Eine Halbzeit schnupperte der ThSV Eisenach an einer Überraschung

Nach dem Seitenwechsel sorgte der VfL Gummersbach binnen 10 Minuten für die Entscheidung und wahrte mit einem 35:27 (15:14) –Erfolg seine Aufstiegsambitionen

Dass ein Handballspiel 60 und nicht 30 Minuten dauert, dieser Floskel bemühte sich am Samstagabend keiner in der Werner-Aßmann-Halle; auch wenn die Partie zwischen dem ThSV Eisenach und dem VfL Gummersbach mit zwei unterschiedlichen Halbzeiten genau dafür den Beleg lieferte. Die Wartburgstädter unterlagen nach starken ersten 30 Minuten und einem knappem 14:15-Halbzeit-Rückstand dem favorisierten VfL Gummersbach am Ende klar mit 27:35. „Das Schlussresultat gibt den Spielverlauf nicht wieder. In unserer starken ersten Halbzeit ließen wir bereits zu viele gute Tormöglichkeiten aus. Die Chancen waren da, um mit einer Führung in die Halbzeitpause zu gehen. Mit unseren vielen technischen Fehlern nach dem Seitenwechsel luden wir die Gäste zu Tempogegenstößen und einfachen Toren ein“, bilanzierte ThSV-Vorstandsmitglied Bernd Fichtner, der im Dezember 1997 als Aktiver per Dreher nach einem Gegenstoß den siegbedeutenden Treffer zum 30:29-Sieg des ThSV Eisenach beim VfL Gummersbach markierte. „Anfangs hatten wir Probleme mit der aggressiven Abwehr der Eisenacher, doch wir blieben cool, haben an unser System geglaubt. Überragende 10 Minuten zu Beginn der 2. Halbzeit sorgten für unsere deutliche Führung“, konstatierte Gudjon Sigurdsson, der Coach des VfL Gummersbach. Er schickte nach dem Seitenwechsel den zuletzt aus Verletzungsgründen schmerzlich vermissten Alexander Herrmann gemeinsam mit Timm Schneider und Janko Bozovic auf das Parkett. Die ausgebufften erstligaerfahrenen Spieler brachten das VfL-Schiff auf Kurs. Die Abwehr des Favoriten riegelte mit viel körperlicher Präsenz ab. „Uns unterliefen zu viele technische Fehler, wir verloren den Faden“, gestand Eisenachs linker Rückraumspieler Daniel Dicker. „Der VfL Gummersbach kam dadurch zu vielen erfolgreich abgeschlossenen Tempogegenstößen“, ergänzte Eisenachs 22-jährige Rückraum-Mitte-Mann Martin Potisik. Der Altmeister aus dem Oberbergischen, im Aufstiegsrennen zuletzt etwas ins Straucheln geraten und auf den Nichtaufstiegsplatz 3 abgerutscht, trumpfte mit seinem Gala-Rückraum nach dem Seitenwechsel auf, sorgte binnen 10 Minuten für die Entscheidung, traf vom 16:16 (31.) zum 17:24 (41.). Mit diesem Sieg wahrte der VfL Gummersbach die Chance, aus eigener Kraft die klar angepeilte Rückkehr in die Beletage des deutschen Handballs zu schaffen. Der ThSV Eisenach wahrte sein Polster auf die bedrohten Ränge, muss bereits am Mittwoch, 12.05.2021 beim ebenfalls 23 Pluspunkte aufweisenden Dessau-Roßlauer HV Farbe bekennen. „Da müssen wir eine durchgängig gute Leistung bieten, unsere Torchancen konsequenter nutzen“, so Bernd Fichtner mit Blick auf das Duell beim langjährigen Rivalen.

Eisenach mit temposcharfer erster Halbzeit
„Um ein Team wie den VfL Gummersbach zu bezwingen, hätte bei uns alles passen müssen“, sinnierte Rene Witte nach der Partie. „Nach guten 25 Minuten haben wir dann binnen weniger Minuten das Spiel vollends aus der Hand gegeben“, ergänzte der Eisenacher Manager. „Wenn Gummersbach mit voller Kapelle kommt, hat man es extrem schwer“, konstatierte Markus Murfuni. Wie dem Aufstiegsanwärter beizukommen ist, zeigten seine Schützlinge mit temposcharfen Angriffshandball im ersten Abschnitt, vielfach von den Linkshändern Alexander Saul und Willy Weyhrauch erfolgreich abgeschlossen. „Unsere Abwehr stand zumeist gut. Über die schnelle Mitte brachten wir Gummersbach in Bedrängnis“, skizzierte Eisenachs Martin Potisk den Verlauf der ersten Halbzeit. Die Gäste aus dem lediglich 270 Kilometer entfernten Gummersbach hatten zur Spielvorbereitung ein Stundenhotel gebucht, schienen zunächst nicht richtig wach. Nach Eisenachs 5:1-Führung (9.), ThSV-Keeper Blaz Voncina hatte das Leder von 2,03-Meter-Hünen Janko Bozovic pariert und selbst in den verwaisten VfL-Kasten eingenetzt, nutzte Gudjon Sigurdsson eine Auszeit zum Weckruf. Lukas Böhme glich von Rechtsaußen zum 7:7 aus (16.). Die Antwort der Thüringer kam prompt durch leichtfüßige Angriffszüge zum 11:8 (20.). DieGäste vollzogen personelle Wechsel. Der wuchtige Jonas Stüber besetzte die Kreisposition. Fynn Herzig löste Timm Schneider in der Rolle des Spielgestalters ab. Ein Angriffs- und Deckungswechsel zahlte sich für die Gäste aus. Eine nun defensiver ausgerichtete Abwehr erleichterte Torhüter Matthias Puhle die Arbeit. Die Gummersbacher nutzten zudem gegen den ThSV Eisenach verhängte Zeitstrafen, um in Überzahl, kurzzeitig sogar in doppelter Überzahl, mit knallhartem platziertem Wurf von Fynn Herzig zum 11:11 auszugleichen (24.). Alexander Saul zirkelte das Leder zum 12:11 in den VfL-Kasten, gleichbedeutend mit Eisenachs letztmaliger Führung. Beim 12:13 durch Julian Köster (28.) ging der Favorit erstmals in Führung. Nur beim 15:15 durch Alexander Saul (31.) glichen die Wartburgstädter noch einmal aus.

Gummersbach entscheidet die Partie nach dem Seitenwechsel binnen 10 Minuten
„Dass der VfL Gummersbach eine Spitzenmannschaft ist, demonstrierte er nach Widerbeginn“, stellte Markus Murfuni fest. Sein Team vermochte nicht an die Vorpausenleistung anzuknüpfen. „Leider hatten wir einige Ausfälle“, befand ein enttäuschter Eisenacher Coach, ohne namentlich ins Detail zu gehen. Er zog aber die Statistik heran: „Im ersten Abschnitt unterliefen uns nur 4, im zweiten Abschnitt 10 technische Fehler. „Dadurch kam Gummersbach ins Gegenstoßspiel und wir deutlich in Rückstand“, erklärte ThSV-Rückraumspieler Daniel Hideg. Es ging Schlag auf Schlag. Thomas Eichberger und ab der 39. Minute wieder Blaz Voncina vermochten das Leder in Sekundenabständen nur aus dem Eisenacher Tornetz holen. Blitzschnelles Umschaltspiel war angesagt. Raul Santos schloss zumindest in dieser Phase konsequent ab. Janko Bozovic versenkte von der Siebenmeter-Linie. Beim 17:24 durch Raul Santos (41.) war die Richtung klar vorgegeben. Kurz zuvor war nach einer Abwehraktion für Eisenachs Rückraumspieler Daniel Dicker nach einer roten Karte die Partie vorzeitig beendet. „Wir konnten im Rückraum rotieren, alle Spieler einsetzen“, merkte Gudjon Sigurdsson an. Der so eminent wichtige Doppelpunktgewinn für sein Team war frühzeitig eingetütet. Die Hausherren gaben aber nach dem 22:29 (53.) nicht klein bei, verkürzten noch einmal bis auf 4 Treffer (25:29, 55.). Dem 27. Eisenacher Treffer (zum 27:32 in der 58. Minute) durch den erstmals nach langer Zeit wieder mitwirkende Armend Alaj ließen die nicht nachlassenden Gäste noch 3 Treffer zum 27:35-Endstand folgen. Die Gummersbacher Spieler tanzten ausgelassen auf dem Parkett. Nicht auszudenken, sie hätten die Punkte nicht aus Thüringen mit ins Oberbergische genommen. Dass das vom ThSV Eisenach nach dem Abpfiff gereichte Bier nicht die gewünschte Kühlung hatte, dürften Timm Schneider und seine Teamkollegen wohl verschmerzt haben.

Statistik
ThSV Eisenach: Voncina (1Tor/ 1.-28. und ab 39./10 Paraden), Eichberger(28.-39./ 1Parade), Fehr; Iffert, Wöhler, Potisk (1), Hideg (3), A. Alaj (1), Dicker (2), Obranovic (1), Schneibel (2), Walz, Snajder (5/1), Weyhrauch (4), Saul (7)

VfL Gummersbach: Valerio, Puhle (11 Paraden); Schröter, Vidarsson (3), Köster (4), Blohme (6), Kontrec (1), Hermann (1), Schneider (4), Herzig (2), Meinhardt, Santos (5), Kiesler, Haller, Stüber (3), Bozovic (6/3)

Siebenmeter
ThSV Eisenach: 1/1 (Snajder verwandelt gegen Puhle)

VfL Gummersbach: 3/4 Bosovic verwandelt 3 x gegen Voncina, Santos scheitert 1 x an Voncina)

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Zeitstrafen
ThSV Eisenach: 8 Minuten (Walz und Dicker je 2 Min.), Rot Dicker (40.)

VfL Gummersbach: 8 Min. (Schneider 4 Min., Kontrec u. Blohme je 2 Min.)

Schiedsrichter:
Jan Lier/ Manuel Lier

Zuschauer:
keine

Beste Spieler

ThSV Eisenach: Saul

VfL Gummersbach: Blohme, Schneider, Stübe

 

Th. Levknecht

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