Ein Wachrüttler zu rechten Zeit?

Hinten wie der Schweizer Käse, vorn mit Alibi-Handball ohne Torgefahr – ThSV Eisenach bezieht im Testspiel eine 27:36-Niederlage in Hildesheim

Ihr seid wohl mit der zweiten Mannschaft gekommen, wurde Christoph Jauernik im Foyer der Volksbank-Arena Hildesheim von einem Zuschauer gefragt. Nein, das war schon unsere erste, antwortete der Zweitbundesligacoach des ThSV Eisenach.

Seine Mannen hatten gerade beim gastgebenden Zweitliga-Aufsteiger Eintracht Hildesheim eine deftige 27:36 (15:16)-Testspielniederlage bezogen. Ungläubig rieben sich die 200 Zuschauer die Augen.  War ihr Team eine Woche vor dem Pflichtspielauftakt so stark, oder präsentierten sich die Gäste so schwach?  Gerald Oberbeck, der erfahrene Eintracht-Trainer, versuchte sofort zu relativieren. „Wir können mit unserer Leistung zum jetzigen Stand der Vorbereitung ganz zufrieden sein, aber bis zum Saisonstart müssen wir uns noch steigern“, sagte Hildesheims Mister Handball nach der Partie  und machte deutlich, dass ein Pflichtspiel wohl anders verlaufen wäre. Am 10. Dezember 2017 treffen beide Teams an gleicher Stelle um Zweitliga-Zähler aufeinander.

Die Zielstellung für den letzten Test haben wir völlig verfehlt, fand Christoph Jauernik klare Worte.

Nach der eigenen 11:8-Führung (16.) verlor der ThSV Eisenach die Kontrolle über sich und das Spiel. Die letzten 30 Minuten lagen Eisenachs Trainer besonders im Magen.

Das ist nicht handballtaktisch sondern mit der Grundeinstellung zu erklären, runzelte der 33-jährige Gymnasial-Lehrer die Stirn.

Seine Crew habe keinen Weg aus dem Abwärtstrend gefunden. Abwehr und Angriff boten über den Großteil der 60 Minuten eine indiskutable Leistung.

Unser Rückraum sah schwach aus, aber auch der Kreis war nicht präsent genug, konstatierte Christoph Jauernik.

Anders die Gastgeber, bei denen die Rückraum-Spieler Savvas Savvas und Robin John zusammen 20 Bälle einnetzten. Vielfach kam der Zweitliga-Rückkehrer aber auch über die Kreismitte zum Torerfolg. Die Keeper Jan-Steffen Redwitz und Sebastian Brand verhinderten mit einer soliden Leistung eine noch höhere Niederlage.

Hoffentlich ein Wachrüttler zur rechten Zeit. Aber nur, wenn alle Spieler diesen Auftritt als solchen wahrnehmen, erklärte Christoph Jauernik süffisant.

Foto 2: Der diese Woche seinen 20. Geburtstag feiernde aus Bernburg gekommene Rückraumspieler Marcel Popa mühte sich, wurde zumeist gestoppt.

Nach der Auftaktviertelstunde die Linie verloren
Mit den treffsicheren Außen Adrian Wöhler (links)  und Tomas Urban (rechts),Matthias Gerlich, Ibai Meoki Etxebeste (für Abwehraufgaben von Duje Miljak abgelöst) und Alexander Saul im Rückraum, Justin Mürköster am Kreis und Jan-Steffen Redwitz im Tor beginnend, fehlte den Wartburgstädtern aus dem Fernwurfbereich zunächst das Zielwasser. Präzises Gegenstoßspiel, so wie es Trainer Christoph Jauernik für die Saison auf dem Zettel hat, brachte aber den Torerfolg. Einen Redwitz- Ball verwertete Tomas Urban zum 3:4 (8.). Nun kam auch der Positionsangriff auf Temperatur. Duje Miljak und Justin Mürköster netzten jeweils im Nachwurf zum 6:9 ein (13.). Abstimmungsfehler in den Eintracht-Reihen kamen den Eisenachern entgegen. Als Matthias Gerlich das Parkett verließ, ging bei den Eisenachern die Struktur verloren. Der junge Jonas Richardt zeichnete sich noch für das 8:11 verantwortlich (16.), danach übernahmen die Gastgeber das Sagen. Timing und Präzision gingen bei den Thüringern völlig verloren. Personelle Wechsel bei den Hausherren fruchteten. Mit vier Treffern in Folge ging die Führung an die Gastgeber (12:11, 24.). Ein blitzschnell schaltender Hannes Iffert sorgte dafür, dass es nur mit einem 1-Tore-Rückstand in die Kabinen ging.

Nur wenige Lichtblicke
Das Angriffsfeuerwerk des Aufsteigers vermochten die Eisenacher nach Wiederbeginn nicht zu bremsen. Die Eintracht-Bälle zappelten vornehmlich aus dem Rückraum und vom Kreis im ThSV-Kasten. Mal wieder über die Kreismitte lochten die Oberbeck-Schützlinge zum 21:16 ein (35.). Christoph Jauernik versuchte sich mit verschiedenen personellen und taktischen Wechseln als Brandlöscher. Vergebens! Gelungene Angriffsaktionen, wie zwischen Matthias Gerlich und Adrian Wöhler (38.), eine Ballstafette zu Justin Mürköster am Kreis (39.), Gerlich-Fackeln (40./42.) und eine ballverlagernde Aktion zu Willy Weyhrauch (43.) vermochten die Gastgeber nicht entscheidend in Verlegenheit zu bringen. Deren Offensive schloss kaltblütig ab, dankte für Eisenacher Fehler im Spielaufbau und „Schlafwageneinlagen“ in der Abwehr, erhöhte auf 30:22 (47.). Mit Matthias Gerlich, Marcel Popa und Jonas Richardt in der Aufbaureihe ging der ThSV Eisenach in die Schlussetappe. Auch eine 5:1-Abwehr, zunächst mit Matthias Gerlich, dann mit Marcel Popa vorgezogen, vermochten den Torhunger auf der Gegenseite einzudämmen. Nikos Passias traf gar zum 36:36 (60.). Marcel Popa sorgte dafür, dass die Niederlage zumindest im einstelligen Bereich blieb.

Ob es der Wachrüttler für alle war, die Antworten wird es ganz rasch geben: am nächsten Wochenende in der 1. DHB-Pokalrunde und eine Woche später zum Punktspielauftakt im Erzgebirge.

Statistik
Eintracht Hildesheim: Lefan, Twarz; Pieles (2), Schieb (1), Berthold, John (9/6), Lungela (2), Cherouveim , Kellner (1), Tzoufras (5), Wiebe, Weit (1), von Hermanni (4), Passias (1), Savvas (11/1)
ThSV Eisenach: Redwitz, Brand; Iffert (1), Bogatzki, Wöhler (6), Meoki (1), Gerlich (4), Miljak (1), Urban (4/2), Richardt (2), Popa (2), Mürköster (4), Weyhrauch (2), Saul
Siebenmeter: Eintracht Hildesheim 4/4 – ThSV Eisenach 2/2
Zeitstrafen: Eintracht Hildesheim 2 x 2 Min. – ThSV Eisenach 2 x 2 Min.

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