Entsetzen aber keine Kopflosigkeit

ThSV Eisenach nach der Abweisung der Klage vor dem HBL-Schiedsgericht / Präsident Gero Schäfer hofft auf Solidarpakt von Fans und Sponsoren für „auswärtige“ Heimspiele – Erfurt bevorzugt

Entsetzen beim ThSV Eisenach, Zufriedenheit in der Zentrale der Handballbundesliga. Das Schiedsgericht der HBL e.V. hat die Klage des Erstbundesligaaufsteigers abgewiesen, entgegen der Lizenzerteilung seine Heimspiele in der heimischen Werner-Aßmann-Halle austragen zu dürfen. Diese entspricht, aufgrund einer fehlenden Zuschauertribüne auf der zweiten Längsseite, nicht voll umfänglich den geforderten Standards. Der ThSV Eisenach hatte auf einen Kompromiss gehofft, doch der Vertreter der HBL habe sich keinen Millimeter bewegt, sich in keinster Weise gesprächs- oder kompromissbereit gezeigt, hätte Einigungsversuche des Schiedsgerichts kategorisch abgelehnt. Dieses Gebaren ist den Vertretern des ThSV Eisenach besonders sauer aufgestoßen. Die HBL habe auf ihrem Dogma bestanden. Sportlich und wirtschaftlich als Aufsteiger ohne Heimspiele, ohne das besondere Fluidum der Werner-Aßmann-Halle die 1. Liga zu halten, wäre nun noch problematischer.

Fans des ThSV Eisenach sind stinksauer

Die HBL-Zentrale zeigte sich in einer Presserklärung über das Abweisen der Klage indes höchst zufrieden. Ihr Geschäftsführer Holger Kaiser hatte bei einem Besuch am 13.Mai 2015 in Eisenach noch erklärt, „wir sind Sportförderer, keine Verhinderer“. Jörn Riedenklau, Vizepräsident des ThSV Eisenach und als Rechtsanwalt einer der juristischen Vertreter zur Schiedsgerichtsverhandlung in Kassel, sprach von einem „erschreckenden Urteil“. Gero Schäfer, der Präsident des ThSV Eisenach, sprach von einem „Urteil gegen den Sport, gegen eine ganze Handballregion“. Er erinnerte an die Bemühungen der letzten zwei Jahre von Seiten der Landes- und Stadtpolitik. Schließlich soll im April der Umbau losgehen, ein vom Landtag verabschiedeter Haushalt ist die Grundvoraussetzung. Im Sommer 2013 war für 100.000 € ein Fernsehbalkon entstanden, um die von der HBL geforderten Bilder zu senden. Das mdr-Fernsehen berichtete von hier alle zwei Wochen in bester Qualität. „Das alles wurde Null gewürdigt“, schüttelt Gero Schäfer den Kopf. „Ein Schlag für uns alle, Mannschaft, Gesellschafter, Sponsoren und Verantwortungsträger“, gesteht Manager Karsten Wöhler. „Ein wirtschaftlich und sportlich schwer zu verkraftender Schlag“, pflichtet ihm Thomas Herbst bei, Gesellschafter, Vorstandsmitglied und mit seiner Firma Business Software Solution GmbH Premiumpartner des ThSV Eisenach. „Die von der HBL betriebene Sportpolitik dient nicht der Förderung des Handballsports, kleine mit großem ehrenamtlichen Engagement geführten Vereine bleiben auf der Strecke“, findet Günter Oppel, langjähriger Sponsor und Fan, klare Worte. „Der Kommerz regiert, Retortenvereine mit Eventhallen, Handballkonsumenten statt Handballfans“, so der Tenor aus den Reihen der stinksauren Anhänger des ThSV Eisenach. Die Wortmeldungen in den sozialen Netzwerken überschlagen sich.

Thüringer Sportverein Eisenach sucht Ausweichstätte in Thüringen
Im Ergebnis des Entscheides des Schiedsgerichtes der HBL e.V. sieht der ThSV Eisenach drei Wege: die Klage vor einem Zivilgericht, die Suche nach einer alternativen Halle oder der Verzicht auf das Aufstiegsrecht. Den Weg vor ein Zivilgericht sieht Vizepräsident und Rechtsanwalt Jörn Riedenklau als wenig zielführend an. Als Mitglied der HBL habe der ThSV Eisenach den Rechtsweg der Klage vor dem Schiedsgericht gewählt. Die Entscheidung liegt nun vor. Der Verzicht auf das Aufstiegsrecht, von einer Vielzahl der eigenen Anhängerschar favorisiert, hätte bis zum 08.06.2015, einem Tag nach dem letzten Spieltag, erklärt werden müssen. Die Suche nach einer Ausweichspielstätte wird favorisiert. Ganz schweren Herzens! Der Thüringer Sportverein Eisenach möchte in Thüringen bleiben. Doch da ist die Möglichkeit arg limitiert. Anders als in Sachsen und Sachsen-Anhalt war der Sportstättenbau in Thüringen (Wintersport ausgenommen) nach der Wende ein Stiefkind. Als einzig mögliche Alternative bietet sich im Freistaat die Messehalle in Erfurt, doch die ist für Konzerte, Messen und Tagungen ausgelegt. Mit erheblichem finanziellem, materiellem und personellem Aufwand muss diese für ein Handballspiel gemäß den HBL-Standards umgerüstet werden. Bereits 1997, die 1984 errichtete Werner-Aßmann-Halle wurde nach dem Erstligaaufstieg umgebaut, trug der ThSV Eisenach drei Spiele in der Erfurter Messehalle aus. Die Autobahnanbindung und die Fahrtstrecke von 50 Kilometer von Eisenach kämen den Fans des ThSV Eisenach gelegen. Durch die (notwendige!) Errichtung von Zusatztribünen könnten 6.000 Zuschauer zum Handball Platz finden. Doch die Messe AG plant über einen längeren Zeitraum, ist vielfältig ausgebucht. Ob da vom Augist´2015 bis Mai 2016 freie Termine für den Handball sind? Eine weitere Variante ist die Halle in Rotenburg (Fassungsvermögen 2.500 Zuschauer). Diese ist von der HBL als erstbundesligatauglich erklärt. Hier hatte die MT Melsungen (damals mit Karsten Wöhler als Spieler und Kapitän) eine Heimstätte gefunden, bevor der hessische Erstligist sein Domizil in Kassel bezog.

Präsident Gero Schäfer:

Wir müssen das eine Jahr gemeinsam schultern!

Der ThSV Eisenach sieht mit dem Entscheid des Schiedsgerichtes der HBL den Druck auf die Politik erhöht. Thüringer Spitzenpolitiker sonnten sich zuletzt im Erfolgssog der Handballer des ThSV Eisenach. „Wir vertrauen den Zusagen der Thüringer Landesregierung, wissen auch die größte Fraktion im Landtag hinter uns“, erklärte Gero Schäfer. Der Präsident des ThSV Eisenach, appelliert an die Sponsoren und Fans, den Weg gemeinsam zu gehen, spricht von einem „Solidarpakt“ und fügt an, „Wir müssen das eine Jahr gemeinsam schultern“.

ThSV Eisenach: Sportlich erfolgreich und wirtschaftlich gesund/ Nachwuchs blickt auf erfolgreiche Saison zurück

Sportlich erfolgreich und wirtschaftlich gesund präsentiert sich der ThSV Eisenach, dessen Vorgänger Motor Eisenach 1958 Deutscher Meister im Feldhandball der DDR wurde. Die Sportoberen der DDR beäugten die BSG-Handballer aus Eisenach mit Argwohn. Die Motor-Handballer mussten Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre ihre Heimspielstätte in Eisenach verlassen, ihre Heimspiele in Mühlhausen. Leinefelde und vor allem in Erfurt (Sporthalle Beethovenplatz) austragen. Im Jahr 1984 wurde die Sporthalle Katzenaue, die heutige Werner-Aßmann-Halle, nach vielen Arbeitseinsätzen freiwilliger Helfer im Eisenacher Sportzentrum eröffnet. Am 31.05.2015 bejubelten 3.000 Zuschauer in der Werner-Aßmann-Halle nach einem 36:22 Erfolg über Eintracht Baunatal den Aufstieg in die 1. Handballbundesliga. Ein Höhenflug von 43:5 Punkten seit Ende November des Vorjahres bescherte die sofortige Rückkehr ins Handballoberhaus. Ein Triumphzug mit einem Autocorso und der Mannschaft um Trainer Velimir Petkovic und Kapitän Benjamin Trautvetter auf einem offenen Tieflader zum Eisenacher Markplatz war ein Highlight der Feierlichkeiten. Aber auch im Nachwuchs vermeldet der ThSV Eisenach Erfolge: Die männliche Jugend B wurde Mitteldeutscher Meister (vor dem SC Magdeburg und dem SC DHfK Leipzig), die A-Jugend spielt in der Jungenbundesliga, die C-Jugend schmückte sich zum 6. Mal in Folge mit dem Landesmeistertitel und die HBL verlieh den Wartburgstädtern erneut das Gütesiegel, Jugendzertifikat. Mit Pascal Küstner und Jan Minas gehören zwei Eisenacher zum Nachwuchs-Auswahlkader des DHB. Im vereinseigenen Sportinternat, das ohne jegliche staatliche Zuschüsse betrieben wird, leben aktuell 20 Handballtalente zwischen 14 und 18 Jahren aus dem gesamten Bundesgebiet, die Handball unter leistungssportlichen Kriterien einhergehend mit schulischer und beruflicher Ausbildung betreiben. Gerade sind zwei Talente aus Stuttgart und Hanau zu „Schnuppertagen“ da. Für das neue Schuljahr sind noch einige wenige Plätze frei (Anmeldungen beim Jugendkoordinator Christian Roch unter christianroch@thsv-eisenach.de).

Titelfoto: Da war die Hoffnung noch da: ThSV-Manager Karsten Wöhler und HBL-Geschäftsführer Holger Kaiser (re.) Mitte Mai vor der Werner-Aßmann-Halle

Foto 2: Da war die Handballwelt in Ordnung: Das ThSV-Team bejubelte ausgelassen den Aufstieg

Foto 3: Andreas Thiel, Justiziar der HBL, ehrte Bjarki Elisson vom ThSV Eisenach, als Toptorjäder der 2. Liga – Wenige Tage darauf agierte er erbarmungslos

Foto 4: Stimmungsvolle Kulisse in der Werner-Aßmann-Halle