Hessen jubeln am Reformationstag unter der Wartburg

ThSV Eisenach unterliegt nach enttäuschender zweiter Halbzeit dem TV Hüttenberg 20:24 (11:10) • Rote Karte wirft Wartburgstädter aus der Bahn

Der ThSV Eisenach wollte sich mit einem Doppelpunktgewinn im thüringisch-hessischen Nachbarschaftsvergleich gegen den TV Hüttenberg in die Länderspielpause verabschieden. Doch im zunächst letzten Heimspiel vor Zuschauern boten die Wartburgstädter – insbesondere im zweiten Abschnitt – eine enttäuschende Leistung und unterlagen 20:24 (11:10).

In der zweiten Halbzeit fehlten uns Mut und Entschlossenheit. Nach dem frühzeitigen Aus von Andrej Obranovic bekamen wir Probleme im Deckungsinnenblock, bilanzierte Rene Witte.

Der Eisenacher Manager und Trainer Markus Krauthoff-Murfuni sprachen von einer großen Enttäuschung. Diese 60 Minuten gelte es genau zu analysieren. Die zweiwöchige Länderspielpause gibt ausreichend Gelegenheit dazu. Thomas Eichberger (Österreich), Martin Potisk (Slowakei) und Armend Alaj (Kosovo) wären sicherlich gern mit einem Erfolgserlebnis zu dem EM-Qualifikations-Spielen ihrer Heimatländer gefahren. Für den ThSV Eisenach, nun 4:6 Punkte aufweisend, war es im dritten Heimspiel bereits die zweite Niederlage….

Rote Karte brachte Eisenachs Konzept durcheinander
Nach einer 8:3-Führung und der roten Karte gegen Andrej Obranovic wegen Foulspiels (Stoßen des Gegenspielers in der Luft, 20.) brachen bei den Eisenachern alle Dämme, während die Gäste ihrem Konzept und ihrer Idee konsequent treu blieben. Luka Kikanovic übernahm die Position im linken Rückraum. (Daniel Dicker stand wegen einer Fußverletzung nicht zur Verfügung.) Zwar retteten die Hausherren eine knappe 11:10-Führung in die Halbzeitpause, doch sie fabrizierten nach Wiederanpfiff eine Vielzahl technischer Fehler, die Torwurfeffizienz sank rapide. Nur wenn Martin Potisk anzog, drohten den Gästen ernsthaft Gefahr. Zu leicht ausrechenbar Eisenachs Positionsangriff, der die Hessen-Abwehr kaum in Verlegenheit brachte. Da fehlte das überraschende, das kreative Element. Nach dem 13:14 (39.) gaben die Hüttenberger die Führung nicht mehr aus der Hand. Beim Versuch, den Ausgleichstreffer zu markieren, stellten sich die Eisenacher immer wieder selbst ein Bein.

Uns fehlte das nötige Tempo, stellte Jonas Ulshöfer selbstkritisch fest.

Mit durchgehend hohem Tempo hätten die mit einem Angriffs- und Abwehrwechsel operierenden Gäste in arge Verlegenheit gebracht werden können.

Wir ließen zu viele Torchancen aus. Bis zur 48. Minuten gelangen uns gerade einmal 15 Treffer. Nach unserer 8:3-Führung haben wir das Spiel aus der Hand gegeben, konstatierte Jonas Ulshöfer, der 27-jährige Hesse in Diensten der Thüringer.

ThSV-Coach Markus Krauthoff-Murfuni schickte mit Martin Potisk und Jonas Ulshöfer im Schlussabschnitt beide Mittelmänner zusammen auf das Parkett. Vergebens! Eisenachs Kalamität mit nur einem torgefährlichen Rückraumspieler stach wieder einmal ins Auge. Trifft Alexander Saul nicht, sieht es für den ThSV Eisenach nicht gut aus.

Nur einen Treffer für mich als Rückraumspieler, das ist deutlich zu wenig, gab der Eisenacher Kapitän unumwunden zu.

Für diesen einen Treffer benötigte er zudem 6 Versuche. Gekonnte Anspiele des Linkshänders zur Kreismitte konnten dieses Manko nicht kompensieren. Im zweiten Abschnitt delegierten die Mitspieler allerdings nahezu die gesamte Verantwortung an den Rückraum-Rechten. Die Torgefahr aus dem linken Rückraum tendierte gen Null. Als die Spielleiter einen Ball von Hendrik Schreiber trotz aller Beteuerungen von Keeper Blaz Voncina und aller Eisenacher Spieler, heftiger Proteste von der Bank und den Rängen hinter der Torlinie zum 17:19 (51.) gesehen hatten, nahm das Unheil aus Sicht der Hausherren vollends seinen Lauf. Personelle Wechsel fruchteten nicht. Der TV Hüttenberg, nun klar mit Oberwasser, schloss Angriffszüge über die Außenpositionen zum 17:21 (Rompf, 54.) ab. Alexander Saul, Adrian Wöhler und Ante Tokic scheiterten an Hüttenbergs Schlussmann Dominik Plaue. Rechtsaußen Tobias Hahn netzte zum 18:23 ein (57.). Die endgültige Entscheidung! Die Mittelhessen, bei denen sich Trainer Frederick Griesbach und Torhüter Niko Weber vorsorglich in häusliche Quarantäne begeben hatten und die Fahrt ins benachbarte Thüringen nicht angetreten hatten, bejubelten ihren ersten Saisonsieg ausgelassen auf dem Parkett und in der Kabine der Werner-Aßmann-Halle.

Nach unserer guten Leistung in Gummersbach, dem Remis gegen Dresden waren wir einfach an der Reihe, erklärte ein aufgekratzter Johannes Wohlrab bei seinem Cheftrainerdebüt auf der Hüttenberger Bank.

Während es in der Eisenacher Kabine ausgiebig Redebedarf gab, zog Johannes Wohlrab vor der Halle genüsslich an einer Zigarette und wartete geduldig auf den Abholer zur Pressekonferenz.

Stefan Kneer: Die Abwehr bildete den Grundstein für unseren Erfolg
„Unsere Abwehr bildete über 60 Minuten den Grundstein“, stellte der ehemaliger Eisenacher Stefan Kneer fest. Der inzwischen 34-jährige Ex-Nationalspieler kam im Sommer vom benachbarten Erstligisten HSG Wetzlar zum TV Hüttenberg, kann aufgrund einer Rücken-Operation noch nicht aktiv eingreifen. „Wir haben immer an uns geglaubt. Der 17-jährige Niklas Theiss bot eine starke Leistung“, fügte Stefan Kneer hinzu. Routinier Christian Rompf, schon mit leicht ergrauten Haaren und doppelt so alt wie Niklas Theiss, lobte nicht nur den bei seinem Debüt „viel Verantwortung übernehmenden jungen Rückraum-Rechten“, er sprach von einer „Super-Leistung des gesamten Teams“. Diese sei auch nötig, um in Eisenach mit 4 Toren zu gewinnen. Der Linksaußen (mit 6 Treffern aus 7 Versuchen) und Trainer Johannes Wohlrab kamen nicht umhin, ihrem Torhüter Dominik Plaue einen starken Auftritt zu attestieren. „Überragend insbesondere die zweite Halbzeit unseres Torhüters“, betonte Johannes Wohlrab. Die Eisenacher verzweifelten an dem 25-Jährigen. Er wurde mit insgesamt 15 parierten Bällen notiert, trug einen Hauptteil dazu bei, dass Eisenachs Torwurfeffektivität nach dem Seitenwechsel auf gerade einmal 41 Prozent sank. Insbesondere Alexander Saul verzweifelte an ihm.

Nach eigener 5-Tore-Führung gibt Eisenacher das Zepter aus der Hand
Obwohl schon in der Anfangsphase im Vorwärtsgang nicht alles rund lief, gestützt auf einen starken Deckungsinnenblock mit zunächst Justin Mürköster und Andrej Obranovic, zogen die Eisenacher vom 3:3 (11.) auf 8:3 (20.) davon. Willy Weyhrauch traf doppelt per Gegenstoß, Adrian Wöhler versenkte an Martin Potisk und Kristian Beciri verwirkte Siebenmeter. „Von der roten Karte ließen wir uns viel zu viel beeinflussen“, räumte ThSV-Kapitän Alexander Saul ein. Er bediente noch den leicht angeschlagenen Kreisläufer Kristian Beciri zum 9:5 (23.). Die Gäste erhöhten den Druck auf Eisenachs Offensive, gestalteten ihren Angriff mehrfach bis zum Zeitspiel-Zeichen. Ian Weber versenkte als letzte mögliche Aktion einen Freiwurf direkt (25.). Vit Reichl netzte per Nachwurf ein (27,). Der Hüttenberger Rückraum mit Johannes Klein, Niklas Theiss und Ian Weber riss die Spielregie an sich. Deren starker Kreisläufer Vit Reichl besorgte den Anschlusstreffer (11:10,29.).

Mit personellen und taktischen Veränderungen startete der ThSV Eisenach in den zweiten Abschnitt. Blaz Voncina übernahm vom Thomas Eichberger die Torhüteraufgaben mit zusammen 11 Paraden wurden sie im Torhüterduell mit Dominik Plaue (15 Paraden) nur zweiter Sieger. Adrian Wöhler, erneut sicher von der Siebenmeterlinie, kam auf Linksaußen. Martin Potisk konnte sich weitgehend auf seine Offensivqualitäten konzentrieren, wurde für Abwehraufgaben abgelöst. Ian Weber war bei einem Abpraller zur Stelle und markierte das 11:12 (37.). Der TV Hüttenberg, mit Johannes Klein in der Deckung vorgezogen, spürte die zunehmende Verunsicherung in den Eisenacher Reihen. Luka Kikanovic wuchtete zum 13:13 ein (35.), doch er und Willy Weyhrauch scheiterten kurz darauf an Dominik Plaue. Das Leder ging verloren, die Hessen dankten zum 13:14 und 13:15 (40.). Der Ausgleichstreffer gelang den Hausherren nicht ein einziges Mal. Um die 1:1-Qualitäten zu nutzen schickte ThSV-Coach Markus Krauthoff-Murfuni seine beiden Mittelmänner Martin Potisk und Jonas Ulshöfer geneinsam auf die Spielfläche. Jonas Ulshöfer markierte in Unterzahl den 16:17-Anschlußtreffer. Ivan Snajder hatte den Ausgleich auf der Hand, doch Hüttenbergs Schlussmann kaufte dem Eisenacher Linksau0en das Leder ab (49.). Kurz darauf sahen die jungen Unparteiischen Lucas Hellbusch und Darnel Jansen (wahrscheinlich als Einzige in der Halle) einen Ball hinter der Eisenacher Torlinie. Während die Eisenacher haderten, machten die Hessen Nägel mit Köpfen zum 17:21 durch Christian Rompf von Linksaußen (54.). Der erste Saisonsieg des TV Hüttenberg nahm deutlich an Kontur zu.

Statistik
ThSV Eisenach: Eichberger (1.-30./ 5 Paraden), Voncina (31.-60./ 6 Paraden); Kikanovic (1), Wöhler (4/3), Potisk (3), Ulshöfer (1), Tokic (1), A. Alaj, Mürköster (2), Obranovic (1), Beciri (3), Snajder, Weyhrauch /3), Saul (1)
TV Hüttenberg: Plaue (15 Paraden), Böhme (bei 1 Siebenmeter/ 0 Paraden); Fuß, Schwarz, Theiss (5), Fujita, I. Weber (3), Rompf (6), Reichl (4), Hübscher, Hahn (2), Klein (2), Jockel, Schreiber (2)
Siebenmeter: ThSV Eisenach: 3/3 (Wöhler verwandelt 2 x gegen Plaue und 1 x gegen Böhme) / TV Hüttenberg: 0
Zeitstrafen: ThSV Eisenach 4 Min. (Tokic, Mürköster je 2), Obranovic (Rot, 20.) / TV Hüttenberg: 8 Min. (Theiss, I. Weber, Reichl, Klein)
Schiedsrichter: Hellbusch/ Jansen
Zuschauer: 640
Beste Spieler: Eisenach: –  /  Hüttenberg: Plaue, Theiss, Rompf

Th. Levknecht