Handball: Nachgefragt beim Präsidenten des ThSV Eisenach

ThSV Eisenach: Sportlich und wirtschaftlich auf gesunden Füßen

In Interview: Gero Schäfer, Präsident des ThSV Eisenach

Der ThSV Eisenach, ein echter Traditionsverein, steht unmittelbar vor dem Aufstieg in die 1. Handballbundesliga der Männer. Aber auch im Nachwuchsbereich warten die Wartburgstädter mit beachtlichen Erfolgen auf.

Zur Lage sprachen wir mit Gero Schäfer, dem Präsidenten des Vereins:

Die Saison 2014/2015 neigt sich dem Ende. Das Aushängeschild Ihres Vereins, die erste Männermannschaft, steht kurz vor dem Aufstieg in die Eliteliga. Was waren für Sie die Knackpunkte der Saison?
Unser Ziel war der Wiederaufstieg binnen ein bis zwei Jahren, deshalb haben wir die Mannschaft im Großen und Ganzen zusammengehalten, für zwei langzeitverletzte Spieler zusätzlich Marcel Schliedermann und Jan Forstbauer verpflichtet. Nach dem unzufriedenstellenden Start mit 7:9 Punkten mussten wir handeln, haben mit Velimir Petkovic einen erfahrenen Trainer verpflichtet. Das war die Initialzündung für den guten Lauf ab Ende November. Velimir Petkovic hatte nach sechs Wochen die Spieler besser kennengelernt. Harte intensive Arbeit zahlten sich aus. Zuletzt haben wir 37:5 Punkte geholt! Nach schweren Verletzungen von Führungsspielern ist die Mannschaft noch enger zusammengerückt; jeder hat für den anderen gekämpft. Das war der Grundstein für die Erfolgsserie!

Wie sind Sie mit der Zuschauerresonanz zu den Heimspielen zufrieden?
In der Aufstiegssaison 12/13 verzeichneten wir im Durchschnitt 2001 Besucher. Während der Erstligasaison verfolgten im Schnitt 2.500 Zuschauer unsere Heimspiele. So hatten wir für diese Saison mit einem Schnitt von etwa 2.000 Zuschauern geplant. Diese dürften wir mit dem anstehenden Heimspiel gegen Eintracht Baunatal vor sicherlich großer Kulisse auch erreichen, hätten dann im Schnitt etwa 2.040 Zuschauer begrüßen können. Mit der Zuschauerresonanz bin ich anhand dieser Zahlen sehr zufrieden. Ich glaube, wir haben eine Handball-Euphorie in und um Eisenach, in ganz Thüringen, aber auch im benachbarten Hessischen entfacht. Die Unterstützung unserer Fans in der Werner-Aßmann-Halle, aber ebenso auswärts, ist einmalig. Erinnert sei an das Auswärtsspiel in Emsdetten, wo rund 100 mitgereiste ThSV-Fans die Halle dominierten, unser Team zum Auswärtssieg peitschten.

Neben dem Sportlichen, der ThSV Eisenach, die Marketing GmbH und der Verein, stehen wirtschaftlich auf gesunden Füßen….
Bei meinem Amtsantritt im November 2009 war die finanzielle Lage nicht einfach. In den letzten 5 ½ Jahren haben der damals auch neu angetretene Marketing-Geschäftsführer Karsten Wöhler, die Gesellschafter der ThSV-Marketing-GmbH und der teilweise in anderen personellen Besetzungen gewählte Vorstand mit der Unterstützung der Mitarbeiter der ThSV-Geschäftsstelle sehr viel erreicht. Wir haben in diesem Zeitraum den Umsatz der ThSV-Marketing-GmbH verdoppelt. Erinnert sei auch, bei meinem Amtsantritt verfolgten im Schnitt gerade einmal 1.100 Zuschauer die Heimspiele des Zweitbundesligateams. Tolle Leistungen der Mannschaft, mit der Qualifikation für die eingleisige 2. Handballbundesliga, natürlich der Aufstieg im Sommer 2013 in die 1. Liga haben den Zuschauerzuspruch mehr als verdoppelt. Wie erwähnt, in der Vorsaison kamen durchschnittlich 2.500 Zuschauer zu unseren Heimspielen. Nur durch diese Erfolge konnten wir die wirtschaftliche Gesundung der ThSV-Marketing GmbH erreichen. Wir werden auch im kommenden Jahr weiter so wirtschaften, nur das Geld ausgeben, was wir auch einnehmen! Das bedeutet, dass wir uns auch nur Spieler leisten, die für uns finanzierbar sind! Wir können nicht, wie von anderen Vereinen der Handball-Bundesliga in der Vergangenheit oft praktiziert, in Vorgriff gehen und Spieler verpflichten, die man sich nicht leisten kann. Dem haben auch die Lizenzierungs-Richtlinien einen Riegel vorgeschoben: Vereine dürfen kein Defizit machen! Wir haben uns in den letztebn 5 Jahren strikt daran gehalten und sind damit sehr gut gefahren.

Eigentlich alles bestens, wäre da nicht die Problematik der Heimspielstätte für die 1. Handballbundesliga. Die HBL hat dem ThSV Eisenach die Lizenz für die 1. Liga erteilt, aber mit der Maßgabe, in einer voll umfänglich die geforderten Standards erfüllenden Halle die Heimspiele auszutragen. Wie gehen Sie damit um?
Für uns als Entscheidungsträger kam die Nachricht nicht überraschend. Wir hatten im Vorfeld beim Besuch von HBL-Geschäftsführer Holger Kaiser in Eisenach die Situation erörtert. Nachdem wir vor zwei Jahren auf einer HBL-Mitgliederversammlung den Kompromiss erreicht hatten, 14 Heimspiele in Eisenach und 3 in voll umfänglich den Standards entsprechenden Hallen außerhalb Eisenachs zu spielen, hat die HBL im November 2013 die Hallenstandards in die Lizenzierungsrichtlinien aufgenommen. Konkret: Wir haben die Lizenz für die 1. Liga wirtschaftlich ohne jegliche Auflagen erhalten. Wir haben, den sportlichen Aufstieg vorausgesetzt, die Lizenz aber nicht für einen Spielbetrieb in der Werner-Aßmann-Halle erhalten. Wir haben nun den Weg zum Schiedsgericht der HBL gewählt. Dort wird in Kürze eine Verhandlung stattfinden. Dort werden wir durch unseren Vizepräsidenten Jörn Riedenklau, der in Eisenach eine Anwaltskanzlei betreibt, sowie durch Helge-Olaf Käding, einem befreundeten Anwalt, der im Sportrecht, insbesondere im Handballrecht sehr bewandert ist, vertreten. Wir haben eine hervorragend ausgearbeitete mit schlagkräftigen Argumenten untersetzte Abhandlung vorgelegt, die in uns die berechtigte Hoffnung auslöst, doch noch in Eisenach spielen zu können. Alles Weitere werden wir sehen.

Das Gesicht des Bundesligateams wird sich gewaltig verändern, ein großer personeller Schnitt steht bevor, nach dem Heimspiel gegen Eintracht Baunatal wird eine Vielzahl von teilweise langjährig das Trikot des ThSV Eisenach tragenden Spielern verabschiedet. Wie argumentieren Sie für den personellen Umbruch?
Wir müssen unterscheiden. Wenn Spieler wie Bjarki Elisson, Dener Jaanimaa und Rene Villadsen von aktuellen Europacup-Siegern, ehemaligen Champions-Leauge-Siegern und aktuellen Europa-Cup-Teilnehmern, wie im Falle der Füchse Berlin, HSV Handball und der MT Melsungen, Angebote erhalten, kann man einen Wechsel nachvollziehen, der von uns auch nicht zu verhindern ist. Ähnlich ist es bei Hannes Jon Jonsson, der eine Super-Chance als Spielertrainer in Österreich bekommt. Unsere langjährigen Spieler Tomas Sklenak, Girts Lilienfelds und Stanislaw Gorobtschuk, die sich in teilweise bis zu 10 Jahren große Verdienste für die Entwicklung unseres Vereins erworben haben und uns verlassen, haben bei anderen Vereinen längerfristige Verträge bekommen. Jan Forstbauer, in dieser Saison per Zweitspielrecht bei uns, kehrt zu seinem Stammverein MT Melsungen zurück. Sie alle haben mit großem Engagement das Trikot des ThSV Eisenach getragen. Ich wünsche ihnen für die Zukunft alles Gute, freue mich zugleich auf ein Wiedersehen in Deutschlands Handball-Hallen.
Die sportliche Entwicklung unserer Mannschaft liegt in den Händen unseres Sportlichen Leiters Karsten Wöhler und Trainer Velimir Petkovic. In beide habe ich vollstes Vertrauen, das sie den personellen Umbruch erfolgreich gestalten.

Hinter dem ThSV Eisenach liegt auch eine sehr erfolgreiche Saison im Nachwuchs. Genannt sei der Titel des Mitteldeutschen Meisters der männlichen Jugend B, der gleichzeitig ein erneutes Ticket für die Jugendbundesliga sichert. Wie sehen Sie die Entwicklung im Nachwuchs?
Mit dem Titel des Mitteldeutschen Meisters der männlichen Jugend B erreichten wir den größten Erfolg unserer Nachwuchsarbeit der letzten Jahre. Wir ließen den Deutschen Meister SC DHfK Leipzig und mit dem SC Magdeburg einen der besten Vereine in der Nachwuchsarbeit der letzten 25 Jahre hinter uns. Im Viertelfinale um die Deutsche Meisterschaft konnten wir nicht so gut abschneiden, sind aber unter den besten 12 Männschaften dieser Alterkategorie in Deutschland. Mit dem Titel des Mitteldeutschen Meisters qualifizierten wir uns erneut für die Jungend-Bundesliga. Für die Nachwuchsarbeit beim ThSV Eisenach ungemein wichtig! Das vergangen Jahr, dem ersten in der Jugend-Bundesliga, haben wir aufgrund von Verletzungen der Leistungsträger auf Platz 12 in unserer Staffel abgeschlossen. Unsere C-Jugend wurde erneut Thüringenmeister. Die B-Jugend holte sich zusätzlich mit 24:0 Punkten den Titel in der Thüringenliga der A-Jugend. Bei der D- und E-Jugend liegen wir hinter unseren Erwartungen. In diesem Bereich verfügen wir auch teilweise über nicht genug Spieler. Ich hoffe, nach dem bevorstehenden Aufstieg unserer 1. Männermannschaft in die 1. Bundesliga stoßen wieder mehr junge Sportler zum Training der D- und E-Jugend.
Wir investieren viel in unsere Jugendarbeit, haben den hauptamtlichen Trainerstab vergrößert. Es ist für uns eine Riesenherausforderung mit der 1. Mannschaft in der höchsten Spielklasse und gleichzeitig mit dem Nachwuchs auf bundesdeutschem Niveau zu spielen; sind wir doch ein Verein mit lediglich knapp 300 Mitgliedern. Ganz, ganz viel wird im Ehrenamt bewältigt! Ich will die Gelegenheit nutzten, mich bei allen Trainern, Übungsleitern, Physiotherapeuten, Mannschaftsbetreuern, Helfern und unseren Spielern zu bedanken! Ganz wichtig im Nachwuchs auch, die Unterstützung durch die Eltern unserer Talente!

Soll die Kooperation mit dem SV Wartburgstadt fortgesetzt werden?
Vor einem Jahr traten die Verantwortlichen des SV Wartburgstadt mit der Anfrage an uns heran, eine gemeinsame Mannschaft für die Thüringenliga der Männer zu bilden, um die Kräfte zu bündeln. Aus der Anfrage ist binnen kurzer Zeit eine sehr gute Zusammenarbeit geworden, fruchtbringend für beide Vereine. Wir hatten für unsere zweite Mannschaft auf junge Nachwuchsspieler gesetzt, größtenteils im A-Jugend-Alter, um sie an den Männerbereich heranzuführen. Einige ältere Führungsspieler haben uns verlassen. Das konnten wir durch die Kooperation mit dem SVW ausgleichen. Die Zusammenarbeit zwischen dem SV Wartburgstadt Eisenach und dem ThSV Eisenach wird fortgesetzt, ja intensiviert, zum Wohl beider Vereine!

Handballtalente aus dem gesamten Bundesgebiet wohnen im Sportinternat des ThSV Eisenach, erlernen Handball unter leistungssportlichen Kriterien einhergehend mit schulischer und beruflicher Ausbildung. In den letzten Jahren hat allerdings kein eigenes Talent den Sprung ins Stammaufgebot des Bundesligateams geschafft. Soll das kostentenintensive Projekt fortgeführt werden?
Der Aussage teilweise ehemaliger Spieler oder Trainer teilweise aus BSG-Motor-Zeiten, keine Talente hätten in den letzten zehn Jahren den Sprung in as Bundesligateam geschafft, muss ich widersprechen! Ich darf an Eduard Kluyko und Konstantin Singwald erinnern. Diese haben allerdings Eisenach verlassen, um ein Studium in anderen Städten aufzunehmen. Für uns ist es ein großer Standortnachteil, dass wir in Eisenach keine Universität oder Fachhochschule vorweisen können. Die Kooperation mit der Fachhochschule Schmalkalden entwickelt sich ausgesprochen positiv, 3 bis 4 mal die Woche die Fahrtstrecke von jeweils über 100 Kilometern zu bewältigen, dass wollen aber nicht alle Studierenden.
Im aktuellen Aufgebot unseres Bundesligateams steht mit Jonas Richardt ein hoffnungsvoller Linkshänder aus dem eigenen Nachwuchs. Im Testspiel gegen Melsungen ließ er aufhorchen. Leider fällt er aufgrund einer längerfristigen Verletzung derzeit aus. Jonas Richardt und andere Talente aus unserem Nachwuchs sind mittlerweile an die Marketing-GmbH und unseren Verein gebunden.
Wir betreiben unser Sportinternat ohne jegliche finanzielle Hilfe einer staatlichen Institution!! Das ist für uns als Verein eine riesige Herausforderung!! Mein Dank gilt all den Spendern und Partnern unseres Internats sowie deren Mitarbeitern!

Was wünscht sich der Präsident des ThSV Eisenach für die nächste Saison?
Ich wünsche mir, dass wir am Sonntag im Heimspiel gegen Eintracht Baunatal den Aufstieg in die stärkste Liga der Welt perfekt machen können. Ich wünsche mir ebenso, dass wir den Großteil unserer Heimspiele auch in unserer Heimstätte, der „Werner-Aßmann-Hölle“ spielen können. Weiterhin wünsche ich mir, ein zügiger Umbau unserer Halle erfolgt. Ich wünsche mir ebenso, dass sich unser ThSV Eisenach sportlich und wirtschaftlich weiter positiv entwickelt.

Gespräch: Thomas Levknecht

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