In entscheidenden Momenten nicht abgezockt genug

ThSV Eisenach lässt zu viele freie Bälle ungenutzt und unterliegt im Klassiker beim Dessau-Roßlauer HV 27:28 (13:13)

Ein famoses Spiel von beiden Teams in einem tollen Rahmen, konstatierte Misha Kaufmann, der Coach des ThSV Eisenach. Ein denkwürdiges Spiel in faszinierender Atmosphäre. Beide Mannschaften haben alles gegeben, erklärte Uwe Jungandreas, der Coach des Dessau-Roßlauer HV.

Das angriffsstärkste empfing das abwehrstärkste Team der Liga. In einem Handball-Klassiker, einem Mitteldeutschland-Derby, feierte der Dessau-Roßlauer HV vor nahezu 3.000 Zuschauern einen 28:27(13:13) -Erfolg über die Wartburgstädter und rückte auf den begehrten zum direkten Aufstieg in die 1. Handballbundesliga der Männer berechtigten 2. Tabellenplatz vor.

Nie mehr 2. Liga, nie mehr, sangen überschwänglich die heimischen Fans.

Noch sind 7 Spieltage zu absolvieren, die Entscheidung in Sachen Aufstieg ins Oberhaus ist noch völlig offen.

Misha Kaufmann: Wir ließen zu viele freie Bälle weg

Wir sind enttäuscht, wir wollten die Partie gewinnen. Im Schlussgang hätte das Spiel auf beide Seiten kippen können. Wir ließen zu viele freie Bälle aus, die uns am Ende fehlten. Wir sind zudem schlecht in den Rückzug gekommen. Der Gastgeber hat uns mit seinem Tempo etwas überfallen. Im Positionsangriff hatte Dessau erhebliche Mühe gegen uns. Nach einem 6-Tore-Rückstand bildete unsere Deckung den entscheidenden Baustein zum zwischenzeitlichen Unentschieden. Beim 26:26 haben wir aber den Ball verdattelt. Im Finish kaufte uns zudem Keeper Philip Ambrosius gleich zwei Gegenstöße ab, das hätten Big Points für uns sein können. Das ist bitter, bilanzierte Eisenachs Trainer Misha Kaufmann. Ich kann meinen Jungs keinen Vorwurf machen, es hat am Ende einfach nicht gereicht. Wir waren nicht abgezockt genug, schob der Schweizer in Diensten der Thüringer hinterher.

Rene Witte: Wir bleiben Jäger

Wir haben einfach zu viele Chancen ausgelassen. Das ist bitter. Unsere Nachlässigkeiten im Abschluss nutzte Dessau zu Tempogegenstößen. Dass wir nach einem 6-Tore-Rückstand zurückgekommen sind, spricht für die Moral unserer Mannschaft. Zumindest ein Punkt war für uns drin. Glückwunsch an den Dessau-Roßlauer HV. Für uns gilt es, Mund abputzen, Krone richten. Nun stehen 7 Endspiele für alle in der Tabelle vorn angesiedelten Mannschaften an. Wir bleiben Jäger, blickt Eisenachs Geschäftsführer Rene Witte auf den Trip nach Sachsen-Anhalt.

Der Aufstieg ist noch nicht erledigt. Wir dürfen solche Fehler nicht, oder zumindest nur ganz wenige machen, sonst können wir uns nicht mit dem Aufstieg belohnen, ergänzt Rene Witte.

Uwe Jungandreas: Wir haben nach Eisenachs Ausgleichstreffer Ruhe bewahrt.

Beim 22:16 und 23:17 sahen wir wie der Sieger aus. Wir haben Eisenachs offensive Abwehr gut bespielt. Nach der Umstellung der Eisenacher auf eine defensivere Abwehr bekamen wir Probleme, haben uns nicht zurechtgefunden. Stanislaw Gorobtschuk im Eisenacher Tor parierte zudem wichtige Bälle. Doch unsere Stärke, Ruhe bewahren, ob im Rückstand oder beim Hergeben einer Führung, entschied letztendlich für uns, freute sich Uwe Jungandreas. Ja, wir sind Zweiter. Das ist das Ergebnis einer ganz tollen Saison mit ganz harter Arbeit, fügte er hinzu.

Die sicht- und hörbare Identifikation der Fans und der Mannschaft mit der Geschichte des Handballs in Dessau trage wesentlich zu den jüngsten Erfolgen bei. Der Trainerfuchs rät allen, die Erfolgsserie zu genießen. Er richtet seinen Focus auf die nächste Aufgabe, das Auswärtsspiel bei der SG BBM Bietigheim.

Wir wollen als Mannschaft jedes Spiel gewinnen und werden schauen, was am Ende herauskommt, so Uwe Jungandreas.

Ähnlich dürfte es der ThSV Eisenach sehen. Nach der Länderspielpause am kommenden Wochenende erwartet er dann am Freitag, 05.05.2023 um 19.30 Uhr die Wölfe Würzburg.

ThSV Eisenach mit optimistisch stimmendem Start
Bei herrlichem Sonnenschein herrschte schon 90 Minuten vor dem Anpfiff ein buntes Treiben vor der Anhalt-Arena, waren Versorgungs- und Informationsstände dicht umlagert. Festtagsstimmung dann zum Anpfiff in der Halle. Lautstark vernehmbar, die im Oberrang platzierten Fans des ThSV Eisenach! Und auf dem Parkett brannte auch gleich die Luft. Einem Kopftreffer bei ThSV-Schlussmann Johannes Jepsen folgte eine Rudelbildung. Die Schiedsrichter verhängten je Team eine Zeitstrafe. Die Wartburgstädter konzentrierten sich auf das Handballspielen. Trainer Misha Kaufmann rotierte viel. Daniel Hideg wuchtete zum 1:3 ein (6.). Johannes Jepsen wehrte einen Siebenmeter von DRHV-Kapitän und Spielmacher Vincent Sohmann ab (7.). Jannis Schneibel traf zum 2:5 (9.), Alexander Saul zum 3:6 (10.). Johannes Jepsen, wie sein Kollege Philip Ambrosius auf der anderen Seite, im ersten Abschnitt mit 8 parierten Bällen, wehrte gleich doppelt glanzvoll ab. In Unterzahl nahmen die Eisenacher ihren Torhüter vom Parkett, verloren in Ballbesitz gleich zwei Mal das Leder, die Hausherren hatten wenig Mühe in den verwaisten ThSV-Kasten einzunetzen (6:6, 16.). Fynn Hangstein (zum 6:7, 17.) und Willy Weyhrauch (zum 7:8, 19.) antworteten. Mit vollstem Einsatz markierte Peter Walz vom Kreis das 8:9 (22.), zugleich die letztmalige Eisenacher Führung. Die Torwurfeffizienz sprach für die Hausherren. Max Emanuel versenkte 6 von 6 Bällen, Timo Löser 6 von 7. Diese Werte erreicht auf Eisenacher Seite der im zweiten Abschnitt Verantwortung übernehmende Marko Grgic mit 6 Treffern bei 7 Würfen. Beim 10:9 (24.) gelang den Hausherren die erstmalige Führung. Das 12:10 (28.) egalisierten Jannis Schneibel und Fynn Hangstein (12:12, 30.). Dem 13:12 ließ Marko Grgic noch den Treffer zum 13:12-Halbzeitstand folgen.

ThSV Eisenach kann Momentum nicht nutzen
Timo Löser, der beste Werfer der Liga aus dem Feld, demonstrierte seine Wurfstärke. Die Achse Torwart (Ambrosius) – Mittelmann (Sohmann) – Kreis (Gempp), das Paradestück der Hausherren, lief auf Hochtouren. Max Emanuel (2) und Luka Baumgart trafen zum 17:13 (37.). Die Eisenacher griffen zur grünen Karte. Der Dessau-Roßlauer HV blieb im Flow. Vincent Sohmann, beim eigenen Torwurf nicht effizient, glänzte als Regisseur, eine Augenweide seine Zuspiele zu Patrick Gempp am Kreis, der zum 20:15 (40.) und 22:16 (42.) vollendete. Nach einer neuerlichen Auszeit agierten die Eisenacher in der Abwehr defensiver. Das schmeckte den Hausherren überhaupt nicht. Marko Grgic zerrte bei den Eisenachern unaufhörlich an den Ketten. Der Dessau-Roßlauer HV wankte. Malte Donker steuerte mutterseelenallein das Gehäuse an, hatte wahrscheinlich zu viel Zeit zum Überlegen, und scheiterte an Philip Ambrosius (49.). Die Wartburgstädter ließen sich nicht entmutigen. Gegen die Würfe von Marko Grgic hatte der DRHV-Keeper das Nachsehen. Fynn Hangstein verwandelte vom Strich. Marko Grgic zirkelte das Leder ins leere Gastgeber-Gehäuse, Willy Weyhrauch traf von Rechtsaußen zum 26:26 (53.). Der in der 42. Minute in den ThSV-Kasten gekommene Stanislaw Gorobtschuk unterstützte die Aufholjagd seiner Vorderleute. Das Momentum lag auf Seiten des ThSV Eisenach! Vincent Sohmann scheiterte an Stanislaw Gorobtschuk. Doch seine Teamkollegen verloren das Leder, per Gegenstoß traf Yannick-Marcos Pust zum 27:26 (55.). Jakub Hrstka setzte für die Hausherren einen Siebenmeter an den Pfosten (57.). Wenig später versenkte Yannick-Marcus Pust zum 28:26 (58.). Noch keine Entscheidung! Doch kurz darauf brachte Eisenachs Timothy Reichmuth beim Gegenstoß das Leder nicht an Philip Ambrosius vorbei. Er traf dann etwas später, die verbleibenden Sekunden behielt der neue Tabellen-Zweite das Leder clever in den eigenen Reihen.

Statistik
Dessau-Roßlauer HV: Ambrosius (16 Paraden), Patzwaldt; Löser (6), Hristka (2/1), Haake, Gempp (6), Sohmann (3), Baumgart (1), Misovych, Schmidt, Haeske, Danneberg, Bones, Emanuel (6), Pust (4)
ThSV Eisenach: Jepsen (1.-42. u. bei 1 Siebenmeter/ 9 Paraden), Gorobtschuk (ab 42./ 4 Paraden); Reichmuth (2), Hangstein (4/2), Ulshöfer (1), Walz (3), Grgic (6), Hideg (1), Tokic, Sousa, Meyer, Donker, Schneibel (4), Snajder, Weyhrauch (3), Saul (3)
Siebenmeter: Dessau-Roßlauer HV 1/3 – ThSV Eisenach 2/3
Zeitstrafen: Dessau-Roßlauer HV 4 x 2 Min. – ThSV Eisenach 5 x 2 Min.
Schiedsrichter: Blümel/ Loppaschewski
Zuschauer: 2.995

Th. Levknecht

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