Famose Abwehrschlacht ohne Happyend für Eisenach

Eine Partie der Abwehrreihen, geprägt von großem Kampf auf beiden Seiten, mit einem hauchdünnen Sieger, erlebte die stimmungsvolle Kulisse von 1520 Zuschauern (darunter etwa 120 Fans aus der Wartburgstadt) in der altehrwürdigen Leipziger Ernst-Grube-Universitäts-Sporthalle.
Der SC DHfK Leipzig, mit acht Spielern plus den Trainer des einstigen Zweitligisten Concordia Delitzsch, bejubelte beim Abpfiff einen 19:18 (12:10)-Erfolg über die Gäste von der Wartburg. «Schöner Handball sieht anders aus», formulierte Adalsteinn Eyjolfsson, der Coach des ThSV Eisenach. «Beide Teams haben toll gefightet. Wir spielten eine Super 3:2:1-Abwehr. Schade, dass wir nicht mit einem Punkt belohnt wurden», fügte der Isländer an.
Er hatte bereits im Vorfeld gemutmaßt, dass letztlich wohl nur Nuancen den Ausschlag geben würden. «Wir waren einen Tick besser, haben uns in einem wahrlich nicht hochklassigen Spiel über die gesamte Distanz nicht aus der Ruhe bringen lassen», bilanzierte Uwe Jungandreas, der Trainer der Sachsen.
Er hatte von Beginn Ulrich Streitenberger zur Sonderbewachung von Eisenach Spielgestalter Tomas Sklenak abgestellt. Das störte den Spielfluss der Gäste doch erheblich. «Ulrich Streitenberger war der entscheidende Mann in der Leipziger Abwehr», gestand Eisenachs Trainer Adalsteinn Eyjolfsson und räumte ein, «gegen eine offensive Deckung bekommen wir Probleme. Die müssen wir mit mehr Aktivitäten von den Halbpositionen auflösen.» Nur der schnelle Girts Lilienfelds konnte sich über die rechte Seite durchsetzen. Insgesamt wirkte das Eisenacher Angriffsspiel zu statisch, um das Abwehrbollwerk der Hausherren entscheidend zu knacken. Mit einem Angriffs- und Deckungswechsel, der kantige Cristian Telehuz und Rene Wagner kamen bei Ballbesitz der Eisenacher, zementierte DHfK-Trainer Uwe Jungandreas seine Abwehr zusätzlich. Hinter dieser parierte Torhüter Michael Galia ganz wichtige Bälle, verhinderte im zweiten Abschnitt mehrfach den Ausgleichstreffer der Eisenacher.
Kurz hintereinander scheiterten beispielsweise in der 43. Minute Adrian Wöhler von Links- und Nick Heinemann von Rechtsaußen, brachte Branimir Koloper das Leder beim Stand von 19:17 für die Gastgeber knapp zwei Minuten vor dem Ende frei vom Kreis nicht am DHfK-Keeper vorbei. Kurz zuvor hatte Radek Musil, der alte Fuchs im ThSV-Kasten, seinen fünften Strafwurf pariert! Die Spielleiter Colin Hartmann und Stefan Schneider sprachen den Hausherren 12 (!) Strafwürfe zu (Eisenach fünf).
Nicht nur hierbei durften sich die Leipziger des Wohlwollens der Schiedsrichter erfreuen. Aufgrund des «Maulkorberlasses» der HBL blieben die Lippen eines sichtlich angesäuerten Eisenacher Trainers hierzu öffentlich geschlossen, auch wenn es in ihm brodelte. Die Auslegung der Schritte-Regelung sorgte bei den Eisenachern sichtlich für Verunsicherung, besonders in der Phase nach der eigenen 8:5-Führung (16.). Der SC DHfK Leipzig, mit den Ex-Eisenachern und Ex.Delitzschern Philipp Seitle und Till Riehn im Wechsel auf der Regieposition, nutzte Überzahlsituationen konsequent, um aus dem 3-Tore-Rückstand eine 2-Tore-Führung (12:10) beim Gang zu den Pausengetränken herauszuwerfen.

Den Wartburgstädtern gelang im zweiten Abschnitt trotz ganz großen Engagements nicht ein einziges Mal der Ausgleichstreffer. «Teilweise agierten wir zu hektisch, mit Fehlern im Spielaufbau», bilanzierte ThSV-Coach Adalsteinn Eyjolfsson. Beim Stand von 16:15, Radek Musil hatte gerade Ulrich Streitenberger einen Siebenmeter abgekauft, verlor der eingewechselte Roel Adams das Leder (48.). Dann stibitzten sich die Leipziger das Leder nach einem Eisenacher Freiwurf (52.). Hochdramatisch die Schlussphase: Mit Sieben-Meilen-Stiefeln tankte sich Eryk Kaluzinski zum Eisenacher 17:18-Anschlußtrteffer durch (57.). Den folgenden Angriffszug über die rechte Seite schloss Steve Baumgärtel mit dem Treffer zum 19:17 für Leipzig ab (58.). Die Eisenacher fighteten mit ganz großem Herzblut weiter, auch wenn Eryk Kaluzinski unter Bedrängnis das Leder nicht zum Mitspieler brachte, Branimir Koloper am sich vor ihm aufbauenden Leipziger Schlussmann scheiterte. Girts Lilienfelds traf 32 Sekunden vor Ultimo zum erneuten Anschlusstreffer für die Wartburgstädter.
Alles oder Nichts, die Eisenacher gingen zur offenen Deckung über – und kamen nochmals in Ballbesitz. Steve Baumgärtel stoppte Eisenachs Eryk Kaluzinski auf Kosten einer Zeitstrafe. Der letzte direkt auszuführende Freiwurf von Daniel Luther – eigentlich zwei Sekunden vor der Sirene verhängt (!) – wurde von der Leipziger Abwehr abgeblockt. Freud und Leid lagen im Sport einmal wieder ganz dicht beieinander.

Hoffnungsvolle Auftaktviertelstunde für Eisenach – doch dann übernahm Leipzig das Ruder
Eine torarme Begegnung, fast wie beim letzten Zusammentreffen vor 37 Jahren, lebte vornehmlich von der Spannung. Mit Hans-Joachim Ursinus, der an seine einstige Wirkungsstätte zurückkehrte (er trug in jungen Jahren das DHfK-Trikot), war ein Eisenacher Aktiver jener Partie der Saison 1974/75 mit seinem Sohn Jens Augenzeuge der Auferstehung eines alten Derbys, das von vielen Emotionen auf dem Parkett und den Rängen gekennzeichnet war.
Leidenschaftlicher Kampf war von Beginn auf beiden Seiten angesagt. Beide Teams schenkten sich nichts, agierten aber niemals vorsätzlich unfair. Spieler auf beiden Seiten kannten sich zudem aus gemeinsamer Zeit beim ThSV Eisenach. Die Leipziger hatten Ulrich Streitenberger und Thomas Oelrich dabei, hinter deren Einsatz von den Leipzigern im Vorfeld ein Fragezeichen gesetzt wurde. Ulrich Streitenberger schwang sich vielmehr zum wohl entscheidenden Mann auf dem Parkett auf, der als «Abfangjäger» vor der eigenen Deckung den Aktionsradius von Eisenachs Tomas Sklenak doch entscheidend einengte und damit in den ThSV-Motor gehörig Sand streute.
Zunächst hatten die Eisenacher freilich die richtigen Antworten parat. Basierend auf einer bissigen Abwehr starteten die Thüringer überaus Erfolg versprechend. Adrian Wöhler fing ein Seitle-Abspiel ab und vollendete per Tempogegenstoß zum 3:5 (10.). Die Gastgeber glichen durch Eric Jacobs und dem Top-Torjäger der Liga, Rene Boese, zum 5:5 (12,) aus. Tomas Sklenak wich in Unterzahl zum Kreis aus und versenkte zum 5:6 (12.). Eine Fackel des eingewechselten Duje Miljak zischte zum 5:7 in die Maschen (13.). Ulrich Streitenberger fand von Rechtsaußen in Eisenachs Schlussmann Radek Musil seinen Meister. Eine Ballstafette auf Linksaußen nutzte Adrian Wöhler zum 5:8 (16.). Pech, das einem Eisenacher Kempa-Treffer die Anerkennung versagt blieb (18.). DHfK-Coach Uwe Jungandreas reagierte, wechselte quasi mit Till Riehn die Wende ein. Das Leipziger Spiel bekam mehr Struktur. ThSV-Keeper Radek Musil zögerte mit zwei parierten Siebenmetern (17./19.) die Wende noch hinaus. Dann spielte Rene Bose seine Konterqualitäten aus, traf zum 10:9 (26.). Till Riehn bediente Thomas Oehlrich am Kreis, der zum 11:9 (28.) verwandelte.

Trotz großem Engagements – der Ausgleichstreffer gelingt nicht
Nach Wiederanpff, nun wieder mit Philipp Seitle auf der mittleren Aufbauposition, gaben die Gastgeber den Steuerknüppel nicht aus der Hand. Eric Jacob traf aus dem Rückraum zum 14:11 (35.). Philipp Seitle, gerade 26 Jahre geworden, wuchtete in der für ihn typischen Art zum 15:12 (36.) ein. Die Eisenacher fighteten, lautstark unterstützt durch ihren blau-weißen Anhang hinter dem Tor, steckten Patzer weg, marschierten mit Power in Richtung DHfK-Kasten. Tomas Sklenak verwandelte zwei Strafwürfe und Girts Lienfelds traf zum Anschlußtreffer (15:16, 46., aus ThSV-Sicht). Doch der Ausgleich fiel nicht, auch nicht nach dem Luther-Gewaltwurf zum 16:17 (50.), weil ein ThSV-Freiwurf in den Händen der Leipziger landete und unmittelbar nach einer Eisenacher Auszeit Adrian Wöhler das Leder verlor (53.). Da waren die Hausherren den Tick besser…!

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Statistik

SC DHFK Leipzig: Galia, Krechel; Müller, Dietzmann, Streitenberger 5/5, Bumgärtel (1), Oehlrich (2), Binder, Boese (3), Jacob (2), Wagner, Riehn, Seitle (5/2)

ThSV Eisenach: Musil, Gorobtschuk; Trautvetter, Sklenak (5/3), Wöhler (3), Luther (1), Miljak (1), Kaluzinski (1), Adams, Schiffner, Heinemann (2/1), Lilienfelds (4), Koloper (1), Lindner

Siebenmeter: Leipzig 12/7 – Eisenach 5/4
Zeitstrafen: Leipzig 8 x 2 Min. – Eisenach 5 x 2 Min.

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