trautvetter am Kreis, eine herausragende Rolle spielte, wurde die Deckung der Gäste ausgehebelt, gelangen die eigenen Fans verzückende Angriffszüge. Daniel Luther und Girts Lilienfelds brachten ihre Farben mit 23:17 (37.) in Führung. Der Treffer von Eryk Kaluzinski zum 31:21 (52.) war der Auslöser zur Laolo-Welle über die Traversen der Werner-Aßmann-Halle.

Bis auf den HC Erlangen, überraschende 20:22-Heimniederlage gegen den TV Korschenbroich, punkteten auch die unmittelbaren Mitkonkurrenten des ThSV Eisenach um die so begehrten Tabellenplätze 8 und 9: Der EHV Aue, die Mannschaft der Stunde, bezwang den OSC Rheinhausen mit 35:26, die HG Saarlouis siegte mit 35:27 über die HSG FrankfurtRheinMain. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen deutet sich an. Schlüsselspiele könnten die Heimspiele des ThSV Eisenach gegen den EHV Aue (30.04.2011 und die HG Saarlouis (07.05.2011) werden. «Wir hatten großen Respekt vor dem TV Neuhausen. Umso glücklicher sind wir über den überaus deutlichen Sieg. Wir schauen von Woche zu Woche, konzentrieren uns mit vollster Intensität auf die nächste Aufgabe. Die nächste heißt am kommenden Sonntag das Auswärtsspiel beim OSC Rheinhausen», betonte Eisenachs Trainer Adalsteinn Eyjolfsson.

Linkshänder geben den Ton an
In der Stammbesetzung der letzten erfolgreich absolvierten Auswärtsspiele, mit Tomas Sklenak auf der Regieposition, Eryk Kaluzinski im linken und Girts Lilienfelds im rechten Rückraum, Adrian Wöhler auf Links- und Nick Heinemann auf Rechtsaußen und Benjamin Trautvetter am Kreis, übernahmen die Hausherren sofort das Zepter. Einzige Neuerung: Im ThSV-Kasten erhielt der junge Stanislaw Gorobtschuk das Vertrauen des Trainers und – das kann vorweg genommen werden – rechtfertigte dieses auch.
Die rechte Angriffsseite mit den beiden Linkshändern Girts Lilienfelds und Nick Heinemann zeigte ihren Gegenübern immer wieder nur die Hacken. Girts Lilienfelds traf in Unterzahl zum 5:3 (7.). Nick Heinemann markierte per Flugeinlage das 8:3 (12.). Nach Balleroberung stiefelte Eryk Kaluzinski los und netzte zum 12:5 (17.) ein. Doch dann zeigte die Deckungsumstellung der Gäste Wirkung, fabrizierten ausgerechnet die erfahrenen Spieler auf Eisenacher Seite technische Fehler, landeten Zuspiele im Aus, wurde aber auch der Ball nicht im Gehäuse untergebracht.
Die Gäste, nun auch mit Jeremias Rose im Rückraum, «dankten für die Präsente» auf ihre Art, verkürzten Treffer um Treffer. Aleksandar Stevic, insgesamt blass an diesem Abend, traf per Siebenmeter zum Anschlusstreffer (16:15, 29.). Weil Eisenachs Abwehr bei einem Freiwurf drei Sekunden vor der Sirene Neuhausens torgefährlichen Fabian Gutbrod gewähren ließ, ging es nur mit einem knappen 1-Tore-Plus in die Kabinen.

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Alexander Koke im «Dauerstress»
In der Eisenacher Kabine dürften klare Worte gefallen sein. An die erfolgreiche Auftaktviertelstunde anknüpfend zeigten die Eisenacher sofort, wer Chef auf dem Parkett ist. Hohes Tempo bei voller Konzentration, verwirrende (für die Gäste) Angriffszüge, die Eisenacher überrollten regelrecht die Schwaben. Daniel Luther vollendete einen Tempogegenstoß zum 22:16 (36.). Girts Lilienfelds war wieder einmal zu schnell für seine Gegenüber, versenkte zum 23:17 (37.). Alexander Koke im Dauerstress: Trainingsjacke aus, von der Bank an den Siebenmeterpunkt schreitend, das eigene Wurfrepertoire nutzend, den Strafwurf versenkend, zurück auf die Bank, die Glückwünsche von Trainer und Kollegen einheimsend – und wenige Augenblicke das gleiche Prozedere erneut, wie beim 25:18 (40.) und 26:19 (41.). Aus schier unmöglichem Winkel lochte Nick Heinemann zum 27:20 (42.) ein. Pech für die Gäste, Glück des Tüchtigen für die Hausherren, gleich fünf Bälle des TV Neuhausen aus aussichtsreicher Position klatschen nur ans Holz.
Anders bei den Wartburgstädtern: Eine Vorlage von Tomas Sklenak verwandelt der wenige Tage zuvor das 26. Lebensjahr vollendende Benjamin Trautvetter zum 29:21 (48.). Adrian Wöhler erhöht von Linksaußen auf 30:21 (50.). Wenig später ist Eryk Kaluzinski mit seinem Treffer zum 31:21 der Auslöser der Loala-Welle. Die Stimmung in der Werner-Aßmann-Halle erreicht ihren Höhepunkt, auch, weil sich der Mann an der Musiktechnik (Uwe Hensch) und der Mann am Hallenmikrofon (Jürgen Hausburg) prächtig ergänzen. Die ThSV-Crew auf dem Parkett sprüht vor Spielfreude, die Gäste sind sichtlich beeindruckt, von dem auf dem Parkett und von dem außerhalb der Spielfläche. «Oh, wie ist das schön», stimmt die freudetrunkene hellauf begeisterte Kulisse an. Ein für Eisenach überaus perfekter Tag, mit dem Sieg von «Frau Sunna» beim traditionellen Streitgespräch über den grimmigen «Herrn Winter» beim Eisenacher Sommergewinn, dem Einläuten des Frühlings, bis zum famosen Spiel und Sieg des ThSV Eisenach in der 2. Handballbundesliga der Männer.

Statistik

ThSV Eisenach. Gorobtschuk, Musil; Trautvetter (4), Sklenak (3), A. Wöhler (2), Koke (7/7), Luther (5), Bitterlich, Kaluzinski (3), Adams, Schiffner, Langhans, Heinemann (6), Lilienfelds (5)

TV Neuhausen: Slaby, Becker; Emrich, Trost (3), Reusch, Schiller (2/2), Stevic (3/2), Dürner (7/3), Michalik, Rose (3), Gutbrod (4), Oesterle, Bader (3), Eisele

Zeitstrafen: Eisenach 4 x 2 Min.;Neuhausen 6 x 2 Min., Rot für Gutbrod nach 3. ZS, 56.

Siebenmeter: Eisenach 7/7; Neuhausen 8/6

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