Gelungener Schachzug

Eisenachs Kapitän Benjamin Trautvetter hatte im Vorfeld der Partie daran erinnert, jede Serie habe mal ein Ende. Mit einer bärenstarken Leistung wurde die Serie der Eisenacher Erfolglosigkeit in der Erlanger Karl-Heinz-Hiersemann-Halle beendet.
Abwehrstabilität sowie schnelles und kreatives Angriffsspiel hießen die Tugenden zum überaus klaren 29:20 (14:9)-Auswärtserfolg beim HC Erlangen. Streckenweise veranstalteten die Thüringer eine Lehrvorführung modernen Handballs.
Und das bei einer Mannschaft, die im Vorjahr die abwehrstärkste war und nur um Haaresbreite den Aufstieg in die 1. Bundeslga verpasste!
Ein taktischer Schachzug erwies sich als Volltreffer. Die Wartburgstädter operierten mit zwei Spielmachern gleichzeitig: Tomas Sklenak auf der mittleren Aufbauposition und Hannes Jonsson auf Linksaußen. «Das erhöhte den Spielfluss, zumal wir oft in Über- oder Unterzahl auf dem Parkett standen», freute sich Eisenachs Trainer Adalsteinn Eyjolfsson und lobte ausdrücklich die überragende Spielsteuerung von Tomas Sklenak.
Der tschechische Nationalspieler überzeugte als umsichtiger Regisseur, hatte für die Pfiffe bei Ballbesitz aus dem Erlanger Fanblock nur ein müdes Lächeln übrig. Hannes Jonsson spielte seine Qualitäten, individuell und im Zusammenspiel mit den Kreisspielern, eindrucksvoll aus. Nick Heinemann überzeugte mit der für ihn arteigenen Leidenschaft und Schlitzohrigkeit, in der Abwehr, im Angriff und von der Siebenmeterlinie. Er verwandelte mit ständig veränderter Wurfvariante alle sechs seinem Team zugesprochene Strafwürfe, war mit insgesamt neun Treffern bester Werfer. Mit einem Doppelpack zum Auftakt (0:2, 4.) gab er gleich die Richtung vor.

Dominanz von Beginn: Start-Ziel-Sieg der Thüringer in Franken
Der ThSV Eisenach spielte in der Stammformation mit Tomas Sklenak auf der Regieposition, Eryk Kaluzinski im linken und Girts Lilienfelds im rechten Rückraum, Hannes Jonsson auf Links- und Nick Heinemann auf Rechtsaußen, Benjamin Trautvetter an der Kreismitte, für Abwehraufgaben zunächst von Branimir Koloper, nach dessen frühzeitiger zweiter Zeitstrafe von Nicolai Hansen abgelöst, sowie Radek Musil im Tor.

Den Franken gelang im gesamten Spielverlauf nicht ein einziges Mal der Ausgleichstreffer. Beim 5:6 (16.) trafen sie bereits letztmalig zum Anschluss. Durch unsaubere Abwehraktionen dezimierten sie sich mehrfach selbst. Girts Lilienfelds drückte aus dem rechten Rückraum immer wieder auf das Tempo. Zum Ende des ersten Abschnittes sorgten die Eisenacher mit Ballstafetten zur Kreismitte für einen 5. Tore-Vorsprung zur Halbzeitpause. Adrian Wöhler netzte von Linksaußen ein, Benjamin Trautvetter versenkte von der Kreismitte ein präzises Zuspiel von Hannes Jonsson. Auch der mit Beginn der zweiten Halbzeit in den Erlanger Kasten eingewechselte Torwarthüne Andreas Bayerschmidt konnte die Gäste nicht vom Erfolgskurs abbringen. Die Thüringer dominierten eindrucksvoll in Franken! Hannes Jonsson platzierte eine Freiwurfablage am verdutzten Andreas Bayerschmidt vorbei zum 12:17 (39.). Die Eisenacher hielten die Hausherren ständig auf Distanz. Auf mehr als vier Treffer (15:19, 46.) und 18:22 (50.) kam der HC Erlangen nicht heran. Im Schlussgang, so richtig in Spiel- und Torlaune, allen voran Eryk Kaluzinki, baute der ThSV Eisenach seine Trefferausbeute noch aus, vom 18:22 (50.) zum 18:27 (56.). Da hatte die stimmgewaltige Anhängerschar von der Wartburg längst Freudengesänge angestimmt.

Erlangens Trainer Bergemann: Eisenach war uns in allen Belangen überlegen
«In der ersten Halbzeit unterliefen uns im Vorwärtsgang noch einige technische Fehler, die wir aber durch unsere Abwehrarbeit kompensieren konnten. Im zweiten Abschnitt trumpften wir abgeklärt auf, profitierten von unserer Spielsteuerung, hatten bei Ballbesitz stets die richtigen Lösungen parat. Der Deckungsinnenblock mit Eryk Kaluzinski und Nicolai Hansen, dahinter ein starker Radek Musil im Tor, waren unsere Trümpfe. Wir haben aus den Fehlern der Heimniederlage gegen den TV Bittenfeld gelernt. Beim HC Erlangen mit neun Toren zu gewinnen, das wird wohl kaum einem anderen Team gelingen Fantastisch die Unterstützung durch unsere mitgereisten Fans, die zu einem super schönen Abend für den ThSV Eisenach beitrugen», betonte ein sichtlich aufgekratzter Eisenacher Trainer.
Sein Kollege Frank Bergemann vom HC Erlangen stellte klar: «Eisenach war uns in allen Belangen überlegen. Wir befanden uns von Beginn auf der Verliererstraße. Trotz vielfacher Umstellungen, ein richtiges Aufbäumen fand nicht statt. Wir bekamen einfach nicht beide Beine auf den Hallenboden.» Vorbildlich, die etwa 1300 heimischen Zuschauer unterstützten ihre Mannschaft trotz des überaus klaren Rückstandes bis zur letzten Sekunde! An eine derartige Vorführung in eigener Halle vermochte sich allerdings keiner aus dem Erlanger Lager zu erinnern….

Jeder bereit, den Fehler des Nebenmannes auszubügeln
Der ThSV Eisenach stand in der erwartungsgemäß proppenvollen Karl-Heinz-Hiersemann-Halle von Beginn unter Volldampf. Mit den ureigensten Erlanger Qualitäten, zupackender Abwehrarbeit, kauften die Thüringer den Hausherren von Beginn den Schneid ab. Nick Heinemann traf nach exakt 30 Sekunden im Nachwurf von Rechtsaußen zum 0:1. Nach einer Parade von Eisenachs Schlussmann Radek Musil bediente Eryk Kaluzinski auf der Gegenseite seinen Kapitän Benjamin Trautvetter, der nur regelwidrig gestoppt werden konnten. Nick Heinemann verwandelte den fälligen Strafwurf zum 0:2 (4.). Nach vorn lief beim ThSV Eisenach allerdings noch nicht alles rund. Mancher Schnitzer, unnötiger Ballverlust war zu verzeichnen. Doch dieser wurde in der Rückwärtsbewegung oder durch konsequente Abwehrarbeit wieder kompensiert. Jeder war bereit, den Fehler des Nebenmannes auszubügeln. Branimir Koloper, im Deckungszentrum herzhaft zupackend, kassierte bereits in der zwölften Minute die zweite Zeitstrafe und war damit rotgefährdet. Für ihn kam in der Folge für Defensivaufgaben Nicolai Hansen. Gemeinsam mit Eryk Kaluzinski riegelte der Däne im Mittelblick ab. Nach Regelwidrigkeit am schnellen Girts Liklienfelds verwandelte Nick Heinemann von der Siebenmeterlinie zum 4:6 (15.). Dann fanden sich die beiden Eisenacher Spielmacher beim Treffer zum 5:7 zum Duett (17.). Wenig später ließ Girts Lilienfelds die Abwehr auf der Gegenseite regelrecht stehen und vollendete zum 6:9 (22.). Jetzt kam Eisenachs Angriffsspiel richtig auf Touren. Die 5:1-Abwehr der Hausherren, mit Hannes Münch auf vorgezogener Position, sowie den großgewachsenen Rasmus Hansen, Oliver Hess und Nicolai Link im Innenblock, vermochte die Angriffsflut der Eisenacher nicht mehr einzudämmen. Nicolai Hansen stürmte aus der eigenen Deckung auf und davon, wurde rüde umgerissen, vollendete dennoch spektakulär per Rückhandwurf (6:10, 22.) Christoph Nienhaus riss den am Kreis auftauchenden Tomas Sklenak zu Boden. Nick Heinemann verwandelte schnörkellos per Siebenmeter zum 8:12 (26.)

Beeindruckende Dominanz der Eisenacher
Im zweiten Abschnitt verstärkte Duje Miljak die Eisenacher Defensive, kam in der Abwehr für Girts Lilienfelds. Die Hausherren waren von der Dominanz der Gäste sichtlich beeindruckt, patzten selbst in Überzahl. ThSV-Keeper Radek Musil klärte per Fußabwehr. Dann sorgte Hannes Jonnson immer wieder für Raunen auf den Rängen, bei seinen Treffern zum 12:17 (39.), 15:20 (47.) und 17:22 (49.). als er blitzschnell die Situation erfasste und einnetzte. Vergeblich die Erlanger Körperattacke per Eishockey-Anleihe gegen Tomas Sklenak (43.). Der Blondschopf ließ sich auch davon nicht beirren, hielt die Regiefäden fest in der Hand. Beim 18:22 (50.) keimte nochmals leise Hoffnung im Lager des HC Erlangen. Die war ganz rasch verflogen. Daniel Pankofer donnerte im Siebenmeterduell mit dem eingewechselten ThSV-Keeper Stanislaw Gorobtschuk das Leder nur ans Holz (52.). Wenige Augenblicke später zappelte ein eleganter Jonsson-Wurf zum 18:24 im Bayerschmidt-Gehäuse (53.). Es folgten weitere handballerische Leckerlis, die die ThSV-Fangemeinde verzückte – bis der ausgelassene Jubel über den dritten Auswärtssieg im dritten Auswärtsspiel der Saison losbrach.

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Nun zwei Heimspiele
Der ThSV Eisenach behauptet sich mit nunmehr 8:2 Punkten im Spitzenfeld. Die kommenden zwei Punktspiele werden in der heimischen Werner-Aßmann-Halle ausgetragen. Am Samstag, 06.10.2012 gastiert die TSG Friesenheim, eine Woche später, am Samstag, 13.10.2012 der EHV Aue (Anwurf jeweils 19.30 Uhr).

Gespannter Blick auf DHB-Pokalauslosung am Dienstag
Der ThSV Eisenach befindet sich im Lostopf für die Auslosung der 3. DHB-Pokal-Hauptrunde. In dieser steigen die Erstbundesligisten mit ein. Die Auslosung erfolgt am Dienstagabend. Gespielt wird am Mittwoch, 24.10.2012.

Statistik

HC Erlangen: Bayerschmidt, Selke; Schwandtner (5), Münch (2), Krämer (1), Hansen (2), Nienhaus (1), Hess (2), Schneck, Pankofer (3/2), Stumpf (1/1), Böhm, Link (2)

ThSV Eisenach: Musil, Gorobtschuk; Trautvetter (3), Sklenak, Wöhler (3), Jonsson (6), Luther, Miljak, Kaluzinski (3), Hansen (1), Schiffner, Heinemann (9/6), Lilienfelds (4), Koloper

Zeitstrafen: HC Erlangen 7 x 2 Min.; ThSV Eisenach 5 x 2 Min.

Siebenmeter: HC Erlangen 5/3; ThSV Eisenach 6/6

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