Im Interview: Shpetim Alaj, Präsident des ThSV Eisenach

Die Handball-Saison 2023/2024 neigt sich in allen Ligen dem Ende. Wir sprachen mit Shpetim Alaj, dem Präsidenten des ThSV Eisenach. 

Ihre 1. Mannschaft steht als Aufsteiger ganz dicht vor dem Klassenerhalt in der stärksten Liga der Welt, der 1. Handballbundesliga. Das erfüllt den Präsidenten sicherlich mit Stolz?

Schon in der Vorsaison begann unser Aufwärtstrend. Diese erfolgreiche Arbeit unter Leitung von Trainer Misha Kaufmann setzte sich in dieser Saison fort. Unsere Mannschaft, der Trainer- und Betreuerstab, alle Beteiligten leisten eine hervorragende Arbeit. Inbegriffen sind die Charaktere unserer Spieler mit unseren Eisenacher Tugenden Kampf und Bescheidenheit. Wir sind stolz darauf. Ich spüre es jeden Tag, unsere Stadt, unsere Region, ganz Thüringen ist stolz auf den ThSV Eisenach. Was unsere Mannschaft und unser Management für die Außendarstellung unseres Vereins leistet, ist sensationell. Wir alle betreiben zugleich beste Werbung für unsere Mannschaftssportart Handball. Wir sind der Leuchtturm in Thüringen. Alle, die uns vor der Saison als sichere Absteiger einordneten, haben wir eines Besseren belehrt. Wie unser Cheftrainer zu sagen pflegt, wir haben das schier Unmögliche möglich gemacht. Viele fleißige Hände haben zu diesem Erfolg beigetragen. Wir haben tolle Ideen entwickelt und umgesetzt. Ich denke da an den Sonderzug nach Leipzig. Einmalig in der Eisenacher Geschichte! Soziales Engagement zählt weiterhin zu unserer DNA. Dem Tierheim Eisenach ließen wir im Ergebnis unserer Weihnachtstombola eine Spende von über 2.000 € zukommen. Der Erös des Verkaufs der von unseren Spielern getragenen Sommergewinnstrikots in Höhe von 1.400 € floss in die Kasse der Sommergewinnszunft. Zwei Eisenacher Traditionsvereine arbeiten da zusammen. Ich bin sehr stolz und setze weiterhin auf Bescheidenheit. Inzwischen haben wir bundesweite Anerkennung gefunden. 

Eisenach braucht eine neue Arena, auch um eine zeitgemäße Heimspielstätte für Erstbundesliga-Handball vorzuweisen. Das Projekt zieht sich über ganz viele Jahre hin. Wie sehen Sie das Projekt Arena im Industriedenkmal O 1 des ehemaligen Automobilwerkes?

Für unsere Stadt und Sportler aller Art ist eine neue Arena enorm wichtig. Wir haben viel zu wenig überdachte Sportflächen. Die vor 40 Jahren eröffnete Werner-Aßmann-Halle ist völlig ausgebucht und in die Jahre gekommen.  Nachteilig, dass die Jahnsporthalle infolge von Umbaumaßnahmen seit einem Jahr nicht genutzt werden kann. Eine neue Arena hat oberste Priorität. Nicht nur für den ThSV Eisenach! Bund- und Land haben erhebliche finanzielle Mittel für die neue Arena zur Verfügung gestellt. Mein Appell, unmittelbar nach den am 26. Mai 2024 stattfindenden Kommunalwahlen sollen sich die Entscheidungsträger primär mit der neuen Arena beschäftigen. Eine Verschiebung der zugesagten zeitlichen Abfolge hätte gravierende Folgen! Wir vertrauen auf die getroffenen Zusagen! 

Wie sieht es mit dem wirtschaftlichen Fundament und dem organisatorischen Sektor im Amateurbereich aus?

Es gab in den letzten zwei Jahren einige Probleme, einige Baustellen. Mit der Neubesetzung der Vereinsgeschäftsstelle haben wir darauf reagiert. Unsere neue Mitarbeiterin Janika Fleischmann sorgt für Ordnung und Planungssicherheit. Mit vielen fleißigen Helfern hat sie die Jugendbundesliga-Qualifikation am vergangenen Samstag im organisatorischen Bereich bestens abgesichert. Die Gäste fühlten sich wohl und ließen uns das auch wissen. 

Viele kleine Firmen und Einzelpersonen sorgen für ein solides wirtschaftliches Fundament. Mein Dank gilt allen Unterstützern! Ich freue mich über wachsende Mitgliederzahlen, wünsche mir, dass diese Zahl weiterhin steigt. Als Mitglied entscheide ich mit. Beispielsweise bei der jetzt anstehenden Mitgliederversammlung mit Neuwahl des Vorstandes. Jeder, der am Tag der Mitgliederversammlung den entsprechenden Antrag unterzeichnet, kann auch gleich mit abstimmen. 

Kommen wir zum sportlichen Bereich. Die 2. Männermannschaft beendete die Saison in der Oberliga Männer auf dem 3. Platz, verpasste den angestrebten Aufstieg in die Mitteldeutsche Oberliga aber haarscharf?

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 Auch wenn der Aufstieg nicht gelang, unsere zweite Männermannschaft hat in den letzten zwei Jahren eine ausgesprochen positive Entwicklung genommen. Der Mix aus wenigen erfahrenen und eine Vielzahl junger Spieler hat sich zu einer Einheit entwickelt, die Freude am gemeinsamen Handball hat. Ihre Art des Handballspielens sorgte für steigende Zuschauerzahlen zu den Heimspielen. Den eingeschlagenen Weg wollen wir weiter beschreiten. Wir werden versuchen, die Mannschaft zusammenzuhalten, um in der nächsten Saison wieder anzugreifen. 

Blicken wir in den Nachwuchsbereich.  Die A-, B- und D-Jugend des ThSV Eisenach wurde gerade in ihrer jeweiligen Altersklasse Landesmeister in Thüringen, die C-Jugend Vizemeister. Das in einem handballerisch niveauarmen Thüringer Handballverband. Die B-Jugend verpasste im Vorjahr beim Qualifikationsturnier in Aue ein Ticket für die Regionalliga, die A-Jugend scheiterte in der 1. DHB-Runde in der Qualifikation zur Jugendbundesliga. Damit konnte der ThSV Eisenach schon zwei Kriterien für das HBL-Jugendzertifikat nicht erfüllen, stellte deshalb auch keinen Antrag hierzu. Beide Teams nahmen neben den Punktspielen auf Landesebene am MHV-Pokal teil. Am vergangenen Samstag erreichte die A-Jugend trotz spürbaren Bemühens im 1. Qualifikationsturnier zur Jugendbundesliga 2024/2025 unter 5 Teams nur Platz 4. Nicht unerwartet spielt die Jugendbundesliga auch nächste Saison ohne den ThSV Eisenach. Wie sehen Sie die Lage im Nachwuchsbereich?

Durch ein nicht vorhandenes Internat mit 7-tägiger Betreuung über jeweils 24 Stunden haben wir in den letzten zwei Jahren viele gute Talente verloren. Teilweise hin zu Vereinen, die sich handballerisch nicht mit uns messen können. Talente, die aus verschiedenen Bundesländern gekommen waren, haben uns nach einem Jahr wieder verlassen. Dieser Aderlass war nicht zu kompensieren. Das ist die ehrliche Analyse. 

Seit zwei Jahren versuchen wir mit Politik und Stadt eine Lösung zu finden. Wir haben uns entschieden, zusätzliche Finanzen für ein neues Internat bereitzustellen, das ab August dieses Jahres zur Verfügung steht. Wir versuchen, Spieler zurückzuholen und ebenso neue zu gewinnen. Hauptsächlich B- und A-Jugendliche. Aber nicht nur. 

Nach zwei Fehlgriffen in den vergangenen zwei Jahren ist es uns gelungen, einen erfahrenen Bundesligaspieler, der vor 20 Jahren mit unserer Mannschaft in der 1. Bundesliga spielte, als Jugendkoordinator und Nachwuchstrainer zu gewinnen. Danijel Grgic liebt und lebt Handball. Wir hoffen mit ihm, einem weiteren Trainer und unseren bereits im Verein sich engagierenden Trainern und Übungsleitern die Wende zu schaffen. Ja, wir wollen wieder in die A-Jugendbundesliga und auch in die neue B-Jugend-Bundesliga. Dass dies ein beschwerlicher Weg wird, bei dem wir langen Atem benötigen, ist mir klar. Wir sind gerade dabei, einen Sichtungstag zu organisieren. Dieser findet für die Jahrgänge 2006/2007 (A-Jugend), 2008/2009 (B-Jugend) und 2010/2011 (C-Jugend) am Sonntag, 09.06.2024 in Eisenach statt. Interessenten melden sich möglichst rasch per Mail an danijel.grgic@thsv-eisenach.de.   

Wir sind offen für die Zusammenarbeit mit allen Vereinen in unserer Region. Nachwuchsprobleme gibt es leider überall. Präsidenten anderer Vereine berichten mir davon. Es gilt, Kräfte zu bündeln, Synergien zu schaffen. Der Thüringer Handballverband ist da auch gefordert, zu reagieren, gegenzusteuern. 

Ich appelliere zugleich an alle, denen der Handball am Herzen liegt, mit in die Speichen zu greifen, statt zu nörgeln und zu meckern! Wir freuen uns über jeden Mitstreiter. 

Am 30. Mai 2024 findet die Mitgliederversammlung des ThSV Eisenach e.V. mit der Neuwahl des Vorstandes statt. Sie bleiben als Kapitän auf der Brücke?

Mit kleinen Veränderungen treten alle wieder an. Wir setzen auf Kontinuität. 

Th. Levknecht