„Ich bin von allen sehr warmherzig aufgenommen worden.“

Bildquelle: Porträtfoto Fynn Hangstein (ThSV Eisenach) – sportfotoseisenach

Fynn Hangstein ist zurück beim ThSV Eisenach

Zum Punktspiel in der 1. Handballbundesliga der Männer empfängt der ThSV Eisenach am Freitag, 27.09.2024 um 20.00 Uhr mit der SG Flensburg-Handewitt den Tabellenführer und einen der heißen Titelanwärter. In den Reihen des ThSV Eisenach steht seit dieser Saison wieder Rückraumspieler Fynn Hangstein. Am 23.03.2000 in Detmold geboren, aufgewachsen in Lage, einer 35.000 Einwohner-Stadt im Kreis Lippe, gemeinsam mit seiner älteren Schwester Kira, fand Fynn Hangstein schon als 4-Jähriger den Weg zum Handball. Michael Jebram und Rolf Meierriks waren seine ersten Übungsleiter in Lage. Im Jahr 2012 wechselte er zum TBV Lemgo. Hier nahmen die Übungsleiter Jan Schwensfeger und Leif Anton den 12-Jährigen unter ihre Fittiche. Vater und Mutter haben ihn stets vom nur 12 Kilometer entfernten Lage nach Lemgo zur Schule und zum Training gefahren. An der Sportschule in Lemgo legte er 2018 das Abitur ab. Es folgte die Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Sparkasse Lemgo, die er 2021 erfolgreich abschloss. Kontinuierlich durchlief er alle Nachwuchsteams, zumeist auf der mittleren Aufbauposition eingesetzt, trainierte dann im Erstligateam von Florian Kehrmann. Im Sommer 2021 wechselte er zum ThSV Eisenach, mit dem er zum Ende der Saison 2022/2023 in die 1. Handballbundesliga aufstieg. Zur Saison 2023/2024 wechselte der Blondschopf zu Zweitbundesligist TuS Nettelstedt-Lübbecke. Im Sommer dieses Jahres kehrte Fynn Hangstein zum ThSV Eisenach zurück. Wir sprachen mit dem 24-Jährigen, ledig, aber glücklich liiert.

Fynn Hangstein am Siebenmeter-Strich – Foto: Jonas Bäuml


Sie waren 2021/2022 und 2022/2023 im Trikot des ThSV Eisenach Torschützenkönig der 2. Handballbundesliga, entschieden sich seinerzeit frühzeitig für einen Wechsel zum TuS Nettelstedt-Lübbecke, unterzeichneten in Ostwestfalen einen 2-Jahres-Vertrag, kehrten aber nach nur einem Jahr zum ThSV Eisenach zurück…?
Der Tapetenwechsel hat mir gutgetan. Ich konnte meinen Horizont erweitern, anderer Trainer, anderes Training, andere Mannschaftskollegen. Ich hatte ein leichtes Gefühl von Unvollkommenheit aus spielerischer Sicht. Andererseits, ich hatte ein Stück Geschichte des ThSV Eisenach mitgeschrieben, mit dem Aufstieg und natürlich dem Aufstiegsfinale in Coburg.

Was sprach für die Rückkehr zum ThSV Eisenach?
Rene Witte, der Geschäftsführer des ThSV Eisenach, hat sich sehr um mich bemüht. Er hat mir das Gefühl vermittelt, der ThSV will mich unbedingt wieder in seinen Reihen haben. Er ist ja auch ein kleiner Teil von mir selber. Ich wollte wieder in der Werner-Aßmann-Halle spielen – und in der 1. Handballbundesliga.

Können Sie das Gefühl beschreiben, mit dem „Final Countdown“ wieder in der Werner-Aßmann-Halle aufzulaufen?
Im April beim Eisenacher Heimspiel gegen den TVB Stuttgart war ich als Zuschauer in der Werner-Aßmann-Halle. Die Einlaufzeremonie hat mich emotional gepackt, ich bekam Gänsehaut. Jetzt selbst wieder als Teil dieses Kultklubs mit dem Kultsong „The Final Countdown“ einzulaufen, ein unfassbar schönes und geiles Gefühl.

Sie waren ja eigentlich nie so richtig weg, der Kontakt riss ja nicht ab…?
Ich hielt Kontakt zu mehreren Spielern, insbesondere zu Willy Weyhrauch, ebenso zu Geschäftsstellen-Mitarbeitern, zu Rene Witte und Jonathan Bloß. Bei einigen Auswärtsspielen des ThSV Eisenach war ich vor Ort, wie in Lemgo.

Eisenach mit seinen nur knapp 40.000 Einwohnern ist ein ruhiges Kleinstädtchen. Behagt ihnen dieses Flair?
Ich komme aus einer Stadt mit 35.000 Einwohnern, mag solche kleine Städte mit umliegenden Dörfern, fühle mich also in Eisenach wohl.

Haben Sie Ihre alte Wohnung bezogen?
Nein, da wohnt jetzt mein Mannschaftskollege Matija Spikic. Ich habe jetzt eine schöne Wohnung in der Nähe der alten Stadtmauer. Blickten Sie im Vorjahr etwas neidisch zum in der 1. Liga spielenden ThSV Eisenach? Mit neidisch würde ich das nicht bezeichnen. Ich wusste bei der Vertragsunterzeichnung beim TuS N-Lübbecke, dass es so kommen könnte. Ich schaute eher wehmütig gen Eisenach. Die Eisenacher Siege zu Saisonbeginn über den Bergischen HC und Frisch Auf! Göppingen habe ich am Fernseher verfolgt. Mit freudigen, aber auch in wenig mit weinenden Augen.

Fynn Hangstein beim Torwurf im Testspiel gegen den Dessau-Roßlauer HV – Foto: Ch. Heilwagen


Was gab aus Ihrer Sicht den Ausschlag für den Klassenerhalt des ThSV Eisenach in der 1. Liga?
Zu Saisonbeginn hat die Konkurrenz den ThSV Eisenach ein wenig unterschätzt. Die unkonventionelle und unberechenbare Spielweise legte den Grundstein zum Klassenerhalt. Und dann waren natürlich auch die Fans. Die Werner-Aßmann-Hölle machte ihrem Namen alle Ehre. Sie hat sich im Standing der ganzen Liga hochgearbeitet, war ausschlaggebend für viele Punkte. Aber auch auswärts, ich denke da an das Spiel in Leipzig mit über 1.200 blau- weißen Fans, waren die Fans des ThSV Eisenach eine Macht.

Was hat sich in dem einen Jahr in Eisenach verändert? In der Mannschaft und in der Struktur?
Acht oder neun Spieler aus dem Aufstiegsjahr sind ja noch da. Freilich hat sich im Kader, auch durch die aktuellen Neuzugänge, einiges verändert. Geblieben ist das familiäre Klima, auch in der Struktur. Ich wurde von allen sehr warmherzig aufgenommen. Die Geschäftsstelle der ThSV-Marketing GmbH ist in größere und schönere Räumlichkeiten umgezogen, die darin arbeitenden Menschen sind im Kern gleichgeblieben. Ich habe vertraute Gesichter angetroffen, die mir das vertraute Gefühl vermitteln.

Hat sich auch die Rolle des Fynn Hangstein gegenüber der Saison 2022/2023 verändert?
Ja. Wir spielen auch einen anderen Handball als vor 1 ½ Jahren. Teilweise spielen wir mit 4 Rückraumspielern. Ich übernehme eher die Rolle des Mittelmannes, der seine Nebenleute wie Marko Grgic, Simone Mengon, Malte Donker in Szene setzt. Vor zwei Jahren war ich eher der Spieler, der kurz vor dem Zeitspiel zum Wurf ansetzt.

Fynn Hangstein jubelt nach einem erfolgreichen Torwurf – Foto: Ch. Heilwagen
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Hat sich Ihre Abwehrarbeit verbessert, oder sind Sie ein Nur-Angriffsspieler?
Meine Abwehrarbeit hat sich in dem einen Jahr beim TuS N-Lübbecke verbessert. In dessen 6:0-Abwehr habe ich auf halb gedeckt. Der ThSV Eisenach setzt zumeist auf ein offensives System. Philipp Meyer macht es da auf Position 1 sehr gut. Ich muss mir da meine Stelle noch erarbeiten.

Welche Art des Handballs ist die Ihrige?
Das moderne Tempospiel mit schnellen Entscheidungen. Meine Entscheidungen sind da nicht die schlechtesten. Der Focus wird immer mehr auf das 1 gegen 1 gerichtet. Der Handball geht immer mehr in diese Richtung.

Am Siebenmeter-Strich sind Sie erste Wahl? Studieren Sie vorab per Video die gegnerischen Torhüter?
Ja, am Siebenmeter-Strich bin ich erste Wahl. Ich schaue mir in der Spielvorbereitung die Bewegungen, die Reaktionen, die Tendenz der Torhüter an. Oft treffe ich die letzte Entscheidung aus dem Bauch heraus.

Das zweite Jahr soll ja das schwerere Jahr sein. Sind Sie auch dieser Auffassung?
Ja. Uns wird keine Mannschaft mehr unterschätzen. Wir werden von den Aufsteigern Bietigheim und Potsdam gejagt.

Was spricht dafür, dass der ThSV Eisenach auch in einem Jahr in der 1. Liga spielt?
Wir haben in den letzten drei Jahren hart dafür gearbeitet, ganz viel geopfert, um in der stärksten Liga der Welt zu spielen. Das wollen wir uns nicht nehmen lassen. Wir werden alles dafür tun, damit die Zeit des ThSV Eisenach in der 1. Handballbundesliga nicht endet. Wir sind noch nicht am Optimum, werden kontinuierlich weiterarbeiten, an unserer Abwehr, an unserem Angriff, um Kontinuität in der 1. Liga zu erreichen.

Sie waren 2018 U 18-Beachhandball-Europameister, belegten 2019 mit der Beachhandball-Nationalmannschaft mit Deutschland Platz 6. Spielen Sie noch Beach-Handball?
Nein, diese Zeit ist vorbei.

Haben Sie noch Kontakte zum TBV Lemgo Lippe?
Zu einem der ersten Vereine hat man immer eine besondere Beziehung. Die Kontakte zum TBV Lemgo Lippe haben Bestand, besonders zu Freddy Simak. Unsere beiden Freundinnen sind eng befreundet.

Fynn Hangstein ist 24 Jahre, ihm stehen noch alle Handball-Türen auf. Wo soll es noch hingehen?
Ich will mich so stabilisieren, um hoffentlich noch 10 Jahre 1. Liga zu spielen.

Die „Spezial-Nudeln von Papa“, weiterhin Ihr Leibgericht? Kochen Sie selbst?
Na klar! Ab und an gibt es die zuhause. Ich koche aber auch selbst, ich koche gern.

Welche Musik hören Sie gern? Immer noch Hip-Hop und Rap?
Zu Hip-Hop und Rap ist nun House-Music dazugekommen.

Haben Sie ein Ritual vor jedem Spiel?
Ein Ritual? Nein. Eher Routine: Aktivierung, Mittagessen, Mittagsschlaf. Ich versuche den gleichen Tagesablauf zu pflegen.


Fynn, vielen Dank für das Interview!

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