Ein Oldie sendet wichtige Signale

Keeper Blaz Voncina pariert 15 Bälle und leistet einen wichtigen Beitrag zu Eisenachs 32:29 (15:18)-Derbysieg über den Dessau-Roßlauer HV/ Hiobsbotschaft: Nun auch noch Jonas Ulshöfer verletzt

Beim Stand von 12:18 (26.) sah es nicht nach einem Derbysieg für den ThSV Eisenach aus.

Mit viel Kampfeswillen und Emotionalität hat unsere Rumpftruppe das Spiel noch herumgerissen, strahlte Eisenachs Trainer Markus Murfuni nach dem Abpfiff.

Seine Schützlinge verwandelten den 12:18-Rückstand in eine 22:20-Führung (41.) und bejubelten am Ende in der 62. Auflage des Derbys mit dem Dessau-Roßlauer HV einen 32:29 (15:18) -Erfolg. Der 5. Saisonsieg sorgte für spürbare Erleichterung im Lager der Wartburgstädter.

Endlich gewannen wir auch mal das Torhüterduell, stellte ThSV-Coach Markus Murfuni heraus.

Blaz Voncina löste nach 10 Minuten den glücklosen Thomas Eichberger ab. Nach dem Seitenwechsel lief der 37-jährige Oldie zu großer Form auf, wurde im zweiten Abschnitt mit einer Fangquote von über 50 Prozent notiert. Sein Gegenüber Philip Ambrosius, zu den besten Keepern der Liga zählend, brachte es an diesem Tag auf nur 6 abgewehrte Bälle.

Wir sind alle erleichtert. Wir haben den Bock umgestoßen. In der ersten Halbzeit kassierten wir wieder einmal viel zu viele Gegentore, wollte ThSV-Manager Rene Witte in der Freude über den Sieg den Verlauf des ersten Abschnittes nicht unter den Tisch kehren. Nach Wiederanpfiff haben alle vorbildlich gefightet. Jeder in unserem kleinen Kader hat seine Aufgabe erfüllt. Nun atmen wir erst einmal zwei Tage durch und konzentrieren uns dann auf die nächste Aufgabe, führte Rene Witte weiter aus.

Ob diese das Auswärtsspiel am Samstag, 19.12.2020 bei den DJK Rimpar Wölfen ist, erscheint derzeit aus vielerlei Gründen offen. Zum einen vermeldete das Team aus dem Raum Würzburg Corona-Fälle, zum anderen stehen zur Bekämpfung des Corona-Virus einschneidende gesellschaftliche Maßnahmen mit einem „harten Lockdown“ an.

Martin Potisk brachte seine Stärken zur Geltung
Der ohnehin schmale Kader war nochmals dezimiert. Neben dem langzeitverletzten Justin Mürköster fehlte mit dem sich in der Vorwoche einen Bänderriss im Fuß zuziehende Kristian Beciri nicht nur der zweite Kreisläufer, sondern auch der Abwehrchef. Rechtsaußen Willy Weyhrauch, bis dato der beste Eisenacher Werfer, musste aus Krankheitsgründen passen. Und dann humpelte auch noch Jonas Ulshöfer nach einer Viertelstunde mit einer Knieverletzung vom Parkett. Kristian Volar, auch ein Mittel-Mann, saß zwar auf der Wechselbank, an ein Comebacknach langer und schwerer Verletzung ist aber noch nicht zu denken. Der erst in der Vorwoche von der HSG Groß-Bieberau/Modau zurückgeholte Hannes Iffert rackerte über 60 Minuten am Kreis, wartete mit einer 100-Prozent-Wurfquote auf: 5 Würfe – 5 Tore. Er wurde für Abwehraufgaben von Andrej Obranovic abgelöst.

Das Timing klappte besser als zuletzt in Aue, erklärte Hannes Iffert.

Für den verletzt ausgeschiedenen Jonas Ulshöfer kam Martin Potisk. Der slowakische Auswahlspieler spielte seine Stärken, besonders im Zweikampf, im zweiten Abschnitt eindrucksvoll aus. Er steuerte immer wieder erfolgreich die Nahtstellen der Gäste-Abwehr an, narrte diese im Doppelpack zum 28:26 (56.) und 29:26 (57.). versenkte insgesamt 5 Bälle (bei 6 Versuchen).

Mit unserer gegenüber der ersten Halbzeit deutlich verbesserten Abwehr erarbeiteten wir uns nach dem Seitenwechsel leichte Tore, konstatierte ein aufgekratzter Martin Potisk.

Ja, die Abwehr im Zusammenspiel mit unserem Torhüter Blaz Voncina legte den Grundstein dafür, dass wir die Partie noch gedreht haben. Im ersten Abschnitt war es Alexander Saul, der uns über dem Wasser gehalten hat, in der zweiten Halbzeit warteten wir mit einer starken Mannschaftsleistung auf, resümierte Daniel Dicker.

Der österreichische Nationalspieler netzte mit seinem 6. Treffer (bei 7 Versuchen) zum wichtigen 30:27 ein (58.). Adrian Wöhler machte mit einem Treffer von kurz hinter dem eigenen Kreis in den verwaisten Gäste-Kasten zum 31:28 (39.) den Deckel drauf.

Dessau-Roßlauer HV mit zwei Gesichtern
Der Dessau-Roßlauer HV hatte wie in den letzten Spielen gegen Rimpar und Ferndorf klare Führungen aus der Hand gegeben. In Eisenach musste er ohne seinen Abwehrchef Daniel Schmidt (Schulterverletzung) auskommen. Das wollte Trainer Uwe Jungandres nicht als Entschuldigung gelten lassen.

Ja, wir hatten keinen eingespielten Mittelblock, doch wir hätten im zweiten Abschnitt mehr Intensität und Laufbereitschaft gebraucht, um nicht so viele Räume preiszugegeben, ärgerte sich der erfahrene Coach.

Sein Team zeigte zwei Gesichter.

Im ersten Abschnitt haben wir taktisch alles richtig gemacht, doch wir versäumten es, mehr Tore zu werfen. Ein 3-Tore-Plus zur Halbzeit war zu wenig. Ein 21:13 zur Pause war möglich, reflektierte Uwe Jungandreas die ersten 30 Minuten.

Den Auftritt seines Teams nach dem Seitenwechsel fasste er im Wort „indiskutabel“ zusammen.

Bei uns lastet die Verantwortung auf zu wenigen Schultern, hob er aber hervor.

Ein 9-Treffer markierender Max Emanuel konnte es allein nicht richten. Eisenachs 5:1-Abwehr, mit Ivan Snajder vorgezogen, gestattete dem Dessau-Roßlauer HV im zweiten Abschnitt nur noch 11 Treffer.

Umstellung auf 5:1-Deckung wieder einmal als Initialfunke
Die sicher amtierenden Unparteiischen Philipp Dinges und Tobias Schmack schickten bereits nach 52 Sekunden Vincent Sohmann vom Dessau-Roßlauer HV für zwei Minuten auf die Bank, um gleich den Rahmen abzustecken. Ihre Sorge, es könnte ein hitziges Derby werden, war unbegründet. Nicht nur, weil keine Zuschauer in der Halle waren, sondern auch wegen dem Geschehen auf dem Parkett. Die erste Halbzeit ähnelte eher einem Trainingsspiel. Beim ThSV Eisenach wurden (mal wieder) Emotionen vermisst. Die Gastgeber gingen zwar mit 1:0 in Führung (Dicker, 2.Min.), doch fortan dominierten die Gäste um Regisseur Vincent Sohmann. Eisenachs Rückkehrer Hannes Iffert traf nach Zuspiel von Jonas Ulshöfer per Rückhandwurf zwar zum 4:6 (8.), doch zunächst landete jeder Ball der Gäste im Eisenacher Tor. Yannick Danneberg verwandelte zum 5:9 (11.). Schon kurz zuvor hatte ThSV-Coach Markus Murfuni einen Torwartwechsel vollzogen. (Dieser sollte sich insbesondere im zweiten Abschnitt auszahlen.) Die Dominanz der Gäste blieb. Beim ThSV Eisenach war es vornehmlich Alexander Saul, der mit seinen Treffern dafür sorgte, dass der Aufsteiger nicht noch mehr enteilte. Eisenachs Abwehr bekam keinen Zugriff. Timo Löser schmetterte aus der Distanz zum 7:11 ein (18.). Kurz zuvor musste auf Eisenacher Seite Jonas Ulshöfer mit einer Knieverletzung ausscheiden. Markus Murfuni nutzte die wenigen personellen Alternativen. Beim 10:12 durch Hannes Iffert (20.) waren die Wartburgstädter auf zwei Treffer heran. Sechs Minuten später betrug der Rückstand 6 Treffer. Den Gästen gelang sogar ein Kempa-Tor zum 11:16, abgeschlossen durch Lennart Giese. Aus dem Fernwurfbereich lochte Max Emanuel (insgesamt 9 Treffer) ein. Ähnlich Timo Löser, der das Eisenacher Netz zum 12:18 zappeln ließ (26.). Ja, es sah nicht gut für den ThSV Eisenach aus! Die mit Trommeln ausgestatteten Ehrenamtlichen ließen aber nicht nach, unterstützten ihr Team. Die Umstellung auf eine 5:1-Abwehr, mit Ivan Snajder vorgezogen, fruchtete. Plötzlich bekamen die Eisenacher Zugriff, erhöhte sich spürbar die Emotionalität, gelangen auch Ballgewinne. Auf Vorlage des eingewechselten Armend Alaj verkürzte Hannes Iffert kurz vor der Sirene zum 15:18-Pausenstand.

Im Finish auf die Überholspur
Mit Alexander Saul, Daniel Dicker und Martin Potisk im Rückraum starteten die Thüringer die Aufholjagd. Ante Tokic und Daniel Dicker trafen zum 17:18-Anschlußtreffer. Adrian Wöhler scheiterte von der Siebenmeter-Linie (35.). Zwei Paraden von Keeper Blaz Voncina gingen zwei Gegenstoßtreffer durch Ivan Snajder zum 20:20-Gleichstand (38.) voraus. Gäste-Trainer Uwe Jungandreas schwante nicht Gutes. Sollten es eine Wiederholung der letzten beiden Partien geben? Ja, das gab es. Das lag aber auch vornehmlich an der wachsenden Eisenacher Stärke mit viel aufflammender Emotionalität. Martin Potisk ließ sich nicht abschütteln, traf zum 21:20 (39.). Mit einer Körperfinte verschaffte sich Alexander Saul Platz zum 22:20 (41.). Noch hatten die Gäste durch Jakub Hrstka und Max Emanuel die Antwort zum 22:22 (43.). Das Spiel stand nun auf des Messers Schneide. Gäste-Torwart Philip Ambrosis parierte gegen Alexander Saul, Ante Tokic traf von Rechtsaußen nur das Außennetz. Doch dann versenkte Ivan Snajder einen Abpraller zum 24:23 (50.). Einen Ballgewinn verwertete Daniel Dicker zum 25:23 (50.). Die Weichen waren endgültig gestellt. Martin Potisk ließ sich nicht mehr ausbremsen. Die Eisenacher gaben die Führung nicht wieder her. Bei diesem Unterfangen konnten sie auf die tatkräftige Mithilfe ihrs Torhüters Blaz Voncina bauen!

Stimmen zum Spiel
Kreisläufer Hannes Iffert (5 Würfe – 5 Tore):

Meine Leistung in der Offensive war aus meiner Sicht in Ordnung. In der Abwehr muss ich noch Rückstände aufholen. Der Angriffs- und Deckungswechsel klappte besser als in Aue. Das Timing stimmte. Die Absprachen waren besser. Wir alle können stolz darauf sein, wie wir uns nach dem klaren Rückstand in der ersten Halbzeit herangekämpft und letztendlich gewonnen haben. Eine überragende emotionale Leistung aller im zweiten Abschnitt gab den Ausschlag. So en Derby-Sieg, ein schönes Gefühl. Ebenso, ein schönes Gefühl, wieder beim ThSV Eisenach zu sein und mit ihm zu siegen. Bedauerlich, dass sich Jonas Ushöfer verletzt hat. Ihn begleiten unser aller Wünsche. Wir hoffen, es ist nichts Ernsthaftes.

Daniel Dicker (6 Tore – 7 Würfe):

In der ersten Halbzeit hat uns Alexander Saul mit seinen Treffern über Wasser gehalten. Für die Wende im Spiel war eine gute Deckung mit einem guten Torwart Blaz Voncina mit verantwortlich. Eine starke mannschaftliche Leitung im zweiten Abschnitt bildete den Grundstein.

Martin Potisk (ab der 15. Minute die Rückraum-Mitte Position übernehmend, 5 Treffer bei 6 Versuchen):

Wir haben nach dem Seitenwechsel deutlich besser in der Abwehr gestanden. Dadurch gelangen uns Ballgewinne und leichte Tore, die uns zurück ins Spiel brachten.

Auch ein Stück Geschichte geschrieben
Letztendlich schrieb der ThSV Eisenach an diesem Tag auch ein Stück Geschichte. Der letzte Derby-Sieg über eine Mannschaft aus Dessau datiert nämlich vom 29.01.1993, als in heimischer Halle ein 22:15 gelang. Erwähnt werden muss, nach der politischen Wende gab es nur 8 Aufeinandertreffen, da beide Mannschaften oft in unterschiedlichen Spielklassen am Ball waren. Zu DDR-Erstliga-Zeiten gab es jede Saison zwei spannende Aufeinandertreffen. Da knisterte es immer.

In einem um den Klassenerhalt enorm wichtigen Spiel bei ZAB Dessau, einem unserer Dauerkontrahenten in Sachen Ligaverbleib, blutete nach einem Flaschenwurf aus den Zuschauerreihen die Wade unseres Spielers Frieder Singwald. Die Schiedsrichter brachen die Partie, in der Dessau in Führung lag, ab. Das anberaumte Wiederholungsspiel in neutraler Halle in Ronneburg haben wir dann gewonnen, erinnert sich Rainer Lehmann, von 1969 bis 1979 Torhüter der in der obersten Handball-Liga der ehemaligen DDR (der Oberliga) spielenden Männer von Motor Eisenach.

Angefangen hat die Derbygeschichte in der Saison 1953/54, freilich noch Feldhandball, als Motor Eisenach gegen Motor Dessau mit 9:4 und 9:8 siegreich war.

Statistik
ThSV Eisenach: Eichberger, Voncina (15 Paraden); Volar, Iffert (5), Wöhler (2/1), Potisk (5), Ulshöfer (1), Tokic (1), A. Alaj, Dicker (6), Obranovic (1), Snajder (5), Saul (6)
Dessau-Rosslauer HV: Malek, Ambrosius (6 Paraden); Pavlicek, Löser (4), Hrstka (4/1), Sohmann (3/1), Bielzer, Gliese (1), Persson, Scheithauer, Emmanuell (9), Danneberg (3), Seidler (3), Zahradnicek (2),
Siebenmeter: ThSV Eisenach 1/2 (Wöhler verwandelt 1 x gegen Ambrosius und scheitert 1 x an Ambrosius)  /  Dessau-Roßlauer HV: 2/2 (Hrstka verwandelt 1 x gegen Eichberger, Sohmann verwandelt 1 x gegen Voncina)
Zeitstrafen: ThSV Eisenach: 4 Min. (Tokic u. Dicker je 2 Min.) / Dessau-Roßlauer HV: 8 Min. (Pavlicek Löser, Sohmann, Emaniel je 2 Min.)
Schiedsrichter: Dinges/Schmack
Zuschauer: keine
Beste Spieler: ThSV Eisenach: Voncina, Potisk, Dicker, Saul / Dessau-Roßlauer HV: Emanuel

Anzeige
Anzeige