Handball-Pokal: Von offensiver Abwehr matt gesetzt

Nur kurz, exakt 60 Minuten, war der DHB-Pokal der Saison 10/11 für den ThSV Eisenach. Regionalligist SC DHfK Leipzig, der sechs Stammkräfte des insolventen Zweitbundesligisten Concordia Delitzsch in seinen Reihen hat, bezwang in der heimischen Ernst-Grube-Halle den Zweitligisten von der Wartburg mit 27:26 (14:12). Die Zahl von 459 zahlenden Zuschauern blieb unter den Erwartungen des Veranstalters, wohl auch dem sommerlichen Wetter geschuldet.
Unter den Zuschauern waren die ehemaligen Eisenacher Martin Hoffmann (jetzt Regionalligist Anhalt Bernburg) und Till Riehn (zuletzt Concordia Delitzsch, jetzt Regionalligist TG Münden), Uwe Jungandreas, bis kürzlich erfolgreicher Trainer bei Concordia Delitzsch, sowie eine lautstarke per Zug und Pkw angereiste blau-weiße Anhängerschar aus Thüringen, mit ThSV-Präsident Gero Schäfer. Der SC DHfK Leipzig verabschiedete einige der «Aufstiegshelden» der Vorsaison in einer Blitzaktion zwischen Einlaufen und Anpfiff. Der ThSV Eisenach musste verletzungs- oder krankheitsbedingt auf Girts Lilienfelds, Nick Heinemann und Petr Hruby verzichten. Mit dem Aus im DHB-Pokal kann sich der ThSV Eisenach ausschließlich auf sein Hauptaugenmerk, die Qualifikation für die eingleisige 2. Handballbundesliga, konzentrieren. Der Startschuss hierzu erfolgt am kommenden Samstag, 28.08.2010 im Heimspiel gegen Titelanwärter Bergischer HC (Anwurf 19.30 Uhr/ ab 17.00 Uhr Festivitäten für Groß und Klein zum 20-jährigen Vereinsjubiläum).

Vom 8:12 zum 15:12 – sieben Gegentreffer in Folge
Für Adalsteinn Eyjolfsson, dem Coach des ThSV Eisenach, brachte die Partie wichtige Informationen. Seine Schützlinge waren nicht in der Lage, eine offensiv ausgerichtete Deckung auszumanövrieren. Bis zur 25. Minute (8:12) waren die Eisenacher das dominierende Team, mit schwungvollen Angriffszügen, vielfach über alle drei Kreispositionen, stabiler Abwehrarbeit, einschließlich eines guten Radek Musil im Tor, und daraus resultierender Tempogegenstöße, von Philipp Lindner und Adrian Wöhler erfolgreich abgeschlossen. Die Umstellung des Deckungsverbandes auf eine offensivere Variante erwies sich für die Sachsen als Volltreffer. Sie setzten damit Eisenachs Angriffsspiel regelrecht matt, starteten nach Ballgewinnen blitzschnell in Richtung Eisenacher Kasten – vornehmlich über Rechtsaußen Rene Boese – durch, markierten sechs Treffer in Folge zur eigenen 14:12-Halbzeitführung. «Wir haben völlig unser Konzept verlassen», konstatierte Adalsteinn Eyjolfsson. Seinen Schützlingen gelangen zwischen der 25. und 40. Minute ganze drei Treffer. «Wir haben die Passwege zugestellt», freute sich der junge DHfK-Coach Sven Strübin über den gelungenen Schachzug, der den Eisenacher Verantwortlichen freilich zu denken geben sollte. Philipp Seitle, der Ex-Eisenacher und Ex- Delitzscher auf der Regieposition der Leipziger, hatte nach seiner Einwechslung für loderndes Feuer unter dem Kessel seines Teams gesorgt, das nach einem Doppelpack des wuchtigen Rene Wagner gar 19:14 führte (37.). Selbst in Überzahl fanden die Eisenacher kein probates Mittel, patzten bei Ballbesitz. Sie vermissten ihren verletzten Linkshänder Girts Lilienfelds auf der rechten Angriffsseite schmerzlichst. Dem jungen Gabor Langhans gelang im rechten Rückraum nicht viel. Alexander Schiffner mühte sich als «Aushilfskraft», als Rechtshänder auf Rechtsaußen, redlich. Unerklärlich, weshalb ausgerechnet er oftmals in Wurfposition gebracht wurde. Doch die Eisenacher fighteten, steckten gegen die rustikale Gangart der Hausherren nicht zurück.

Ausgleichschance war da
Ein vom eingewechselten ThSV-Keeper Stanislaw Gorobtschuk parierter Siebenmeter von Maik Wolf (46.) war das Signal zur Aufholjagd. Benjamin Trautvetter (trotz Foulspiels), Alexander Schiffner (von Rechtsaußen!), Adrian Wöhler (mit Schlenzer von Linksaußen) und Tomas Sklenak (nach Solo) trafen zum Anschlusstreffer (23:22, 51.). Wenig später hatte Adrian Wöhler die Ausgleichschance auf der Hand, doch sein Ball von Linksaußen tänzelte nur auf dem Querbalken (52.). Im Gegenzug lochte Eric Jacob zum 24:22 ein (53.). Ballverlust der Eisenacher unmittelbar nach dem Anwurf, Tempogegenstoß der Hausherren, der nur auf Kosten eines Strafwurfes gestoppt werden konnte. Philipp Seitle verwandelte vom Punkt zum 25:22 (53.). DHfK-Schlussmann Michael Galia kassierte wegen Ballwegschlagens eine Zeitstrafe. In Überzahl patzten die Eisenacher (Kaluzinki). Leipzigs Steve Baumgärtel tankte sich über Rechtsaußen zum 26:22 (55.) durch, verletzte sich dabei an der Kniescheibe und musste ausscheiden. Auch nach einer roten Karte für Eric Jacob nach rüdem Einsteigen gegen Tomas Sklenak (57.) ließen sich die Leipziger nicht von der Siegerstraße abbringen. Leiseste Hoffnungen im Lager der ThSV-Anhänger nach dem von Alexander Koke verwandelten Siebenmeter (26:24, 57.) zerstörte Marcus Leuendorf mit seinem Treffer zum 27:24 (58.). Den Wartburgstädtern blieb nur noch Ergebniskosmetik. «Ein verdienter Erfolg für Leipzig», räumte Adalsteinn Eyjolfsson ein. Der DHB-Pokal der Saison 10/11 wurde für ihn und seine Crew rasch zur Geschichte. «Letztlich haben wir es im Schlussabschnitt durch Zeitstrafen und Fehler unnötig spannend gemacht. Die Partie hat gezeigt, welches Potential in der Mannschaft steckt. Sie braucht allerdings Zeit zum Zusammenwachsen», argumentierte DHfK-Trainer Sven Strübin. Die Gastgeber feierten zur geplanten Saisoneröffnngsparty auf dem Universitätsgelände ausgelassen den ungeplanten Pokalerfolg über den Zweitligisten. Punktspielstart ist für sie erst am 12. September, mit einem Heimspiel gegen Anhalt Bernburg.

Auch Thüringens zweiter Vertreter, der SV Hermsdorf, musste – hier wohl erwartungsgemäß – beim 22:35 (12:18) über den Zweitbundesligisten TV Hüttenberg die Segel im DHB-Pokal streichen.

Statistik
SC DHfK Leipzig: Galia, Schulz; Dietzmann, Leuendorf (3), Streitenberger (2/1), Wolf (3/1), Baumgärtel (2), Oehlrich (1), Binder, Schiepers (3), Boese (5), Jacob (1), Wagner (3), Seitle (4/1)
ThSV Eisenach: Musil, Gorobtschuk; Trautvetter (3), Sklenak (3), Wöhler (5), Lindner (3), Koke (4/4), Luther (2), Bitterlich, Kaluzinski (4), Schiffner (1), Langhans (1)

Siebenmeter: DHfK Leipzig 6/4; ThSV Eisenach 5/4
Zeitstrafen: DHfK Leipzig 6 x 2 Min.; ThSV Eisenach 2 x 2 Min.

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